Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 118
weg und begründet das Ganze nicht einmal verschämt mit Verbesserungen oder mit sonstigen Gründen, die dahinterstehen, sondern sagt es ganz unverblümt: Soziale Gründe zählen für uns nicht. Wir müssen sparen! Es ist zu teuer, wir können uns den 21er nicht mehr leisten, wir müssen euch den wegnehmen.
Ich freue mich schon auf
die Wahlergebnisse im 2. Bezirk, aber vielleicht überlegt ihr es auch noch
bis morgen, ob ihr wirklich das Protokoll des Verrates aus dem 2. Bezirk
auch hier durchziehen wollt, unterfertigt von den Bezirksräten Kresimir
Mladensich und Kommerzialrat Isidor Wunderlich. Und wunderlich ist wirklich der
ganze Antrag, wo allerlei Nebelgranaten geworfen werden, aber die Conclusio
steht ja ganz vorne, und die Leute werden schon verstehen, was damit gemeint
ist: Die Bezirksvertretung Leopoldstadt beschließt die AnrainerInnenbefragung
zur Wiedereinführung der Linie 21 und die damit verbundene Beauftragung
von zuständigen Abteilungen nicht durchzuführen.
Also so schnell ist
überhaupt noch nie jemand umgefallen wie SPÖ und ÖVP, weil noch vor wenigen
Wochen einstimmig beschlossen worden ist in der Bezirksvertretung des
2. Bezirks, diese Bürgerbefragung durchzuführen. Jetzt ist alles anders.
Von der ÖVP sind wir das gewohnt, denn beim Im-Liegen-Umfallen haben Sie es zur
Meisterschaft gebracht. Im Vorfeld, als die Oppositionsparteien noch untereinander konferiert haben, ohne SPÖ, und wo
es darum gegangen ist, eine gemeinsame Pressekonferenz zu diesem Thema, zur
Bürgerbefragung zu machen, ist unser Klubobmann mit dem schwarzen Klubobmann
zusammengesessen. Er hat mir diesen Plan einer gemeinsamen Pressekonferenz zu
diesem Thema geschildert – sie hätte, glaube ich, gestern stattfinden sollen –,
und ich habe gefragt: Mit wem sitzt du denn zusammen? Mit dem schwarzen
Klubobmann? Und halten die?, habe ich ihn gefragt. Derweil schon noch!, war die
Antwort. Er kennt seine schwarzen Pappenheimer, jeder kennt sie.
Wie
lange das Ganze gehalten hat, weiß man. Also ich habe nie auch nur einen Heller
darauf gewettet, dass die ÖVP sich hier rauskaufen und zwar billig rauskaufen
lässt. Jetzt nicht in dem Sinne, dass Geld fließt, sondern mit diversen Zusagen
oder schon als Vorleistung für die nächste Gemeinderatswahl: Schaut her, wir
sind brav, wir sind billig! Wir schauen wie das Schnäuztüchl aus dem Hosensack
raus. Bitte nehmt uns beim nächsten Mal! Ihr braucht sicher einen
Koalitionspartner. Das dürfte eine erste Vorleistung gewesen sein.
Wir
werden auf jeden Fall an diesem Thema dranbleiben. Es sind über
10 000 Unterschriften für den Erhalt des 21ers gesammelt worden. Die
SPÖ hat zugesagt, die Bürgerbefragung durchzuführen, bricht dieses Versprechen
jetzt, zwar mit diversen Begründungen. Die könnt ihr uns morgen erzählen. Uns
interessieren sie nicht, und die Leute da draußen interessieren sie schon gar
nicht, also könnt ihr euch das Ganze eigentlich sparen. Ihr könntet in diesem
Falle vielleicht einmal auf den Weg der Tugend zurückfinden und zu eurem Wort
stehen. Ihr habt gesagt, die Bürger werden befragt, also befragt die Bürger.
Was nachher die Konsequenzen dieser Bürgerbefragung sind, ob Ja oder Nein, und
ob dann die Wiener Linien trotzdem sagen, interessiert uns nicht, machen wir
nicht, das ist etwas anderes. Aber zu seinem Wort sollte man stehen, liebe
Freunde von der SPÖ.
Wenn
ihr das nicht bald lernt, wird es bei der nächsten Wahl noch viel schlimmer
ausschauen, als euch jetzt die Umfragen voraussagen. Ich glaube, es wird ein
böses Ende für die SPÖ nehmen. Ihr schaufelt euch das Grab langsam immer
tiefer. Uns kann es recht sein, aber ich hoffe, die nächste Wahl kommt bald,
denn ihr begeht Fehler um Fehler, und diese Fehler geschehen auf dem Rücken der
Bevölkerung.
Die
FPÖ wird probieren, das Begehen dieser Fehler, wenn geht, hintanzuhalten, oder
wenn nicht, werden wir das nachher, wenn wir mit HC Strache den Wiener
Bürgermeister stellen, ausbügeln, meine Damen und Herren. (Ironische
Heiterkeit bei der SPÖ.) – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei
der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zu Wort gelangt Frau GRin Dipl-Ing
Gretner.
GRin Dipl-Ing Sabine Gretner (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich erlaube mir, die heutige Rede ein bisschen kürzer
zu fassen als normalerweise, weil ich bemerke, dass der Saal nicht sehr gut
gefüllt ist und weil ich auch den Eindruck habe, dass alle konstruktiven
Vorschläge und Kritikpunkte abprallen wie Perlen von einem Sonnenölfläschchen.
Alles ist wunderbar, und wenn man Vorschläge einbringt, ist das überhaupt nicht
notwendig, dann wird die Mercer-Studie zitiert, und irgendwie ist es wirklich
fraglich, ob überhaupt noch in dieser Form jemals irgendetwas an Ihrem
Fläschchen hängen bleibt.
Zur Geschäftsgruppe insgesamt würde ich sagen, es ist
spannend momentan in der Stadt, weil es viele Stadtentwicklungsprojekte gibt.
Die Stadt wächst, es gibt zentrale Lagen, die interessant entwickelt werden
können, was mir allerdings fehlt, was uns fehlt, ist eine Vision. Wenn man
fragt: Wofür steht die rote Stadtplanung in Wien?, würde mir, ehrlich gesagt,
nicht sehr viel einfallen.
Es fehlen auch die dazupassenden
Gestaltungsinstrumente. Selbst wenn man eine Vision hat und fragt: Wo will ich
hin? Wie erreiche ich sie?, gibt es auch da seit Jahren einen Stillstand.
Ansätze gibt es vielleicht mit den Zielgebieten, dass man sagt, okay, man nimmt
ein Gebiet her und entwickelt dort Zielvorschläge. Allerdings sagt man nicht
dazu, mit welchen Instrumenten, und dass Instrumente der Stadtplanung
weiterentwickelt werden, das bemerkt man leider gar nicht.
Es fehlt in meinen Augen auch an
Vorzeigeprojekten. Beispielsweise der Zentralbahnhof in Wien könnte ja eine
Visitenkarte der Stadt werden, könnte ankommende Besucher willkommen heißen mit
einem besonders innovativen Ansatz. Wow! Wahnsinn! Dort gibt es eine lebendige
Erdgeschoßzone, oder dort ist alles superökologisch. Aber auch in diese Richtung
beschränkt man sich
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