Gemeinderat,
30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 95
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Bacher-Lagler. Ich erteile es ihm.
GR Norbert Bacher-Lagler (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die nun angesprochenen Postnummern, betreffend die
Vergabe von Fördermitteln für bestimmte Organisationen, die sich mit
MigrantInnen beschäftigen, zugewanderten Menschen, die sich in diese Stadt
integrieren wollen, sind natürlich ein Teil einer Vielzahl von
Unterstützungsmöglichkeiten, die die Stadt Wien Vereinen zugesteht, weil sie
eine hervorragende Arbeit in der Integrationspolitik und für die Integrationspolitik
dieser Stadt machen.
Speziell der Verein Station Wien ist ja ein Verein,
der bereits sehr viele Vorzeigeprojekte in Wien durchgeführt hat. Ich nehme
hier Bezug auf den Kontakte-Pool, wo sehr wohl großartige
integrationspolitische Maßnahmen gesetzt werden, indem hier probiert wird,
einheimische Mitmenschen mit Migrationshintergrund miteinander in Kontakt zu
bringen, die Freizeit zu gestalten, Sprachfördermaßnahmen nicht nur in die
Schule, in den Kindergarten oder in den Abendunterricht zu bringen, sondern
direkt im privaten, persönlichen Austausch Jugendliche und Kinder von
MigrantInnen entsprechend zu unterstützen, auch innerhalb des Kontakte-Pools,
wo Eltern den Kindern anderer Personen mit Migrationshintergrund im
Freundeskreis Lernhilfe geben, wo sie gemeinsam die Kinder vermischen in der
Kultur, in der Sprache, in der gemeinsamen Betätigung der Hausaufgaben und der
Lernbereiche der jeweiligen Jugendlichen.
Daher ist gerade Station Wien ein Beispiel für eine sehr
erfolgreiche Maßnahme, die unter anderem auch „Mama lernt Deutsch"
unterstützt. „Mama lernt Deutsch" ist ja schon ein Synonym für eine
erfolgreiche Tätigkeit in diesem Bereich, weil gerade die Niederschwelligkeit
in diesem Bereich das Hervorragende an dieser Maßnahme ist. Wir wollen - und
das ist ja einer der Gründe, warum hier auch die Fördersumme erhöht wird - in
diesem Bereich zusätzliche Kurse, zusätzliche Maßnahmen anbieten. Das erfordert
beim Verein zusätzliches Personal, das fachlich erstklassig ausgebildet sein
soll, um gerade hier die Frauen, die Mütter von Kindern, die bereits in den
Kindergärten sind, die auch in den Schulen sind, dementsprechend begleitend zu
unterstützen.
Ich denke dabei an diese Niederschwelligkeit - das
bedeutet, dass Menschen allein aus der Angst, nicht die Sprache zu kennen, gar
nicht aus den Wohnungen gehen, was auch sehr oft bei Frauen, bei Hausfrauen in
Migrationsbereichen der Fall ist - und daran, dass wir hier sehr gute
Erfahrungen haben. Diese Angst zu nehmen, sich mit den Kindern in der Schule zu
zeigen, sich mit den Kindern in der Schule bei Festen zu präsentieren, aus der
Wohnung herauszukommen und dementsprechend die Schritte auch in die richtige
Richtung zu bringen, ist eigentlich das Erfolgsrezept dieser Maßnahme.
Es ist nicht Ziel der Maßnahme, hier die Matura in
Deutsch zu bringen, sondern Ziel der Maßnahme ist es, Frauen die Angst davor zu
nehmen, die Sprache zu lernen, und dadurch in diesen Belangen auch einen
richtigen Schritt in eine gute Zukunft zu machen. Ich glaube, das ist der
richtige Schritt. Das heißt, Schritt für Schritt bestimmte Zielgruppen
anzusprechen und dementsprechend auch aus der Defensive zu locken, um die
Zukunft dann gezielt in die Hand der jeweiligen Betroffenen zu bringen. Es ist „Mama
lernt Deutsch" dementsprechend ein Erfolgsfaktor und natürlich für die
Kinder, für die Jugendlichen dieser Mütter auch ein Erfolgsrezept.
Es gibt leider nach wie vor sehr oft die Situation,
dass sich Kinder für die Eltern schämen, weil sie die Sprache nicht können.
Allein diesen psychologischen Druck für die Elternteile und für die Kinder
praktisch wegzunehmen, ist, glaube ich, so wichtig, dass sich auch dieser
Betrag auszahlt. Es sind da schon sehr viele Mütter und Kinder auch praktisch
betreut worden, und ich denke, das ist der richtige Ansatz.
Der zweite Punkt - das wurde ja bereits von meiner
Vorrednerin angesprochen - sind diese Kleinvergaben. Natürlich schaut es jetzt
so aus, wenn man hier parteipolitisch agiert und bestimmte politische Ziele ansprechen
und auch an die Bevölkerung bringen will, dann macht man das, wenn man es so
erklärt, wie es vorher erwähnt wurde, mit diesen zahlreichen kleinen Beträgen,
wodurch man Vereine für bestimmte Jahresfeierlichkeiten von bestimmten Ländern
unterstützt, natürlich aus unseren Steuermitteln. Die größte Gefahr - und ich
meine jene Länder, wo wir natürlich genauer schauen, Vergleiche ziehen,
Messlatten anlegen, wie schaut dort die Integrationspolitik aus, wo gibt es
Probleme in der Integrationspolitik? - sind jene Länder, die diesen Menschen
tatsächlich nicht die Möglichkeit geben, diese Veranstaltungen durchzuführen.
Denn was ist eigentlich das Problem der
Integrationspolitik, auch bei den Jugendlichen? Es ist meistens jenes, dass ich
sage: Ich bin zwar da auf die Welt gekommen, ich bin schon jahrelang da, ich
bin nicht da zu Hause, ich bin aber auch nicht in jenem Land zu Hause, aus dem
meine Eltern oder meine Großeltern herkommen. In Wahrheit ist es diese
Orientierungslosigkeit, die oft in der Integrationspolitik in Ländern, die dies
nicht machen, praktisch die große Gefahr hervorruft, dass es tatsächlich zu
Problemen kommt. Das wollen wir in Wien nicht machen.
Wir wollen diesen Menschen zeigen: Wir akzeptieren,
dass eventuell das Herkunftsland der Großeltern und der Eltern nicht jenes ist,
wo ihr jetzt lebt; und daher wollen wir auch, dass ihr euch damit beschäftigt,
wo ihr herkommt. Aber gleichzeitig wollen wir auch, dass ihr euch hier bei uns
wohl fühlt und dass ihr auch hier bei uns dementsprechend die Möglichkeiten
annehmt, die wir euch gewähren.
Und dann sind es diese kleinen
Vereine, die tatsächlich versuchen, mit Unterstützung der Stadt Wien dieses
Anbot zu legen: Beschäftigt euch mit euch, beschäftigt euch mit dem, von wo die
Eltern sind, mit der Kultur;
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