Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 92 von 117
vielleicht einen Redner/eine Rednerin ans Rednerpult schicken, die erklärt, warum Sie bei Ihrer Entscheidung bleiben. (VBgmin Grete Laska: Warum beantragen Sie nicht die Absetzung?) Vielleicht sehe ich jetzt jemanden von der SPÖ, der mir das alles erklärt! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr GR Dr Wolf. Ich erteile es ihm.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): An sich wollte ich mich nicht zu Wort melden, aber
diese Koalition zwischen Rechts und Links, die auf unterschiedlichen Wegen zum
gleichen Ergebnis kommt, verlangt doch, ein paar Worte zu sagen. (GRin Dr
Sigrid Pilz: Es gibt keine Koalition zwischen Rechts und Links! – Zwischenruf
von GR Mag Rüdiger Maresch.)
Meine Fraktion tritt für die Vergabe der Mittel ein.
Wir werden dem zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass jede Aktion, die an
das verbrecherische Regime erinnert und die Ergebnisse, die dieses Regime
gebracht hat, darstellt, besser ist als keine Aktion. Ich fürchte, es gibt
Kollegen, die lieber keine Aktion hätten.
Zweiter Punkt: Es gibt berechtigte und gute Kritik an
dem, was hier mit dieser Aktion „A Letter to the Stars“ gemacht wird. Ich finde
es ein bisschen altmodisch zu sagen „Klick an!" ist Marketing-Sprache und
daher sind wir dagegen. Nein, es gibt gute Argumente, dagegen zu sein: Es wird
hier mit dieser Aktion das Gegenteil von dem bewirkt, was gemeint ist. Darüber
kann man, soll man und muss man diskutieren, keine Frage!
Das kann aber nicht mit einem Beschlussantrag
passieren, wo es heißt, wir sollen sofort abstimmen, statt das ordentlich und
intensiv zu diskutieren. Wenn Sie auf Zuweisung gegangen wären, würden wir
sofort zustimmen und sagen: Ja, diskutieren wir die Fragen, die offen sind!
Diskutieren wir all diese Probleme, die Sie zum Teil zu Recht angezogen haben!
Ja, es werden falsche Symbole verwendet. Ja, es wird möglicherweise, obwohl das
sicher nicht im Interesse der Initiatoren steht, das Gegenteil erreicht,
nämlich eine Verharmlosung. Okay, über all das soll man intensiv, genau und
ordentlich diskutieren, aber nicht mit einem Antrag, wo dann steht: Es mögen
die ExpertInnen, HistorikerInnen und Organisationen, die im Bereich
Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Österreich ausgewiesen sind, mit dem
beauftragt werden. – Da kann man gleich sagen, wir wissen eigentlich nicht, was
wir tun wollen, aber wir sind dagegen, dass es so gemacht wird, wie zu
beschließen ist.
Das ist unkonkret, das ist nicht präzise, das
ermöglicht keine inhaltliche Auseinandersetzung. Daher werden wir dem Antrag
zustimmen, dass Geld bereitgestellt wird. Wir werden den Beschlussantrag
ablehnen und sind für alle Gespräche jederzeit bereit, um es besser zu machen.
– Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und von Gemeinderäten der
SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen. Der Herr
Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Petr Baxant: Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter
Herr Vorsitzender!
Ich glaube, wir und die Mehrheit dieses Hauses sind
uns alle einig, dass wir wissen, dass Erinnern in Mitteleuropa, in diesem Land,
aber vor allem in dieser Stadt eine überaus wichtige Maßnahme darstellt,
nämlich in der Hinsicht, dass wir wissen, dass alles unternommen werden sollte,
dass niemals wieder so etwas passiert, wie es zwischen 1938 und 1945 passiert
ist, und das, was dazu geführt hat. Jede ernsthafte Initiative ist sinnvoll,
vor allem, wenn sie viele Menschen und wenn sie viele junge Menschen einbezieht
und zur aktiven Teilnahme auffordert.
Ich glaube – und da möchte ich die Frau GRin Pilz
ansprechen –, es ist nicht immer wichtig, vor allem, wenn sich Kinder und
Jugendliche mit diesem Thema beschäftigen, dass man die akademische Wahrheit in
den Vordergrund stellt, sondern dass sich die Kinder wirklich mit der Sache
beschäftigen. Da kann es oft passieren, dass die Kinder gedankliche Fehler
machen, aber sich emotional und auch rational mit dieser Sache zu beschäftigen,
ist, so glaube ich, wesentlich wichtiger in einem gewissen Alter, als dass man
wirklich die akademische Wahrheit beziehungsweise die historische Wahrheit oder
in einem Alter von 11, 12, 13 Jahren sogar die politische Wahrheit immer
in den Vordergrund stellt. Das ist mir ganz wichtig zu sagen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Das rationale Erinnern – ich glaube, das ist auch
wesentlich – braucht es, aber es ist sicher nicht schlecht, wenn man in einer
gewissen Hinsicht emotionalisiert wird. Ich für mich muss sagen, ich wurde
emotionalisiert, als ich das erste Mal mit diesem Thema beschäftigt wurde in
meinen frühen Kindheitsjahren und dann auch in meiner Jugend. Und das hat mir
unter anderem natürlich auch geholfen, mich dann später rational mit diesem
Thema zu beschäftigen und dann wirklich ein Antifaschist zu werden und mich dem
Antirassismus quasi anzuschließen.
Weiters ist es mir wichtig zu sagen, dass natürlich
die Kritik, die geäußert wurde, sehr ernst genommen werden muss. Die Frau StRin
Laska hat ja sofort einen Bericht angefordert. Ich glaube, wir sollten einmal
abwarten, was dieser Bericht bringt, beziehungsweise schauen, ob all das
stimmt, was an Kritik vorgetragen wurde. Bis dahin besteht aber meiner Meinung
nach kein Grund, das Projekt gänzlich in Frage zu stellen.
Und auch ich möchte darauf hinweisen, dass Ihr
Beschlussantrag in einer gewissen Hinsicht interessant ist. Sie stellen ja
keinen Absetzungsantrag und sprechen sich also theoretisch für den vorliegenden
Antrag aus, weil der ja theoretisch dann angenommen werden könnte. Gleichzeitig
stellen Sie in Ihrem Beschlussantrag eine Forderung auf, das Geld anderwärtig
zu verwenden. Mir kommt es so vor, dass in diesem Antrag eine gewisse
Unsicherheit beziehungsweise eine Inkonsequenz vorherrscht. Das heißt, ich
empfehle hiermit, den Beschlussantrag der Grünen Fraktion abzulehnen und dem
Antrag, wie er hier angeführt ist, zuzustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der
SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Wir
kommen jetzt zur Abstimmung.
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