Gemeinderat,
31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 95
dass der starke Preisanstieg, die Inflation in Österreich, teilweise hausgemacht ist -, ist ja genau das, was wir hier schon seit Langem immer wieder eingemahnt und aufgezeigt haben. Die externen Faktoren - die hohen Rohstoffpreise, das Euro-Dollar-Verhältnis - können wir lokal nicht beeinflussen, wir sollten uns an die hausgemachten Inflationsfaktoren wenden.
Die Nationalbank schreibt hier unter anderem: Als
Preistreiber erwies sich vor allem der öffentliche Sektor. Die Gebühren
beziehungsweise Preise für Müllabfuhr, Parken, Rezepte, Bahn, Post seien
überdurchschnittlich stark gestiegen. Bereits geplante Gebührenerhöhungen
sollten ausgesetzt werden. Das Budgetdefizit ist auch jetzt noch zu hoch und
wirkt inflationstreibend.
Meine Damen und Herren! Das sagt keine politische
Partei, das sagt eine Institution, deren fachliche Kompetenz, glaube ich,
unbestritten ist. Wenn wir über die Inflationsbekämpfung sprechen, dann sollten
wir nicht zu Primitivmodellen und -methoden greifen, zu diesem almosenhaften
Geldausteilen. Früher hätte man gesagt, man macht Inflationsbekämpfung mit der
Notenpresse: Das Geld, das man nicht hat, wird eben kurzerhand gedruckt und
ausgeteilt. Aber es sagt schon das kleine volkswirtschaftliche Einmaleins, dass
genau mit einer solchen Politik Inflation erst erzeugt wird, der Geldwert
ausgehöhlt wird und eine Inflationsspirale in Gang kommt.
Staatsschulden sind ja nichts anderes; Geld, das noch
nicht erwirtschaftet wurde, wird ausgegeben. Hereingebracht wird es entweder
über Steuern von morgen - da sind es wiederum die Bürger, die es bezahlen
müssen - oder durch eine höhere Inflation, die alle vorhandenen Geldwerte
entwertet und somit letztendlich den Menschen das, was in die eine Tasche
almosenhaft hineingesteckt wird, auch schon wieder herausnimmt.
Meine Damen und Herren! Bevor wir hier wie in einem
Dritte-Welt-Land Hunderter oder auch zwei oder drei Hunderter verteilen, was ja
am Phänomen der Inflation nichts ändert - es wird deswegen das Wohnen und so
weiter nicht billiger, ganz im Gegenteil, die höheren Schulden belasten die
Menschen und nehmen den Spielraum für eine Steuerreform, die wir uns alle
wünschen und die auch dringend notwendig ist -, sollten wir uns doch den
hausgemachten Faktoren zuwenden.
Eine große Stadt wie Wien mit einem umfassenden
Serviceangebot, aber auch mit einem entsprechenden Geldbedarf ist natürlich ein
nicht zu vernachlässigender Faktor bei der Berechnung des Warenkorbes. Hier hat
sich die Stadt eigentlich seit vielen Jahren als Inflationstreiber
Nummer 1 erwiesen: Sprunghaftes Ansteigen der Parkgebühren, der Müll- und
Abwassergebühren, der Gebühren für die öffentlichen Verkehrsmittel hat dazu
geführt, dass das Wohnen teurer wird. Denn diese Kosten fließen ja in die
Betriebskosten ein, für die privaten Haushalte, aber natürlich auch für die
Geschäfte. Es werden Ihre eigenen Bezirke damit belastet, weil sie die
Betriebskosten für Amtsgebäude, für Schul- und sonstige öffentliche Gebäude
tragen müssen. Das ist eigentlich der Bereich, für den Sie zuständig sind und
in dem Sie dringenden Handlungsbedarf haben.
Sie haben noch dazu im letzten Jahr ein
Inflationskarussell, eine Valorisierungs-Automatik beschlossen und haben damit
sozusagen dazu beigetragen, dass es hier ein Wiener Inflations-Perpetuum-mobile
gibt: Wenn alles teurer wird, werden die städtischen Gebühren automatisch
angepasst; das ist wiederum der Grund dafür, dass andere Kostenfaktoren weiter
in die Höhe gehen, und so weiter und so fort. (GR Christian Oxonitsch: Wer war der Letzte, der das
unterschrieben hat, diese Erhöhung der Gebühren? Das war der Herr Molterer! Ist
das richtig?)
Ja, aber erstens handelt es sich hier, Kollege
Oxonitsch, um ganz andere Gebühren. Denn die Reisepassgebühr, die man alle zehn
Jahre zu bezahlen hat, ist weitaus weniger inflationswirksam als andere
Gebühren. Und ich darf Sie daran erinnern, dass der Herr Finanzminister der
Erste war, der von allen Gebietskörperschaften einen Gebührenstopp verlangt
hat! (GR Christian Oxonitsch: Nachdem
er unterschrieben hat! Das ist originell! - Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)
Na ja, jetzt haben sich die Rahmenbedingungen
geändert. Die ÖVP auf Bundesebene
ist bereit, den Gebührenstopp auf Bundesebene
durchzusetzen. Nur Sie sind nicht bereit, in Wien einen Gebührenstopp
festzulegen. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Aber es passt natürlich in das wirtschaftspolitische
und gesellschaftspolitische Konzept der SPÖ, die ja Abhängigkeiten schaffen und
bestehende Abhängigkeiten verstärken möchte, um den Menschen sozusagen dazu zu
machen, dass er kommen muss. (GR
Christian Oxonitsch: Warum hat dann die ÖVP dieses System
beschlossen ...?) Ich bin schon sehr gespannt, wo man sich den
Inflations-Gusi-Hunderter abholen kann, so er beschlossen wird. Vielleicht im
SPÖ-Sektionslokal? Meine Damen und Herren, das ist Wirtschaftspolitik aus dem
Mittelalter, und für diese Wirtschaftspolitik stehen wir nicht zur Verfügung!
(Beifall bei der ÖVP. - GR Christian
Oxonitsch: Im Bund beschließt Ihr das System! Dort geht es und hier nicht!
Interessant!)
Sie haben eine sehr lange Tradition darin - und Sie
haben es beinahe zur Virtuosität gebracht -, dass Sie immer Ihre Verantwortung
lokal abschieben und auf eine nächsthöhere Ebene delegieren. (GR Christian Oxonitsch: Nein, nein!)
Bevor Ihr Bürgermeister sich ständig Gedanken über eine Bundessteuerreform
macht, soll er doch endlich eine Wiener Landessteuerreform angehen, meine Damen
und Herren! (Beifall bei der ÖVP. - GR
Christian Oxonitsch: Sie beschließen dort drüben ein System, das aber
hier ...!)
Es ist genauso wie im
Schulbereich: Bevor Sie Ihre eigenen Pflichtschulen sanieren, redet man ständig
von neuen Organisationsmodellen, für die jemand anderer zuständig ist. Hier im
Wiener Gemeinderat reden wir über die Gestaltungsinstrumente der Wiener
Politik! (GR Christian Oxonitsch: Sie
sind der lebende Widerspruch!) Das sind Ihre Gestaltungsinstrumente auch zur
Inflationsbekämpfung, und die haben Sie bis dato nicht wahrgenommen. Aus diesem
Grund bringen meine Kollegen Matthias Tschirf, Fritz Aichinger, Barbara
Feldmann und
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