Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 117
betroffenen Bezirke kommen wird, ist das die einzige
Möglichkeit, als Bezirksmandatare an der UVP aktiv teilzunehmen. Wir werden diese
Chance auch nützen. Wir werden noch einmal vermehrt darauf hinweisen, dass die
Verkehrsproblematik schlimmer wird. Und unsere Forderung ist - und ich erinnere
da an das, was Kollege Madejski gesagt hat, der heute in der Früh da relativ
weit ausgeholt hat -: Sollte die U1-Verlängerung nach Rothneusiedl nicht kommen
- die finanziellen Mittel wurden ja seitens des Bundes zugesagt -, dann hoffe
ich doch, dass man sich noch einmal die Linienführung der U2 ansieht und diese
Mittel vielleicht doch verwendet, um eine zweite U-Bahn-Anbindung am
Hauptbahnhof in Erwägung zu ziehen. Wie gesagt, 175 000 Personen werden
täglich den Hauptbahnhof frequentieren. Es ist aus unserer Sicht und auch aus
Sicht vieler Experten unmöglich, dass man das mit einer einzigen U-Bahn-Anbindung,
die noch dazu räumlich doch etwas entfernt ist, schaffen kann. Ich glaube,
darüber sollte man sich noch einmal den Kopf zerbrechen. Ich hoffe, dass die
heutige Abstimmung über dieses Finanzierungsübereinkommen
den Startpunkt dafür bildet, den Verkehr in den Bezirken um den Hauptbahnhof
noch einmal neu zu diskutieren.
Abschließend möchte ich
noch ein persönliches Anliegen vorbringen, und zwar: Ein Punkt in diesem
Finanzierungsübereinkommen ist auch der Bahnhofsvorplatz Süd, das heißt - für
die, die da nicht so eingelesen sind - die mögliche Anbindung des
Hauptbahnhofes an die Fußgängerzone. Wir wissen zwar jetzt, wer für die
Errichtung zuständig ist - das sind die ÖBB -, wer dann für die Säuberungen
zuständig ist - das ist die Stadt Wien -, aber wir wissen noch immer nicht, wie
dieser Platz aussehen wird und wie diese Anbindung an eine doch sehr wichtige
wirtschaftliche Einheit in unserem Bezirk ausschauen wird.
Ich bitte darum, dass man
sich da wirklich einiges überlegt. Wir brauchen eine starke Fußgängerzone! Es
ist ein traditioneller Bezirkskern. Und ich denke, dass es auch zur Identität
eines Bezirkes gehört, dass man eine gewachsene Einkaufsstraße nicht nur
erhält, sondern dass man ihr auch eine Perspektive gibt. - Danke. (Beifall bei
der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Maresch. Ich
erteile es ihm.
GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Kollege Hoch hat jetzt die Vorzüge der
Bürgerinitiativen gepriesen. Die ÖVP ist offensichtlich draufgekommen, dass
auch sie Bürgerinitiativen machen kann. Mir unterstellt Herr Kollege Hoch ja
immer wieder, ich sei so gerne bei Bürgerinitiativen. Also, ich garantiere ihm:
Eine gibt es, wo ich nicht gerne dabei bin, das ist die ÖVP-Bürgerinitiative!
Ganz sicher nicht! Denn ich finde ja Folgendes interessant: Die
Bürgerinitiativen haben Parteistellung, und ich kann mir schon vorstellen, dass
die ÖVP da ein bisschen ein Problem hat mit der Parteistellung. Aber die ÖVP
sitzt ja in der Bundesregierung, die meines Wissens schon einen gewissen
Einfluss auf den Infrastrukturminister und ein bisschen einen Einfluss auf die
ÖBB hat. Und die ÖVP ist ja auch vorher in einer Bundesregierung gesessen, wo
sie ebenfalls einen gewissen Einfluss hatte auf einen Herrn, dem Vorarlberg zu
klein war - oder zu groß, das weiß man nicht so genau. Faktum ist auf jeden
Fall, dass die ÖVP das Mittel der Bürgerinitiative oder einer
ÖVP-Bürgerinitiative braucht, um dort ihre Dinge unterzubringen. - Das ist die
eine Sache.
Die zweite Sache ist: Die ÖVP hängt noch immer dem
Glauben an, dass man eine Teilrechtsfähigkeit für Bezirke braucht, wie für die
Wieden zum Beispiel, damit man dort mitbestimmen kann. Wir sagen: Unterstützen
Sie die Bürger in ihrem gerechten Wunsch nach Teilhabe und Mitbestimmung! Das
ist vielleicht klüger, als eine eigene Bürgerinitiative zu gründen.
Damit komme ich schon zum wichtigsten Kritikpunkt an
dem Projekt: Es gibt drei Umweltverträglichkeitserklärungen und damit natürlich
auch drei Umweltverträglichkeitsprüfungen, und die sind eigentlich nahezu
gleichzeitig; und zwar die eine - zum Gleisbau - im März und im April, die
andere - zum Städtebau - im April und im Mai, und auch die zum Straßenbau im
April und im Mai. Wie sollen Bürger und Bürgerinnen jetzt in der
Geschwindigkeit gleichzeitig jeweils Massen von Unterlagen lesen? – Wenn man
jetzt sagt, das sei Bürgerbeteiligung oder eine Form von Bürgerbeteiligung,
wenn die Bürger 3 000 Kilo Papier innerhalb einer Woche lesen sollen und
dann noch Berichte durchlesen sollen und auch Entgegnungen schreiben sollen,
die auch bewertbar sind, dann sage ich: Das ist in Wirklichkeit keine
Bürgerbeteiligung, sondern das ist eine Irreführung der Bürger – und in diesem
Fall nicht der Behörden.
Wir verlangen in diesem Fall als Erstes Zeit und
Geld, damit Bürger und Bürgerinnen sich adäquat vorbereiten können auf eine
wohltuende Auseinandersetzung mit den Behörden, aber auch mit dem Betreiber,
damit vielleicht ein besseres Projekt herauskommt als das eingereichte. Das ist
nämlich wirklich Bürgerbeteiligung - und nicht das andere, wo man g'schwind,
g'schwind etwas hinbiegt, an die Leute über den PID einen Zettel ausschickt,
und das war's dann. Das ist nämlich keine Bürgerbeteiligung!
Was ist noch kritikwürdig? - Wenn man sich das
Projekt anschaut, dann muss man feststellen, dass das Planungsgebiet viel zu
eng gezogen ist; keine Frage, da bin ich durchaus mit der ÖVP einer Meinung. Es
kann nicht sein, dass nur ein Bereich von 100 m um den Bahnhof das
Planungsgebiet ist! Wir müssen alle Bezirke einbeziehen: den Nordteil des
10. Bezirks, den 3. Bezirk, den 4. Bezirk und den
5. Bezirk. Das wäre ein wirkliches Plangebiet, auf das sozusagen Rücksicht
genommen werden müsste bei einem solchen Verfahren.
Zweiter Punkt: Alle Bahnhöfe sind
normalerweise, wenn man so will, ein Hort für Wohnungslose, ein Hort für sozial
Schwache. Wir brauchen dort Räume, Räumlichkeiten für solche Mitbürger und
Mitbürgerinnen. Das ist in diesem Projekt nicht vorgesehen! Wir glauben, es ist
notwendig, dass man sich damit auseinandersetzt, sonst ergeht es uns so wie
anderswo, in anderen
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