Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 118
schon bedenkt, dass heute in den Arztpraxen, wo Fachärzte sind, wo Augenärzte sind, wo Hals-Nasen-Ohren-Ärzte sind, wo sich die Leute schon heute über Monate anmelden müssen, damit sie einen Termin bekommen, wenn sie zu einem Facharzt gehen müssen, frage ich Sie wieder, Frau Stadträtin: Wie werden Sie das der Wiener Bevölkerung erklären?
Wenn man bedenkt, wenn man diese 500 Facharztpraxen
schließt, was bedeutet das? Es werden zirka 800 000 Patienten mehr pro
Jahr in den Ambulanzen betreut werden müssen, Frau Stadträtin! Da frage ich Sie
wieder: Haben Sie in den letzten Tagen irgendetwas von einer
Personalaufstockung gehört? Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe gar nichts
davon gehört! Wir haben in Wien, wie Sie selbst wissen, einen riesigen
Personalmangel bei den Ärzten und natürlich auch im Pflegebereich. (GRin Anica Matzka-Dojder: Da haben Sie
schlecht aufgepasst, Herr Kollege!)
Wenn
ich da jetzt auf die Psychiatrie komme, auf das Otto-Wagner-Spital, haben Sie
diesen permanenten Personalmangel dort auch schon belegt. Allein im
Otto-Wagner-Spital, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, hat man 1998, 2004,
2007 Konzepte erstellt, die bis heute in keiner Weise umgesetzt worden sind,
die eindeutig belegen, dass es einen Personalnotstand gibt. Dann frage ich Sie:
Warum werden Konzepte erstellt, die man nachher wieder schubladisiert? Das ist
Ihr Problem, Frau Stadträtin! Setzen Sie Konzepte um, auch wenn es von Ihren
Vorgängerinnen Konzepte gibt! Das wäre einmal wichtig!
Wenn man jetzt noch weitergeht, werden im KAV in den
nächsten Jahren zum Beispiel auch Pensionierungen anstehen. Da werden Sie die
nächsten Probleme haben. Sie werden wahrscheinlich, wenn Sie nicht
entgegenwirken, einige Abteilungen schließen müssen. Weil wenn man sich die Facharztausbildung
ansieht, dauert die in etwa acht Jahre. Allein in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie hat es voriges Jahr einen Beschluss der Bundesregierung
gegeben, dass es ein eigenes Fach gibt.
Was werden Sie in Zukunft machen? Sie können nicht
acht Jahre ohne diese Ärzte auskommen! Da fehlt es wieder! Wenn Sie so etwas
machen, gehört eine Übergangsregelung geschaffen. Man muss sich einmal die
Strukturen anschauen. Was hat man in den Spitälern? Wo fehlt es? Nichts ist
geschehen! Es wird einfach beschlossen! Das ist einfach so und damit ist der
Fall erledigt! Das sind eh nur Menschen, die keine Lobby haben! Das ist egal,
darum reißt sich sowieso keiner! Das sind die Antworten der Stadt. Nicht seit
ein, zwei Jahren, wie wir auch gehört haben, sondern das sind Antworten, die es
schon seit über 30 Jahren gibt. Das hat uns Herr Prof Dr Friedrich
erklärt. Sie wissen ganz genau, dass es schon so lange diese Probleme gibt!
Frau Stadträtin, kommen wir zu den Drogen: Das ist
wirklich ein Thema, das Wien jahrzehntelang beschäftigt. Was ist in der ganzen
Drogenpolitik übriggeblieben? Nichts! Es hat sich hier nichts geändert, außer
dass die Süchtigen jetzt mehr geworden sind und dass man neue Drogenszenen hat.
Man hat am Schottenring eine solche. Es hat heute auch einen Todesfall im
2. Bezirk gegeben. Es hat Vereine gegeben, die Sie gegründet haben. Es
gibt den Verein SAM. Was soll ich sagen? Sonst hat sich in Wien überhaupt
nichts geändert, auch nicht am Drogensystem, das Sie haben!
Dieses Drogenkonzept, das habe ich schon mehrmals
gesagt, ist veraltert, es gehört ein neues gemacht und es gehört der Umgebung
und allem angepasst. Da muss ich Sie schon fragen, Frau Stadträtin: Wann werden
Sie endlich mit diesem Schmusekurs mit den Drogendealern aufhören? Die stehen
überall herum. Es gibt ununterbrochen Probleme in allen Bereichen bei den
Drogendealern. Quer durch Wien, bei jeder U-Bahn haben Sie die Riesenprobleme.
Sie haben die Probleme auf dem Schwedenplatz konzentriert. Sie haben sie am
Schottenring. Sie haben sie am Karlsplatz und bei vielen mehr.
Noch einmal zu den Tatsachen: Es gibt auch einen
Drogenbericht „Drogenreport Österreich". Daraus möchte ich Ihnen zitieren:
„,Der Polizei geht es wie den Ärzten’, warf Dr Wehrl ein. ‚So wie man von uns
Ärzten alles erwartet, aber mit nichts unterstützt, wird von der Polizei
erwartet, dass sie gleichzeitig bekämpft und therapiert. Das kann sie einfach
nicht leisten.' Wehrl fordert ein staatliches Therapieprogramm. Diejenigen, die
dafür verantwortlich wären, waren der Diskussion ferngeblieben. ‚Stattdessen
vergehen sich die Politiker und die verantwortlichen Behörden in
Selbstbeweihräucherungsaktionen, wie bei der Ein-Jahres-Feier von „Help U“
am Karlsplatz.', sagte Günther Zäuner. ‚Und einer ehemals zuständigen
Stadträtin fällt zum jährlichen Drogenbericht ihrer Behörde nichts anderes ein,
als zu sagen, es sei spannend - statt ihn alarmierend zu finden.'"
Ich bin davon überzeugt, allein über das, was ich
jetzt angesprochen habe, werden wir heute noch vieles hören. Sagen Sie mir nur
einen Punkt, Frau Stadträtin, wo ich Ihnen zustimmen kann!
Allein Ihr Rechnungsabschluss zeigt lediglich die
soziale Kälte für die Menschen in dieser Wiener Stadt! - Danke. (Beifall bei
der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr
Pilz. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Sigrid Pilz
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte Kolleginnen und
Kollegen!
Herr Lasar, ich kann Ihnen in
einem Punkt gar nicht recht geben, dass man hier ein Gegensatzpaar zwischen
Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit herstellen muss. (GR David Lasar: Das haben Sie falsch verstanden!) Das
Gegensatzpaar ist ein konstruiertes. Es muss möglich sein, es soll künftig
möglich sein und es ist hoch an der Zeit, dass es möglich ist, dass man beides
für eine wirtschaftliche Gestion im Gesundheitsbereich macht, die menschlich
ist. (GRin Anica Matzka-Dojder: Sie sind besonders menschlich!) Das darf kein Gegensatz sein. Sie
müssen sich noch nicht aufregen! Sparen Sie es sich ein bisschen auf!
Wirtschaftlich zu handeln, muss der Frau Stadträtin ein Anliegen sein. Das darf
man nicht in
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