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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 118

 

angesprochen und ich möchte auf einen speziellen Aspekt dieses Armutsproblems, das selbstverständlich auch beim Bereich Wohnen sichtbar wird, eingehen.

 

Es ist unbestreitbar, dass wir in Wien ein Phänomen der Konzentration von Armut oder sozialer Bedürftigkeit und Migrationshintergrund haben. Dieses Phänomen lässt sich nicht nur und nicht zur Gänze auf das durchschnittlich niedrige Einkommen von Migrantenhaushalten, niedriger als Nichtmigrantenhaushalte in Wien, zurückführen, sondern auch auf die verfehlte Wohnpolitik, nicht nur, aber auch, der Stadt Wien. In anderen Bundesländern gibt es eine ähnlich Situation, wo Menschen, die legal hier gelebt haben, jahrzehntelang ihre Steuern bezahlt, den kommunalen Wohnbau mitgefördert und mitfinanziert haben, von diesem ausgeschlossen waren. Nicht zuletzt deshalb hatten wir jahrzehntelang und haben wir eigentlich bis heute eine Konzentration von Armut und ethnischem Hintergrund auf bestimmte Grätzel in bestimmten Bezirken.

 

In dem Zusammenhang sollte vielleicht auch nicht unerwähnt bleiben, dass die gänzliche Öffnung des geförderten Wohnbaus, des Gemeindebaus für diese Gruppe von Menschen erst vor zwei Jahren erfolgte und nicht selbstständig von Wien erfolgte, sondern weil es eine umzusetzende EU-Richtlinie gegeben hat. Nun haben wir die Situation, dass, wie im Wiener Durchschnitt auch, und das sagen inzwischen auch die Wiener Wohnbaustadträte, beispielsweise der Ex-Wohnbaustadtrat Werner Feymann hat das in seiner Amtszeit bestätigt, im Gemeindebau ungefähr ein Drittel Menschen mit Migrationshintergrund wohnen. Die meisten von ihnen sind österreichische Staatsangehörige, wenige von ihnen sind noch immer ausländische Staatsangehörige, haben aber ein Aufenthaltsrecht. Das war natürlich zu erwarten, teilweise auch wegen des niedrigeren Einkommens von diesen Familien, von diesen MigrantInnenhaushalten.

 

Wenn wir uns anschauen, was die Stadt Wien in Vorbereitung dessen gemacht hat, nämlich ganze zehn interkulturelle und mehrsprachige Mediatoren und Mediatorinnen für 220 000 Gemeindebauten in Wien anzustellen, dann können wir das eigentlich nicht für eine sehr gute Vorbereitung auf diese Situation halten.

 

Wir haben offensichtlich auch die Strategie der Stadt Wien und von Wiener Wohnen, dass bestimmte Gemeindebauten für Menschen mit sehr niedrigem Einkommen und/oder Migrationshintergrund vorgesehen sind. Da gibt es das Beispiel einer jungen Frau aus dem 13. Bezirk, die eine Gemeindewohnung beantragen wollte und weil ihre Mutter seit langen Jahren in einem Gemeindebau im 13. Bezirk wohnt, in diesem Gemeindebau eine Unterkunft finden wollte, wo ihr ganz ungeschmückt und ganz offen gesagt wurde: „Das ist aber ein Gemeindebau, wo hauptsächlich Sozialhilfebezieher und Migranten wohnen. Sie sind doch erwerbstätig und haben ein Einkommen. Suchen Sie sich doch einen anderen Gemeindebau!" - Da fällt man schon irgendwie aus allen Wolken, wenn man so etwas hört, dass die Stadt Wien sozusagen nicht offiziell, aber offensichtlich die Strategie verfolgt, bestimmte Gemeindebauten sind für besonders Arme und/oder Migranten und Migrantinnen reserviert. Wenn sich dann dort Problemlagen, die hauptsächlich soziale Problemlagen sind, konzentrieren und wenn es Konflikte zwischen den Hausparteien gibt, die nicht primär kulturell bedingt sind, dann sagt man, man hat eh ganze zehn interkulturelle Mediatoren und Mediatorinnen angestellt, um das zu bewältigen.

 

Man verfolgt also offensichtlich eine Strategie, die zu Problemen führt und zu Problemen führen muss, weil man entgegen der ständigen Ankündigung, Integration sei nachbarschaftliches Zusammenleben, Integration sei Austausch und so weiter, nicht darauf zielt, dass Menschen unterschiedlichen kulturellen Hindergrunds und unterschiedlicher Muttersprache zusammenleben können, sondern wo man die Armut und dazu noch einen bestimmten Migrationshintergrund konzentriert. Dann kann man aber nicht wirklich von gelebter oder gelungener Integrationspolitik in Wien sprechen. (GR Kurth-Bodo Blind: In den Dreißiger Jahren war es viel ärger! Da wurde aber auch nicht gestritten!)

 

Der zweite Bereich sind die Genossenschaften, wo die Stadt Wien sehr lange untätig war, was diese Problematik betrifft. Auch die Genossenschaften waren übrigens, und alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, kennen sich da aus, jahrzehntelang eigentlich für diese Gruppe von nicht eingebürgerten Migranten und Migrantinnen zu. Das hat sich seit ein paar Jahren geändert. Dort hat die Stadt Wien nicht zuletzt durch die massive Förderpolitik, die sie bei Genossenschaften betreibt, eine nicht zu unterschätzende Einflussmöglichkeit, wo sie davon überhaupt Gebrauch machen möchte, Dinge in eine andere Richtung zu bewegen, dass es also nicht so genannte Migrantenbauten und so genannte Inländerbauten gibt, sondern dass es sowohl eine soziale als auch eine kulturelle Durchmischung geben soll.

 

Deshalb möchten wir heute einen Beschlussantrag einbringen. (GR Kurth-Bodo Blind: Das funktioniert in der Türkei zwischen Türken und Kurden! Dort funktioniert es!) - Herr Kollege, Sie können sich gern zum Wort melden, wenn Sie reden wollen! (GR Kurth-Bodo Blind: Es gibt auch Zwischenrufe!) Ich stelle fest, dass Sie ständig Zwischenrufe machen, vor allem bei meinen Reden! (GR Kurth-Bodo Blind: Da haben Sie nicht recht! Ich war ja gar nicht da!) So sehr bin ich schon aufnahmefähig, dass ich das aufnehmen kann!

 

Wir beantragen mit dem Beschlussantrag, dass die Stadt Wien aktiv Maßnahmen setzt, um die für ein besseres Zusammenleben und für eine gelungene gesellschaftliche und soziale Integration notwendige Durchmischung, und zwar sowohl soziale als auch kulturell sprachliche Durchmischung, zu erreichen, und zwar sowohl in Gemeindebauten als auch bei anderen geförderten Wohnungen. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Dr Herbert Madejski: So werdet ihr eine Wahl nach der anderen verlieren! - GR Kurth-Bodo Blind: Das funktioniert nur in Istanbul! Zwischen Griechen und Türken funktioniert es auch nicht!)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort

 

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