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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 118

 

und die Auslastung der Häuser und deren Abteilungen künftig gesondert und einzeln darzustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Da fällt einem natürlich das Krankenhaus Nord ein. Ich möchte das nur ganz kurz beleuchten. Ich möchte daran erinnern, dass die damalige Frau Gesundheitsstadträtin Brauner im Februar 2005 gesagt hat: Für das Krankenhaus Nord gibt es 300 Millionen. Dann wurde ausgeschrieben, verzögert und so weiter. 2008 wurde der Zuschlag erteilt. Die Bettenanzahl ist gleich. Nun sind es aber 605 Millionen, und das ist eine Verdoppelung! Jetzt sind wir zwar noch immer bei der Planung und noch nicht bei der Realisierung. Die Kosten haben sich jedoch schon verdoppelt! Wie wird das denn dann bei der Realisierung aussehen? – Wenn ich an das SMZ-Süd denke, bei dem 40 Prozent zwischen Planung und Realisierung lagen, dann kommen wir diesfalls tatsächlich auf 900 bis 1 Milliarde, wenn wir erleben, dass dieses angeblich beste Krankenhaus eröffnet wird.

 

Wir wissen aus der Vergangenheit, dass zwischen Planung und Realisierung immer Welten liegen. Und das nennt man dann Effizienz und Wirtschaftlichkeit! Dieses Beispiel, Frau Stadträtin, zeigt wieder sehr deutlich, dass Sie mit den Geldern der Bürgerinnen und Bürger fahrlässig umgehen!

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Mehrheitsfraktion! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Dass die Wiener ÖVP diesem Rechnungsabschluss ihre Zustimmung nicht gibt, ist die logische Konsequenz Ihrer fahrlässigen Politik. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Klubobmann Dr Tschirf gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin!

 

Eine Geschäftsordnung beinhaltet nicht Benimm-Regeln – dazu fiele mir jetzt vieles ein –, und das soll auch nicht so sein. Es gibt aber einen Geist der Geschäftsordnung, der eingehalten werden sollte. Und dazu gehört auch, dass man als Berichterstatterin nicht Zwischenrufe macht, die eine Rednerin noch dazu herabwürdigen. Das entspricht nicht dem Geist des Hauses! Das ist höchstens ein Beitrag zur Verstärkung der Politikverdrossenheit! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau GRin Dr Laschan ist zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

GRin Dr Claudia Laschan (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Jetzt war die ÖVP-Fraktion am Wort und hat das Wort Sittenbild der SPÖ in den Mund genommen. Ich werde mir erlauben, im Laufe meiner Ausführungen ein bisschen das Sittenbild der ÖVP zu beleuchten.

 

Ich bin der Meinung, dass die heutige Rechnungsabschlussdebatte der Stadt Wien angesichts der Vorgänge in der Gesundheitspolitik und vor dem Hintergrund einer sehr heftig geführten Gesundheitsdebatte nicht abgehoben geführt werden kann. 8 000 Ärztinnen und Ärzte waren auf der Straße, Ordinationen bleiben geschlossen, und Anlass dazu war die Gesundheitsfinanzierung. Manche sagen dazu auch Gesundheitsreform oder Kassensanierung. Beides trifft aber in Wirklichkeit nicht den Kern. Der Kern ist nämlich, dass die ÖVP im Gesundheitswesen sparen will. Und wir wissen aus den sechs Jahren, in denen die ÖVP an der Macht war, wie Sie es formuliert haben, Frau GRin Korosec, was es bedeutet, wenn die ÖVP im Gesundheitswesen sparen will: Das bedeutet Leistungseinschränkungen für die Patientinnen und Patienten. Schon bei den Regierungsverhandlungen hat die ÖVP verhindert, dass innovative Finanzierungsformen eingeführt werden, die gerechter gewesen wären, weil sie die Reicheren unserer Gesellschaft mehr zur Gesundheitsfinanzierung herangezogen hätten. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die ÖVP hat genüsslich zugesehen, wie die Krankenkassen sich immer schwerer getan haben, die Leistungen, welche die Patientinnen und Patienten benötigen, zu erbringen. Die ÖVP hat bei der immer größer werdenden Verschuldung der Kassen zugesehen und neues Geld für das Gesundheitswesen verweigert. Molterer, der Finanzminister, hat von den Sozialpartnern erzwungen, ein Sparprogramm zu verhandeln, und dieses liegt nun auf dem Tisch. Die ÖVP sagt stets Nein, wenn es um neues Geld für die Gesundheitsfinanzierung geht.

 

Im Hintergrund der gesamten Diskussion gibt es auch einen Rechnungshofbericht, der die Oberösterreichische und die Wiener Gebietskrankenkasse zum Prüfgegenstand hatte. Dabei ist als wesentliche Botschaft herausgekommen, dass zum großen Teil die Maßnahmen der Regierung Schüssel an der Finanzmisere der Kassen verantwortlich sind, weil nämlich – und das ist auch im Rechnungshofbericht nachzulesen –, Geld der Versicherten zur Budgetsanierung verwendet wurde. Außerdem hat der Rechnungshof auch festgehalten, dass die ständig steigenden Arzneimittelkosten und die Honorarkosten für die Leistungen im niedergelassenen Bereich zu dämpfen sind.

 

An diesen beiden letztgenannten Punkten setzt das Gesundheitspapier an, Stichwort „Aut idem“ beziehungsweise Schaffung der Möglichkeit, Einzelverträge mit Ärztinnen und Ärzten im Falle eines vertragslosen Zustandes abzuschließen, wenn die Vertragsverhandlungen zwischen Ärztekammer und Kassa nicht erfolgreich waren.

 

Ich persönlich kann die Aufregung der Ärztekammer nur zum Teil verstehen. Mir gefällt nicht, dass Patientinnen und Patienten vorgeschoben werden, um standespolitische Interessen durchzusetzen. Ich teile aber die Sorge, dass auch hier der Sparstift ein wichtiges Prinzip ist und dass ökonomisches Handeln und Sparen belohnt werden sollen.

 

Ich finde aber richtig, dass auch im niedergelassenen Bereich Qualitätskriterien gelten sollen. Auch die Ärztekammer muss sich endlich einmal mit verschiedenen Tabus auseinandersetzen. Alles andere wäre nicht mehr zeitgemäß. Ich sage als Stichwort nur: Öffnungszeiten bis in die Abendstunden oder auch an Wochenenden.

 

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