Gemeinderat,
38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 106
Sie verstehen nicht, warum ich so darauf herumreite. Es ist ja nicht die erste Panne, die im Zusammenhang mit dem Riesenradplatz hier diskutiert wird, und da frage ich Sie schon: Eine 100 Prozent-Tochter der Stadt errichtet ein Gebäude, es gibt einen Geschäftsführer, der für diese Pannen verantwortlich ist, Sie schauen die ganze Zeit zu, und jetzt gibt es auch noch so eine Geschichte mit Betriebsanlagengenehmigung, und Sie sehen noch immer keinen Handlungsbedarf? Wie erklären Sie uns das?
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Ich habe Ihnen im Prinzip gar nichts zu erklären, sondern ich halte fest, dass
ich auch den Begriff „Panne" in diesem Zusammenhang zurückweise. Hier hat
ein Veranstalter um Genehmigung einer Veranstaltung bei der zuständigen
Veranstaltungsbehörde angesucht und hat diese Genehmigung erhalten.
Rechtskonform und in Ordnung. Wenn Sie meinen, dies sei eine Sondergenehmigung
und hätte verweigert werden müssen, dann mache ich Sie vielleicht ein bisschen
auch auf die Folgen aufmerksam, denn neben dem Zeitpunkt war ja auch die zu
erwartende Besuchermenge eine nicht unmaßgebliche Problemlage, die hiebei zu
sehen ist.
Da ist nichts „Sonder", da ist keine
„Panne", hier hat ein ganz normaler Rechtsvorgang dazu stattgefunden. Ich
will mich jetzt ausschließlich darauf beziehen. Es ist auch kein Eintritt
verlangt worden – das war zum Beispiel mit eine Voraussetzung –, im Unterschied
zu normalen Discos, was ich allerdings nicht aus eigener Erfahrung weiß, weil
ich in Discos in der Zwischenzeit außerordentlich selten auftrete. Das wäre
auch nicht besonders authentisch und nicht besonders glaubwürdig, ich in einer
Disco. Das ist ja auch nachzuvollziehen. Also das weiß ich nicht aus eigener
Erfahrung, aber man hört einiges.
Die andere Geschichte haben wir hundertmal diskutiert
und werden sie wahrscheinlich noch hundertmal diskutieren, aber wenn Sie diese
Vorgangsweise im Hinblick auf die Genehmigung einer Veranstaltung als Panne
bezeichnen, dann stellt das natürlich schon auch viele Ihrer anderen
Feststellungen erheblich in Frage. Das sage ich Ihnen in aller Offenheit. (GRin Dipl-Ing Sabine Gretner: Na
bitte!) Gut, dann nehmen wir halt zur Kenntnis, Sie sind da fundamental
unterschiedlicher Auffassung.
Ich sehe hier eine rechtskonforme Vorgangsweise
seitens der zuständigen Behörde. Ich sehe keinerlei Rechtsverletzungen und auch
keine Panne.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke schön, Herr Bürgermeister.
Damit kommen wir nun zur Aktuellen Stunde.
Der Grüne Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde
mit dem Thema „Finanzkrise trifft Wien: Millionenverluste durch risikoreiche
Finanzgeschäfte" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2
der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte nun den Erstredner, Herrn GR
Dipl-Ing Margulies, die Aktuelle Stunde zu eröffnen. Seine Redezeit
beträgt zehn Minuten.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Anlässlich der gegenwärtigen Finanzmarktkrise, die
sich zu unserem größten Bedauern wahrscheinlich tatsächlich in eine
Weltwirtschaftskrise mit dramatischer Rezession entwickeln wird, muss man in
der jetzigen Situation natürlich die Frage stellen: Wie ist Wien betroffen? Wie
ist Wien betroffen deshalb, weil steigende Armut, steigende Arbeitslosigkeit
auch vor Wien nicht halt machen werden und es notwendig sein wird, der damit einhergehenden
Fremdenfeindlichkeit massiv entgegenzutreten und Konjunkturpakete zu schnüren,
die diesen Namen auch verdienen. Dazu wird meine Kollegin Maria Vassilakou
einiges sagen.
Um sich tatsächlich anschauen zu können, wie die
Stadt Wien dasteht, nutzt es allerdings überhaupt nichts, wenn man so
Presseaussendungen macht wie gestern der Kollege Ekkamp im Zusammenhang mit den
Wiener Stadtwerken, wenn er meint, die angeblich schweren Verluste der Wiener
Stadtwerke sind krude, ja schlicht und ergreifend falsch, und das wurde auch
vom Kontrollamt festgestellt.
Herr Kollege Ekkamp, wenn man sich so mit einer
Finanzkrise auseinandersetzt, dann wundert es nicht, dass die Menschen an den
Politikern und Politikerinnen verzweifeln. Es ist schlicht und einfach die
Unwahrheit, die Sie gestern wider besseren Wissens behauptet haben.
Die Wiener Stadtwerke hatten Ende 2007 ungefähr
1,3 Milliarden in Wertpapieren im Anlagevermögen veranlagt. Dazu dienen sechs
Fonds. Die Performance dieser Fonds im Jahre 2008, Jahresbeginn bis jetzt: Die
geringsten Verluste der Wiener Stadtwerke weist Fonds 1 mit minus
1 Prozent auf; der Wiener-Stadtwerke-Fonds 2: minus 8,5 Prozent;
Wiener-Stadtwerke-Fonds 3, ex Dividende: minus 10 Prozent,
Wiener-Stadtwerke-Fonds 4, der Fonds, in dem die meisten Gelder veranlagt
sind: minus 14 Prozent; Wiener-Stadtwerke-Fonds 5: minus
20 Prozent; Wiener-Stadtwerke-Fonds 6: minus 12,5 Prozent. Vom
1.1.2008 bis heute!
Bei einem Veranlagungsvolumen von 1,3 Milliarden EUR
ist meine Schätzung von 90 Millionen EUR Wertverlust nur dann falsch,
wenn ich mich tatsächlich unterschätzt habe. Es kann sein, dass in der jetzigen
Situation der Wertverlust dieser Wertpapiere sogar in der Größenordnung von
100, 120 Millionen EUR liegt.
Die Dramatik dahinter ist: Im Kontrollausschuss wurde
keine Auskunft darüber gegeben, wie die Zusammensetzung der einzelnen Fonds
ist, wurde auf explizite Nachfrage keine Auskunft darüber gegeben, wie hoch der
Wertverlust ist, denn man kann ja diese Daten alle diskutieren.
Aber, Kollege Ekkamp, sich dann
hinzustellen und den Menschen in Wien via Presseaussendung nur in dem Sinne,
dass man die Grünen schlecht
macht, Sachen zu erzählen, die von vorne bis hinten falsch sind, die Unwahrheit
zu sagen, das wirft ein schlechtes Licht
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