Gemeinderat,
36. Sitzung vom 25.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 108
Abwanderung aus Wien in die Umlandgemeinden entgegen,
und ich nehme zur Kenntnis, dass es auch in dieser Frage von den Grünen keine Antworten gibt. Wir sind
der Auffassung, dass es hier auch Maßnahmen von Seiten der Stadtplanung geben
muss, weil durch den Wegzug aus Wien in die Umlandgemeinden ja auch die
Mobilität noch zusätzlich erhöht wird.
Daher macht es Sinn, Siedlungen an bereits bestehende
Siedlungsgebiete anzubinden, durchgrünte Wohnformen in der Stadt anzubieten und
damit aber auch einer Zersiedelung der Landschaft durch Abwanderung in das
Umland entgegenzuwirken. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau
Berichterstatterin hat auf das Schlusswort verzichtet.
Wir können die Post 62 gleich abstimmen. Wer von
den Damen und Herren für die Post 62 ist, den bitte ich um ein Zeichen der
Zustimmung. – Mehrstimmig, gegen die Grünen
und die Österreichische Volkspartei, angenommen.
Es gelangt die Postnummer 64 der Tagesordnung
zur Verhandlung. Sie betrifft den Grundsatzbeschluss bezüglich des
Brückenbauvorhabens Großer Wienerbergsteg. Frau GRin Rubik wird wieder
einleiten.
Berichterstatterin GRin Silvia Rubik: Ich ersuche auch hier um Zustimmung zum Akt.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die Debatte ist eröffnet. - Frau GRin Frank
hat sich gemeldet. Ich bitte sie zum Rednerpult.
GRin Henriette Frank (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin!
Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wenn man die Post 64 im Text liest, dann steht
da einmal, Santiago Calatrava soll zu Verhandlungen für die Planung einer
Fußgängerbrücke eingeladen werden. Wüssten wir es nicht besser, würde ich jetzt
annehmen, es geht um einen Wettbewerb, und wir laden ihn ein. Aber dem ist
nicht so, und deshalb möchten wir das heute sicher diskutieren, weil es immer
öfter passiert, dass Leute einfach eingeladen werden und sich keinem Wettbewerb
stellen.
Ich meine, es wäre doch überhaupt kein Problem
gewesen, hätten wir einen geladenen Wettbewerb gemacht, hätten Sie vielleicht
auch österreichische Architekten dazu eingeladen, und wir hätten das Ganze in
einem konformen System abwickeln können. Ich weiß ja auch nicht, wovor Sie da
Angst haben, denn ich glaube nicht, dass der Architekt Calatrava die
österreichischen Architekten fürchten muss, aber wenn er sich einem Wettbewerb,
weil es sich nur um eine
Fußgängerbrücke handelt, vielleicht nicht mehr stellen will, dann ist einmal
grundsätzlich zu hinterfragen, ob er auch tatsächlich so ganz der Geeignete für
dieses Projekt ist. – Jetzt möchte ich schon einmal sagen, dass der Architekt
Calatrava sicher zu den Spitzen am Architekturhimmel gehört – also das lasse
ich hier völlig unbestritten, es geht schon nur um die Vorgangsweise –,
andererseits aber ist er ein sehr spektakulärer Architekt und hat jetzt sicher
sehr, sehr große Projekte, wie eben den Bahnhof und das World Trade Center oder
dieses 610 m-Hochhaus und so weiter. Da geht ja eine Brücke wie am
Wienerberg so nebenbei, die halt dann sein Büro abwickeln wird.
Und etwas ist auch trotz allem Spektakulären: Es gibt
ja auch sehr, sehr viele Schäden dort, wo der Architekt Calatrava baut. Wenn
man jetzt aber Ihre Vorstellung über ihn liest, dann ist alles nur positiv, so
wie auch die ganze Stadt Wien nur positiv ist. Ich möchte nur festhalten: Ganz
so ist es nicht. Und ich möchte einmal fragen: Was wollen wir hier in Wien?
Wenn ich sage, ich will jetzt jeden wirklich internationalen Architekten
irgendwie versammelt haben, denn ich will Wien zum Architekturmuseum machen,
dann ist das vielleicht ein Ansatzpunkt, den – und das muss man schon sagen –
auch die Wiener und Wienerinnen sehr teuer bezahlen müssen.
Ich möchte schon auch an unsere Superarchitektin
erinnern, die Zaha Hadid, die in diesem Fall nicht einmal etwas dafür kann.
Denn plötzlich wurde gespart, das Objekt wurde gar nicht ihren Vorstellungen
entsprechend ausgeführt. Die Bevölkerung hat es auch nicht angenommen, und
10 Millionen EUR haben wir in den Sand gesetzt, denn so ganz ist ja, was
weiter geschieht, auch noch nicht heraußen.
Der Architekt Calatrava ist einmal mit Sicherheit kein
Knopflocharchitekt, das heißt, alles, was er baut, ist ziemlich
überdimensioniert. Wir bauen jetzt unter Umständen eine überdimensionierte
Brücke am Wienerberg, wobei unter Umständen dann die Betriebskosten auch etwas
Wesentliches sein werden, denn der Architekt Calatrava ist auch sehr berühmt
dafür, dass gerade seine Brücken in der Nacht leuchten. Wir haben jetzt an zwei
Tagen Debatten gehabt, wie sozial Schwächere mit den Betriebskosten über die
Runden kommen müssen, und dort leuchten dann die Brücken in der Nacht. Zudem
werden in Wien Fußgängerüber- oder -unterführungen nicht besonders gerne
angenommen.
Ich meine, es wäre wirklich nicht verfehlt gewesen,
denn es haben sich auch große Architekten wie Foster und so weiter durchaus
Wettbewerben gestellt. Wenn ein Herr Architekt Calatrava mit seiner
Internationalität, mit seinen ingenieurtechnisch sicherlich Superideen, die er
auch ausführt, interessiert daran ist, in Wien zu bauen, und nicht nur Wien
daran interessiert ist, den Architekten hier zu haben, wenn er sich selbst hier
ein Denkmal setzen will, dann ist es nur gerechtfertigt, dass er sich auch
einem Wettbewerb stellt und beweist, dass er der Beste ist.
Wir werden daher dieses Geschäftstück ablehnen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau
Dipl-Ing Gretner hat sich gemeldet. Bitte.
GRin Dipl-Ing Sabine Gretner
(Grüner Klub im Rathaus): Ich habe es gestern in der
Rechnungsabschlussdebatte auch schon angesprochen. Wir befürchten, dass es ein
Abgehen vom Wege ist, den der Wettbewerbsleitfaden vorgezeichnet hat. Ich sehe
auch die Gefahr, dass man hiermit einen Präzedenzfall schafft und dann
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