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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 117

 

Jugendwohlfahrt wird auch laufend angepasst. Es gibt ja neue Ansätze. Es gibt Fünftageswohngemeinschaften, es gibt Familien-Coaching, es gibt Familienintensivtraining, den Liaisondienst durch den Psychosozialen Dienst, der auch schon erwähnt worden ist und erst vor Kurzem von den StRinnen Wehsely und Laska vorgestellt worden ist.

 

Ich halte es durchaus für sinnvoll, wie es die Kinder- und Jugendanwälte Österreichs meistens, glaube ich, gefordert haben, dass man einen Runden Tisch zum Thema Jugendwohlfahrt einrichtet, denn ich glaube, die Standards in Österreich sind unterschiedlich. Diese gehören sicher auch harmonisiert. Ich glaube, wir brauchen uns hier in Wien nicht zu verstecken, sondern wir haben sehr hohe Standards in unserer Jugendwohlfahrt. Ich glaube, eine bessere Vernetzung kann nur im Sinne der Jugendwohlfahrtsträger und natürlich der Kinder sein.

 

Aber es sollten, glaube ich, auch keine anlassbezogenen Schnellschüsse passieren. Wenn jetzt zum Beispiel wieder die Anzeigepflicht diskutiert wird, dann sollte man sich genau anschauen, was das Ergebnis und was die Auswirkung dieser gut gemeinten Überlegung sein könnten. Wir hatten schon einmal die Anzeigepflicht bei verletzten Kindern, die dann damals aus einem guten Grund abgeschafft worden ist, zum einen, weil bei Weitem nicht immer, wenn eine Verletzung vorliegt, eine Kindesmisshandlung vorliegt und man das im Krankenhaus sozusagen mit dem Arzt und den Eltern gemeinsam abklären kann, zum anderen aber natürlich auch, weil sich schon die Frage stellt, wenn Eltern ihren Kindern Gewalt antun und ihnen klar sein muss, sie bringen sie ins Krankenhaus und werden dann auf jeden Fall angezeigt, ob sie sie dann überhaupt noch ins Krankenhaus bringen, ob sie sie dann noch einer ärztlichen Versorgung zuführen. Also ich glaube, das muss man sich sehr genau anschauen. Da gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen. Da gibt es auch bei Experten sehr viel Skepsis. Manchmal ist gut gemeint, wie man weiß, auch das Gegenteil von gut.

 

Ich glaube auch, zu diskutieren ist sicher der Vorschlag - Frau Kollegin Smolik hat ihn angesprochen -, dass man in Bezug auf verpflichtende Arztbesuche, Gesundenuntersuchungen, Mutter-Kind-Pass und so weiter diskutiert, wie man vielleicht diese Kontrolle - unter Anführungszeichen - erhöhen kann. Wie man das machen kann, dafür gibt es unterschiedliche Wege.

 

Eine finanzielle Koppelung mit den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, wie auch immer, das ist sicher ein möglicher Weg. Da muss man sich nur dessen bewusst sein, dass diese Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen im Alter von sieben Jahren ziemlich enden und dass es dann eine Lücke gibt, dass es aber auch Acht-, Neun- oder Zehnjährige gibt, die Gesundenuntersuchungen, Arztbesuche und diese Kontrolle haben sollten.

 

Aber ich glaube, es ist uns allen hier bewusst - ich nehme es zumindest an -, dass dies vor allem eine gesundheitspolitische Maßnahme ist. Das heißt, es wäre eine gute Maßnahme, wenn es darum geht, Krankheiten und Probleme frühzeitig zu erkennen. Aber wenn wir uns ehrlich sind, glaube ich nicht, dass da eine Misshandlung entdeckt wird, oder nur in den seltensten Fällen. Eine Misshandlung über eine solche Maßnahme zu entdecken, das grenzt eher an einen Zufall als sozusagen an die Logik. Denn man kann keinen Pflichttermin machen, zu dem jemand eingeladen wird und wo es dann heißt, morgen oder übermorgen melden Sie sich bitte im Krankenhaus Soundso oder bei Herrn Doktor Soundso, da wird ihr Kind untersucht. Das heißt, da gibt es Zeitspannen, und diese Zeitspannen verwischen dann natürlich auch so manches.

 

Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Man wird höchstwahrscheinlich - ich befürchte das auch - immer wieder einzelne ganz schlimme Fälle von Gewalt an Kindern haben, man wird sie wahrscheinlich nie zu hundert Prozent ausschließen können. Aber es wird in Wien sehr viel geleistet, um das zu verhindern, von sehr engagierten Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen, die tagtäglich vor sehr schwierigen Entscheidungen stehen und sich diese Entscheidungen sicher nicht leicht machen.

 

Ich weiß nicht, ob Sie alle das Leitbild der MA 11 kennen. In diesem Leitbild finde ich einen sehr schönen Absatz, der die KlientInnen und die KundInnen betrifft. Dort steht unter „Unsere Grundsätze": „Wir begegnen unseren KlientInnen und KundInnen mit Wertschätzung und Interesse. Offenheit und Transparenz leiten uns bei unseren Handlungen. Krisen nehmen wir als Chance und als Ansatzpunkt für Entwicklungen wahr."

 

Ich glaube, das beschreibt sehr gut, wie die MA 11 arbeitet, wie die Wiener Jugendwohlfahrt arbeitet, die zu den bestausgestatteten nicht nur in Österreich, sondern auch im europäischen Schnitt gehört. Wir und sie haben hier, glaube ich, sehr viel dazu beigetragen, dass sich das Bewusstsein in der Gesellschaft so verändert hat.

 

Es gibt sicher noch einen weiten Weg, und wir sind nicht am Ende dieses Weges, was das Thema Gewalt in der Familie betrifft. Aber ich glaube, es ist sehr viel gemacht worden, und man soll vor allem das Thema nicht an Einzelfällen - die so nicht stimmen, wie sie dargestellt werden - politisch missbrauchen oder politisch dazu nützen, ein ganzes System schlechtzureden. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste am Wort ist Frau GRin Mag Vassilakou. - Bitte.

 

GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Verehrte Damen und Herren!

 

Zunächst möchte ich der mehr oder weniger deutlichen Unterstellung seitens des Herrn Bürgermeisters, man würde einen sehr bedauerlichen und tragischen Fall eines Kindes missbrauchen, um hier Politik zu machen oder politisches Kleingeld daraus zu schlagen, doch entschieden widersprechen!

 

Denn ich denke, unabhängig davon, wie dieser Fall nun verlaufen sein soll, ist es ein guter und ein willkommener Anlass, darüber zu diskutieren, wie es eigentlich bestellt ist um die Sicherheit der Kinder in dieser Stadt. Umgekehrt hätte ich es sehr seltsam gefunden, wenn dieser Fall öffentlich bekannt geworden wäre und wir es nicht für wert befunden hätten, uns die Zeit zu nehmen,

 

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