«  1  »

 

Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 118

 

Frau Kollegin Laschan hat gemeint, wir von der ÖVP wollen im Gesundheitssystem einsparen. Frau Kollegin Laschan! Ich muss Sie enttäuschen! Sie haben unrecht! Wir wollen die vorhandenen Mittel effizienter einsetzen und nicht einsparen! Ob ein Großteil dieser Mittel effizient eingesetzt wird, entzieht sich leider unserer Kenntnis. – Da muss ich wieder an meine VorrednerInnen anschließen. Es wurde uns am Freitag um 15.01 Uhr eine Grundlage zur Rechnungsabschlussrede übermittelt. In dieser stehen aber keine Zahlen, sondern darin ist eine Jubelbotschaft an die andere gereiht, was der FSW für die SteuerzahlerInnen Gutes tut.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist das Geld der SteuerzahlerInnen, das sie hier einsetzen, und ich behaupte, dass es falsch eingesetzt wird. Ich möchte das gleich anhand einiger Beispiele klarmachen, und eigentlich bin ich sehr froh über und dankbar für diese Unterlage, denn sie gibt mir Gelegenheit, gleich daraus zu zitieren. Und ich kann Ihnen einige Beispiele nennen und Fälle aufzeigen, in denen nach meiner Meinung und nach Meinung meiner Fraktion das Geld effizienter eingesetzt werden könnte.

 

Meine Damen und Herren! Würde uns ein Unternehmen, das im wirtschaftlichen Wettbewerb steht, ähnliche Zahlen auf einem solchen Zettel als Grundlage für eine Jubelbotschaft wie der FSW übermitteln, dann wäre dieses Unternehmen seit Jahren konkursreif! Ich überlasse es meinen KollegInnen von der SPÖ-Mehrheitsfraktion, die nach mir noch zu Wort gemeldet sind, den angesprochenen Jubelbericht zu verlesen.

 

Ich möchte jetzt auf den Teil, der behinderte Menschen betrifft, näher eingehen. Es ist leider zu vermerken, dass die Politik für behinderte Menschen in dieser Stadt ideenlos ist. Visionen fehlen zur Gänze. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich muss feststellen, dass all das planlos, konzeptlos und ideenlos ist. Allerdings kommt diese Politik der SPÖ-Stadtregierung die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sehr teuer.

 

Ich möchte Ihnen gerne ein Beispiel dazu vorlesen und zwar aus dieser Grundlage zur Rechnungsabschlussrede. Hier heißt es zum Beispiel zum Thema Wohnen mit Behinderung: „Ziel ist es, Voraussetzungen für ein weitgehend selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu schaffen.“ Dann wird in diesem Papier darauf hingewiesen, wie viele voll betreute und teilbetreute Wohnplätze finanziert werden. Meine Damen und Herren! Für mich sieht ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben anders aus! (Zwischenruf von GRin Erika Stubenvoll.) Frau Kollegin Stubenvoll! Wir hatten schon die Gelegenheit, den Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik ausführlichst zu diskutieren. Ein Umdenken betreffend das Wohnen von behinderten Menschen ist unbedingt notwendig! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir brauchen ein breites Spektrum an unterschiedlichen Angeboten und nicht nur zwei Angebote, wiewohl ich betonen möchte, Frau Kollegin, dass die MitarbeiterInnen der befassten Einrichtungen die aktuellen Wohnangebote sehr engagiert betreiben. (Beifall bei der ÖVP. – GRin Erika Stubenvoll: Sagen Sie das, was Sie heute sagen, im Dachverband auch!)

 

Im Dachverband sage ich es auch! Ich möchte Ihnen aber gerne erklären, weshalb ich das Angebot als nicht ausreichend empfinde. Es ist ein Ausbau der Wohnplätze vonnöten, damit behinderte Menschen eine Wahlmöglichkeit haben. Sie müssen frei wählen können, wo sie wohnen, so wie ich und Sie das können, und die Angebote müssen vielfältiger und zukunftsweisender sein. Offenbar ist aber für innovative Projekte in dieser Stadt kein Geld vorhanden! Allein der Zustand, dass 135 Menschen mit Behinderung in einer Einrichtung wie Ybbs ... (Zwischenruf von GRin Erika Stubenvoll.) Danke, Frau Kollegin, ich habe das schon zweimal thematisiert, Sie können schon mitsprechen!

 

Allein die Tatsache, dass 135 Menschen in dieser Stadt in einer Einrichtung wie Ybbs leben, zeigt, dass Sie der Forderung nach einem zukunftsweisenden selbstbestimmten Leben für behinderte Menschen nicht Rechnung tragen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Übrigens: Nicht nur behinderte Menschen vertreten diese Auffassung und lehnen das Wohnen in einer Einrichtung wie Ybbs ab, sondern auch Herr Primarius Sindermann hat seiner diesbezüglichen Meinung in der Untersuchungskommission ganz klar Ausdruck verliehen. (GRin Ingrid Schubert: Sie haben aber auch seinen Brief gelesen!) Danke für den Hinweis! Ich habe den Brief von Herrn Primarius Sindermann natürlich mit. Gott sei Dank kommt dieser Zwischenruf, ich hätte diesen Brief aber ohnedies verlesen!

 

Auf meine Frage in der Untersuchungskommission, ob er diese Einrichtung für zeitgemäß hält, hat Primarius Sindermann ein klares und deutliches „Nein“ gesagt. Dann hat er einen Brief an die Stadträtin, an Frau Direktorin Herbeck und an Herrn Direktor Paukner geschrieben. Einige, aber nicht alle von Ihnen kennen diesen Brief, und daher möchte ich Ihnen gerne einen Teil daraus zitieren: „Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich habe im Anschluss an meine Zeugenaussage vor der Untersuchungskommission Psychiatrie den folgenden, offenbar von Frau Praniess-Kastner geschriebenen Artikel gefunden und mit großer Bestürzung, aber auch ohnmächtiger Wut gelesen. Die Zeilen der Autorin beziehen sich auf eine wenige Sekunden dauernde Sequenz in einer über drei Stunden dauernden Einvernahme.“ – Und jetzt zitiert Primarius Sindermann diese Sequenz –: „Gemeinderätin Praniess fragt: ‚Übrigens, halten Sie die Unterbringung behinderter Mensch in Großinstitutionen wie dem Therapiezentrum Ybbs noch für zeitgemäß?’“ Darauf habe er geantwortet: „Nein. Deshalb bemühen wir uns in letzter Zeit darum, im Sozialtherapeutischen Zentrum auch andere Aufgaben zu übernehmen.“

 

Die Einvernahme vom Primarius Sindermann hat übrigens nicht drei Stunden gedauert, wie er angibt. Das ist auch im Protokoll nachzulesen. Er hat nämlich zirka zwei Drittel der Zeit dafür benützt, einen Vortrag zu halten, und die Einvernahme hat nur ein Drittel der Gesamtzeit in Anspruch genommen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular