Gemeinderat,
30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 95
50 zu 50-Regelung. Das ist gut so. Wir
haben aber nichts im Bereich des Straßenbahnbaus. Man könnte sich doch
überlegen, über den Klimaschutzfonds oder über andere Finanzierungsinstrumente
für Wien, aber auch für Salzburg, Graz, Linz oder andere Städte für den
schienegebundenen öffentlichen Verkehr eine Bundesunterstützung unter Umständen
von einem Drittel zu erlangen! Ich glaube, das würde einen Boom des Straßenbahnverkehrs
oder des Elektro-O-Bus-Verkehrs in Salzburg mit sich bringen! Und ich glaube,
wenn man rechnet, wie viel CO2 man mit einem Euro reduzieren kann,
dann ist die Investition in den schienengebundenen öffentlichen Verkehr ganz
weit oben zu sehen!
Ich bitte, das als Appell zu betrachten, über Wien
hinaus zu denken und sich langfristige Finanzierungsfragen einfallen zu lassen!
Ich komme zum Abschluss, denn es würde die Zeit
sprengen, den ganzen Verkehrsbereich abzudecken, und ich möchte meine 40 Minuten
bei Weitem nicht ausschöpfen.
Ich schließe mit Optimismus: Ich erinnere noch einmal
an die großen Erfolge mit einzelnen Pilotprojekten. Ich nenne zunächst das
Projekt Bikecity, das am Anfang nicht bei allen auf Unterstützung stieß, wofür es
aber prinzipiell eine positive Grundstimmung gab. Bei diesem Projekt wird in
Qualität für die Radfahrer investiert, indem zum Beispiel man weniger
Stellplätze errichtet, weil es dort einen höheren Anteil an Rädern gibt. Beim
ersten Projekt am Nordbahnhof-Gelände gab es für 99 Wohnungen
5 500 Voranmeldungen! Das muss man sich vorstellen! Es gibt ein
großes Klientel an Menschen, die sagen: Wenn die Gegend gut erschlossen ist,
ist das Fahrrad ein optimales Verkehrsmittel, und zwar aus gesundheitlichen
Gründen, aber auch aus Freiheitsgründen: Es ist einfach klass’, wenn man, wenn
alle im Stau stehen, einfach vorbeifahren kann, insbesondere an SUVs und
entsprechend großen Dienstwagen!
Es gibt jetzt einige weitere Projekte. Ich glaube,
wir sollten das noch weiter verbreitern und wir sollten nicht Einzelfälle
betrachten, sondern vor diesem Hintergrund das Garagengesetz überdenken. Ich
möchte Ihnen ein Beispiel aus Zürich bringen: Dort gilt nicht wie in Wien der
Grundsatz: eine Wohnung, ein Stellplatz, sondern es werden, wenn die Gegend
besser erschlossen ist, aus Verkehrslenkungsgründen Obergrenzen für Stellplätze
eingeführt. Im Stadtzentrum dürfen nicht mehr als 10 Prozent Garagen
errichtet werden, weil ein Anreiz gegeben werden soll, sich anders zu verhalten.
Man könnte, wenn man radikal ist, das Züricher Modell nachahmen. (GR
Dkfm Dr Fritz Aichinger: Man muss sein Auto, wenn man eines hat, doch
auch abstellen können!) Das ist ja der Punkt! Muss man unter allen
Umständen eines haben? (Zwischenruf von GR Robert Parzer.)
Herr Kollege! Jetzt komme ich der ÖVP mit dem freien
Markt: Wenn Sie ein Auto haben, dann wollen Sie es irgendwo abstellen. Und wenn
es folglich eine Nachfrage nach Stellplätzen gibt, dann kostet das eben
marktkonform ein bisserl etwas! Wenn ich eine Wurstsemmel will, muss ich sie
auch zahlen, denn es gibt auch kein Wurstsemmelgesetz, das mir eine
subventionierte Wurstsemmel verschafft! Wenn ich eine Wurstsemmel essen will,
dann muss ich in ein Geschäft gehen, dort verkauft man mir die Wurstsemmel, und
ich muss das zahlen, was die Wurstsemmel kostet.
Das ist eben eine Kernauseinandersetzung in der
Politik: Ist es prioritär eine kommunale Aufgabe, Garagen günstig zur Verfügung
zu stellen, oder tragen der Autohalter oder die Autohalterin dafür Eigenverantwortung?
Kollege! Ich habe noch keinen gesehen, der sein Auto in die Wohnung getragen
hätte. Irgendwo konnten die Leute immer noch parken!
Lange Rede kurzer Sinn: Wenn es eine kaufkräftige
Nachfrage nach Garagen gibt, dann werden sie auch gebaut.
Ich weiß nicht, ob Sie dazu Lust haben und ob ich
dazu Lust habe: Aber wir könnten ja einmal eine Party in den untersten zwei
Geschoßen der Garage auf der Freyung veranstalten. Gehen Sie einmal dort
hinunter! Haben Sie dort jemals seit Errichtung dieser Garage schon ein Auto
gesehen? Ich sage Ihnen: Dort ist überhaupt noch nie ein Auto gestanden! Große
Teile dieser neu gebauten Garagen sind leer! Das ist der Hintergedanke. Reden
Sie auch mit Ihren Bauträgern: Die haben größte Schwierigkeiten!
Was ich damit sagen will: Benützen wir das Geld dort,
wo es wirklich notwendig ist – Stichwort: Volksschulen statt Volksgaragen!
Nützen wir das Geld für Bildungseinrichtungen und überlassen wir die
Verantwortung, dass die Leute ihre Autos parken können, denen, die daran
interessiert sind, nämlich den Autohaltern! Und dass es eine Nachfrage für
Projekte wie Bikecity gibt, zeigt das Hundertfache an Anmeldungen!
Es gibt weiterhin Auto-Zuwachsraten in Indien oder in
China, wo der Autobestand ein Hundertstel des unseren beträgt, in Südamerika
und auch in vielen afrikanischen Staaten. Wenn Benzin weiter teurer wird –
und davon ist glücklicherweise auszugehen, denn der momentane Abschwung des
Ölpreises war temporär –, dann wird sich all das nicht ausgehen. Als Stadt
Wien sind wir daher gut beraten, wenn wir die Voraussetzungen schaffen, dass
dem Fahrrad im öffentlichen Verkehr der Vorrang gebührt. (GR Robert Parzer:
Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein!) Ja! Das ist ein Tropfen, aber
ganz viele Tropfen ergeben letztendlich eine gefüllte Wasserflasche! (Weiterer
Zwischenruf von GR Robert Parzer.)
Kollege Parzer! Wir werden kein neues Ölfeld in Wien
finden! Aber wir können den öffentlichen Verkehr so gestalten, damit man
umsteigen kann und der Fahrradkultur den Weg bereitet. Das ist unsere Aufgabe,
daran appellieren wir, darum werden wir weiter kämpfen, und das sind die Ziele,
die sich die Stadt Wien setzen soll! – Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort ist
Herr GR Hoch.
GR Alfred Hoch
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zwar geht es bei diesem
Tagesordnungspunkt um
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