Gemeinderat,
35. Sitzung vom 23.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 126
Politik, die sie als „blödeln" bezeichnen. Ich sage eher, ablehnen ist ein Blödeln. Denn warum müssen Kinder und Jugendliche lange Wartezeiten in Kauf nehmen, damit sie jene Versorgung bekommen, die ganz einfach den Kinderrechten und Menschenrechten entspricht? Eine entsprechende Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gehört zu den Grundrechten eines Kindes, denn gerade im Kindesalter lässt sich vieles zu Gunsten des Kindes gut behandeln und lassen sich Spätfolgen, die letztendlich nicht sein müssen, abfedern. Aber es ist wahrscheinlich ein Blödeln, wenn man hier für eine Aufstockung ist. Das ist jenes Politikverständnis, mit dem Sie versuchen drüberzufahren!
Die Stadtregierung, wie Klubobmann Tschirf gezeigt
hat, hat sich nicht nur mit 49 Prozent der Stimmen hier gleich
55 Prozent, sondern auch noch 100 Prozent der amtierenden
Stadtregierung geholt. Nur wenn es um die 100-prozentige
Verantwortungsübernahme für den Misstand geht, dann sind Sie plötzlich bei
leeren Bänken, verschwinden Sie aus diesem Raum, denn das wollen Sie nicht
hören! Hier wollen Sie nicht an die Fehler erinnert werden, die Sie tagtäglich
machen! (Beifall bei der ÖVP.)
Frau Vizebürgermeisterin, was ist der Grund für das
geringe Wirtschaftswachstum in Wien? Sie erklären uns, es gibt den Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds. Sie erklären uns, es gibt den WAFF. Trotzdem hinkt
Wien hinter allen Bundesländern hinterher. Machen Sie dafür jetzt die
Einpendler aus Niederösterreich verantwortlich? Ist das wirklich Ihr Ernst,
dass Sie die 210 000, die von Niederösterreich nach Wien kommen, dafür verantwortlich
machen wollen, dass es in Wien das geringste Wirtschaftswachstum von ganz
Österreich gibt? Mit der Schuldzuweisungspolitik, so hört es sich fast schon
an, werden Sie nicht weiterkommen! Strengen Sie sich an! (GR Franz Ekkamp:
Also wirklich! Das ist ein starkes Stück! Unglaublich!)
Ich zeige
Ihnen, woran das liegt. Denn ich zeige Ihnen die Betriebsansiedlungspolitik
zwischen Bund und Wien. Sie lieben ja die Benchmarks. Diese Benchmarks habe ich
mir herausgesucht. Da brauchen Sie nur auf die Austrian Business Agency zu
gehen und sich anzuschauen, wer wie viele Betriebsansiedlungen in Wien im
letzten Jahr geschafft hat. Schauen Sie sich den Vergleich der ABA mit dem WWFF
an. Dort lesen Sie, dass die Austrian Business Agency geholfen hat, 105
Betriebe im Jahr 2007 eigenständig in Wien anzusiedeln. Jetzt schaue ich auf
die Bilanz des WWFF und lese dort 10 Betriebe. Frau Vizebürgermeisterin,
das ist, worauf Sie stolz sind, dass Sie im Vergleich zur ABA ein Zehntel der
Betriebe für Wien schaffen? (VBgmin Mag Renate Brauner: Schon in Wien?)
