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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 75

 

endlich einmal Schluss sein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Eine menschenfreundliche Verkehrspolitik, wo wirklich die Menschen im Zentrum der Politik stehen, das ist eine Politik, die dafür sorgt, dass gute Bedingungen für FußgängerInnen und für RadfahrerInnen vorhanden sind, dass ich mich nicht an die Hausmauer drücken und zwischen parkenden Autos durchgehen muss, und dass ich keine Angst haben muss, weil Autos mit einer Geschwindigkeit, die mich gefährdet, unterwegs sind. Also Schluss mit dem Platzraub im öffentlichen Raum durch die Autos und Schluss mit der Diskriminierung der RadfahrerInnen und der FußgängerInnen. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Kurth-Bodo Blind: Wer Grün wählt, dem soll der Führerschein entzogen werden!)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als nächste Rednerin am Wort ist Frau GRin Mag Feldmann.

 

GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Sie scheinen zu vergessen, warum Menschen ein Auto benutzen. Frau GRin Antonov, vielleicht darf ich es Ihnen kurz erklären: Ein Grund ist die Mobilitätsfreiheit und Beweglichkeit, die andere Seite ist, weil sie Auto fahren müssen. Mobilität durch Individualverkehr ist ein nicht mehr wegzudenkender Fortschritt, eine Grundlage, auf der zum Großteil die Wirtschaft basiert, das Wirtschaftsleben. Dies vor allem in einer Zeit, wo grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten (GRin Mag Waltraut Antonov spricht mit Kollegen.). Nun, horchen Sie einmal zu, denn Wirtschaft ist ja ein nicht unwesentlicher Faktor, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, dass wirtschaftliche Tätigkeiten zum Alltag gehören. Und nicht zu vergessen ist die Freizeitindustrie - auch ein nicht unwesentlicher Einnahmenanteil - und wirtschaftliche Einnahmen aus dem Fremdenverkehr.

 

Durch Parkplatzreduktion, und das sollten Sie bedenken, nehmen Sie aber dem Handel im innerstädtischen Bereich weiteren Umsatz weg, weil dadurch die Leute in die Einkaufszentren fahren. (Beifall bei der ÖVP.) Weiters ist eine Vielzahl von Menschen auf ihr Auto definitiv angewiesen und es bleibt ihnen im wahrsten Sinn des Wortes nichts anderes übrig, als in einer schnelllebigen Zeit mit großen Herausforderungen mit dem Auto zu fahren. Ich weiß ja nicht, wie Sie es sich vorstellen, dass man dann mit Hanteln auf der Straße geht statt ins Fitnesscenter (Beifall bei der ÖVP.) und die Kinder am Fahrrad hinten hat, mit dem Aktenkoffer vorne, und die Omas auch mit dem Fahrrad herumfahren. Also gut, diese Welt von Ihnen kann ich nicht nachvollziehen, (GR Mag Rüdiger Maresch: Wir die Ihre auch nicht!) aber es klingt zumindest märchenhaft nett. Denken wir jetzt einmal allein an Frauen mit Job, Kinder, Familie - von Alleinerzieherinnen ganz zu schweigen – denn wie sollen im Sinne von Vereinbarkeit von Beruf und Familie, meine Damen und Herren von der Stadtpolitik, es möglich sein, so viele verschiedene Termine ohne Auto zu absolvieren, noch dazu, wo die Öffnungszeiten von Kindergärten und Schulen unflexibel sind, wo das Schulsystem die umfassende Bildung an einem Ort nicht beinhaltet und Musikunterricht, Sportunterricht aus dem regulären Stundenplan fallen. Denken wir an die Pendler, an Berufsgruppen, die für ihre wirtschaftliche Basis individuelle Mobilität brauchen, für ihr Einkommen, für ihr Arbeitsleben. Die Stadt Wien verschärft die Situation der Autofahrer, indem die gemeindeeigenen Fahrflächen reduziert werden, obwohl die Autofahrer zur Finanzierung des Bundes- und Landesbudgets einen erheblichen Beitrag leisten.

 

Ich möchte Ihnen hier ein paar Zahlen nennen, die vielleicht auch ganz interessant sind. Ich meine, mit Zahlen haben Sie nicht viel am Hut, aber ich versuche es Ihnen trotzdem zu erklären: 2007 nahm der Bund 11,3 Milliarden EUR alleine an Steuern, Abgaben und Mauten aus dem Straßenverkehr ein. Dazu kommen zusätzlich indirekte Leistungen aus der öffentlichen Hand, die Lohnsteuerleistungen und die gesicherten Arbeitsplätze aus der automotiven Industrie. (GR Mag Rüdiger Maresch: Der Parkraum kostet doppelt soviel!) Aber 11,3 Milliarden EUR werden eingenommen. Machen mir nachher eine kleine Rechnung, meine Redezeit ist jetzt zu kurz. (GR Mag Rüdiger Maresch: Was kosten Garagen!)

 

Spezifisch gesehen hat Wien 2006 allein von der Parkometerabgabe 44,5 Millionen EUR eingenommen. Diese Einnahmen werden, wie wir ja wissen, durch Ihre Belastung von weiteren 50 Prozent Parkgebühren weiter steigen. In Wien sind mit dem Verkehr und dem Transport 2 600 Betriebe und 70 000 Arbeitsplätze direkt verbunden. (GR Mag Rüdiger Maresch: Das ist eine Phantasie der Wirtschaftskammer!) Nein, das ist keine Phantasie Wirtschaftskammer, aber Sie möchten es halt nicht wahrhaben, dass Menschen arbeiten, (Beifall bei der ÖVP.) ihren Beruf ausüben und immer mehr Leute auch berufsspezifisch auf ein Auto angewiesen sind, weil es einfach Berufsgruppen auch braucht, die mehrere Termine an verschiedenen Orten haben. (GR Mag Rüdiger Maresch: Und was ist mit dem öffentlichen Verkehr, Frau Kollegin!)

 

Denken Sie nur einmal an die Pendler - auch nicht uninteressant -, 500 000 Menschen in Wien sind Auspendler, das heißt, Sie müssen für ihren Job entweder in einen anderen Bezirk oder außerhalb Wiens fahren. Die Arbeitsbevölkerung beträgt 837 000 Personen, das bedeutet, dass 90 Prozent der Wiener Arbeitnehmer in irgendeiner Form Pendler sind.

 

Die Stadt Wien hat leider nichts unternommen, aus eigener Kraft das Straßennetz oder die Parkflächen entsprechend auszuweiten. Die Fahrbahnflächen sind in Bezug auf den flüssigen Verkehr sogar leicht rückläufig, die Zahl der Kraftfahrzeuge ist um 24 000 gestiegen, und die Parkflächen sind ebenfalls rückläufig.

 

Bis 2020 wird die Zahl der Autofahrer um 110 000 in Wien steigen. Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, nur zur Bedürfnislage der Bevölkerung: 78 Prozent der Jugendlichen antworten auf die Frage, was sie als erste Investition tätigen werden: Ein Auto. Ich weiß nicht, wie Sie es den Jugendlichen erklären wollen, dass ihr Wunsch, ihre erste Investition, von Ihnen nicht berücksichtigt wird.

 

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