Gemeinderat,
31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 95
Zusammenhang bedeutet für Sie, dass Sie hinsichtlich all jener, die zur Aufklärung der Missstände beitragen wollen, Transparenz haben wollen, aber nicht umgekehrt.
Ein letztes Zitat aus der Pressemeldung möchte ich
noch kommentieren. Sie schreiben: „Der Zielplan für die psychiatrische und psychosoziale
Versorgung in Wien wurde im April 1979 vom Wiener Gemeinderat einstimmig
genehmigt. Wien hatte hier eine Österreich-weite und internationale
Vorreiterrolle, und diese Grundsätze haben weiterhin Gültigkeit. Wir werden an
diesen Grundsätzen festhalten.“
Meine Damen und Herren! Dass Sie an den Grundsätzen
von 1979 festhalten wollen, ist für die Patientinnen und Patienten schlichtweg
eine Drohung! Das zeigt, dass Sie hier noch keine Einsicht haben und nichts
ändern wollen. Und das zeigt einmal mehr, wie wichtig diese
Untersuchungskommission ist!
Meine Damen und Herren! Meine tiefste Überzeugung ist
es, dass sich ein Politiker oder eine Politikerin an den Bedürfnissen der
Menschen orientieren muss, und es macht uns betroffen, dass eine Gesundheitspolitikerin
die Bedürfnisse von Patienten und Pflegepersonal aus den Augen verliert und
deren Agieren somit völlig aus dem Lot gerät. (Beifall bei der ÖVP.)
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die
SPÖ-Stadtregierung ist vollkommen abgehoben von den Bedürfnissen der Menschen
in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste am Wort ist Frau GRin Klicka. –
Bitte.
GRin Marianne Klicka
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtinnen! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich möchte zu Frau Korosec gleich zu Beginn sagen,
dass diese Stadt nicht den Sozialdemokraten allein gehört. Vielmehr betreiben
wir gelebte Demokratie, und diese Stadt gehört uns allen. (Zwischenruf von GR
Alfred Hoch.)
Ich denke, das ist ein Grundsatz, der für Sie auch in
der Untersuchungskommission gelten sollte, nämlich dass die Bürgerinnen und
Bürger und die Patientinnen und Patienten dieser Stadt einen hohen Stellenwert bei
unserer Arbeit haben und wir alle gemeinsam das Beste für sie herausholen
sollen. Dass wir gelebte Demokratie in den Vordergrund unseres politischen
Handelns stellen, zeigt auch die Einsetzung dieser Untersuchungskommission, die
in Wien ein Minderheitenrecht ist, im Gegensatz zum Bund, wo wir sehr deutlich
sehen, dass die ÖVP, wo sie nur kann, Untersuchungskommissionen ablehnt oder
verhindert.
Sie haben die Untersuchungskommission betreffend
Lainz vielfach erwähnt, und ich möchte einleitend einiges dazu sagen. Frau
Praniess-Kastner war damals noch nicht dabei, aber Frau Kollegin Korosec und
viele andere KollegInnen, die hier im Raum sind. – Wir hatten schon lange,
bevor die Untersuchungskommission zu tagen begann, eine Geriatriekommission
geplant, die sich mit dem Leben der älteren Menschen in dieser Stadt
beschäftigen sollte. Daraus entstand ein Geriatriekonzept, das schließlich zum
Wiener Wohn- und Pflegeheimgesetz geführt hat, in dem die Ausstattung der
Geriatriezentren, aber auch sämtliche gesetzliche Regelungen für
Heimaufenthalte beinhaltet sind.
Die Untersuchungskommission zu den Missständen –
unter Anführungszeichen – in Lainz, wie Sie sie auch damals bezeichnet
haben, hat letztlich keinen der Missstände, die Sie angeführt haben, ans
Tageslicht gebracht! Es konnten damals alle Kontrollen durchgeführt und es
konnte alles belegt werden, was an Vorwürfen Ihrerseits in den Raum gestellt
wurde. Dass es gewisser baulicher Maßnahmen bedurfte, das haben wir auch alle
festgestellt, Sigrid. Einiges war nicht in Ordnung, und wir haben damals wie
heute festgestellt, dass einiges erst umgebaut werden muss und Probleme
abgebaut werden müssen. Es ist klar, dass wir die Menschen nicht allein lassen
können und Versorgungssicherheit schaffen müssen. Wir werden die neuen Häuser
bauen, aber im Moment gibt es halt leider auch noch immer große Zimmer, in
denen nur vier Betten stehen, die sehr ungemütlich sind. Das wissen wir beide,
wir waren oft genug dort, aber wir können diese Umstände nicht von einem Tag
zum anderen ändern!
Jetzt möchte ich gleich auf den Vorwurf eingehen,
dass seit den 80er Jahren keine Veränderungen stattgefunden haben. – Es
haben sehr wohl sehr große Veränderungen stattgefunden! Frau Kollegin Praniess-Kastner
hat gemeint, dass es gleichsam eine Drohung für die Patientinnen und Patienten
sei, dass die Grundsätze aus dem Jahr 1979, wie die Frau Stadträtin gemeint
hat, weiterhin Gültigkeit haben. Ich behaupte: Das ist keine Drohung für die
Patientinnen und Patienten! Es galten nämlich damals schon Grundsätze, die sehr
zukunftsorientiert und zukunftsweisend für eine moderne Psychiatrie waren, wie
wir sie in den vergangenen 20 Jahren aufgebaut haben und erleben.
Es geht dabei um die Gleichstellung psychiatrisch
Kranker mit anderen Kranken, und das ist ein moderner Grundsatz. Wir wollen,
dass die psychisch Kranken nicht stigmatisiert werden. Wir wollen, dass sie die
gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu Behandlungen haben und dass sie sich
nicht fürchten oder für jene Defizite, die sie haben, schämen müssen. Diese
Defizite treten halt nicht an einem Organ auf, sie sind nicht operierbar und
können meist nicht einer raschen Heilung zugeführt werden, sondern diese
psychischen Defizite nehmen oft einen sehr langen und unangenehmen
Heilungsverlauf.
Zur Regionalisierung: Wir haben damit schon begonnen,
das ist aber natürlich auch immer mit großen baulichen Maßnahmen verbunden, und
daher kann dieses Thema nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Es gibt
aber bereits im Kaiser-Franz-Josef-Spital und im SMZ-Ost vor Ort
regionalisierte Einrichtungen, und diese Regionalisierung wird jetzt sehr rasch
auch mit dem Krankenhaus Nord und in anderen Einrichtungen umgesetzt werden
können.
Ein weiteres Ziel sind
multiprofessionelle Teams, also
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