- In Wien. Die ABA hat in Österreich insgesamt 201 Betriebe angesiedelt. Sie
können es ganz genau haben. (VBgmin Mag
Renate Brauner: Das ist eh super!) 50 Prozent hat sie als unterstehend
nach Wien gebracht. (VBgmin Mag Renate
Brauner: Na super! Das ist schön!) Und wie viel hat Wien aus eigenen
Ressourcen geschaffen? Gerade ein Zehntel! Wofür brauchen wir überhaupt noch den WWFF, wenn das die
Erfolgsbilanz ist, auf die Sie so stolz sind? (VBgmin Mag Renate Brauner:
Was ist das für ein Argument?) Das Argument verstehen Sie nicht, weil das
eine zahlt der Bund und das andere zahlt die Stadt. Die Stadt schafft mit dem,
was sie in den WWFF zahlt, gerade zehn Betriebe, also ein Zehntel, auf das Sie
auch noch stolz sind! (GR Christian
Oxonitsch: Ich möchte nicht nach Niederösterreich schauen!) Die
Nivellierung geht nicht nur mit dem Schulbereich nach unten, sondern geht jetzt
auch schon bei den Betriebsansiedlungen nach unten. Sie sind einfach stolz
darauf, dass Sie ein Zehntel der Betriebsansiedlungen schaffen. So schaut es im
Schulbereich aus. Jetzt haben wir es in der Betriebsansiedlung offensichtlich
auch. (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Das ist eine Falschmeldung!)
Aber schauen wir auf die
traurige Statistik der Betriebsabsiedlungen. Schauen wir da auf die Periode von
Bgm Häupl. Ich weiß, es ist unangenehm, darum sitzt man im Moment lieber in der
Kantine. Es ist halt unangenehm, dass man die ganzen Betriebe hört, die Wien
verlassen haben. Wären Sie in der Wirtschaft, hätten Sie mehr
Wirtschaftskompetenz, dann wüssten Sie, dass es zehnmal leichter ist, einen
Stammkunden zu erhalten, als neue zu gewinnen. Stammkunden zu erhalten, heißt,
die bestehenden Betriebe zu fördern und zu unterstützen, damit sie im
internationalen Wettbewerb bestehen und ihren Standort in Wien belassen können.
Aber kommen wir zu der Liste an Abwanderungen, wo plötzlich der
Wirtschaftsliberalismus bei Ihnen ausbricht. Denn wenn man sich anschaut, wie
Sie auf unsere Presseaussendungen reagiert haben, dann hat man den Eindruck
gehabt, der Wirtschaftsliberalismus ist der neue Kurs der SPÖ. Achselzucken,
man kann halt nichts sagen.
Ich erinnere nur, IBM,
Novartis, Sandoz, Baxter, Siemens, Varta, Grundig, Ankerbrot, Unilever, um
Ihnen einige Namhafte zu sagen. (GR Franz Ekkamp: Siemens?) Ich will
Ihnen gar nicht hochrechnen, wie viele Arbeitsplätze das sind. (GR Franz
Ekkamp: Frau Stadträtin, Sie behaupten etwas, was nicht stimmt!) Die
Standortverlagerungen kann ich Ihnen leider nicht mehr bringen, weil die Zeit
nicht mehr reicht, aber auch da kann ich Ihnen, weil Sie es von Siemens wissen
wollten, gerne vorlesen: „Das Elektronikwerk Wien, bisher angesiedelt mit zwei
Standorten, wird zusammengelegt und 100 Leute verlieren ihren Job."
Ich weiß, das ist für Sie nichts, das macht Ihnen nichts! (GR Franz Ekkamp:
Das habe ich nicht gesagt!) Na gut, zucken wir halt die Achseln, kann man
nichts machen! So schaut Ihre Wirtschaftspolitik aus!
Aber
Gott sei Dank haben wir Wirtschaftsminister Bartenstein, der vieles von dem
ausgleicht, was von Ihnen kaputtgemacht wird, sodass die Wienerinnen und Wiener
dank unserer ÖVP-Bundesregierungsmitglieder auch weiterhin voller Optimismus in
die Zukunft gehen können. Am Wahltag ist Zahltag und da wird sich der Sinkflug
bei Ihnen dann auch entsprechend zeigen! (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Also
bitte!) Dann werden wir auch hier in Wien einen Wechsel haben, der dringend
überfällig geworden ist. Frau
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