Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 117
Raum gebaut wird, ist doch im höchsten Interesse der Stadt Wien, weil der Augarten befindet sich ja bekanntlich hier und nicht in Niederösterreich, nicht im Burgenland und nicht in Vorarlberg. Es wurde keine Diskussion in der Öffentlichkeit zugelassen, der Herr Bürgermeister hat sich schon sehr früh auf die Sängerknaben festgelegt, und er hat uns das mittels „Kronen Zeitung“ kundgetan. Und die AnrainerInnen wurden zwar jetzt gefragt, sie durften sich beteiligen, aber auf das Ergebnis einer solchen Beteiligung wurde überhaupt nicht gewartet. Das, meine Damen und Herren, ist haltungslose Politik. Sie ist auch haltungslos gegenüber den Anrainerinnen und Anrainern.
Der Bund entscheidet. Gut, das wissen wir, aber Wien
muss ein immenses Interesse daran haben, welche Gebäude auf diesen Grundstücken
errichtet werden, und kann immer noch Einfluss darauf nehmen.
Baugenehmigungen müssen erteilt werden, und
Baugenehmigungen können erst dann erteilt werden, wenn ein
BürgerInnenverfahren, ein BürgerInnenbeteiligungsverfahren, abgewartet ist. Und
ich fordere Sie hier und jetzt auf, keine Baugenehmigung im Augarten zu
erteilen, bevor der BürgerInnenbeteiligungsprozess beendet ist. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Was ist Politik, meine Damen und Herren? Politik
bedeutet öffentlicher Diskurs, bedeutet eine Diskussion darüber, was in dieser
Stadt gebraucht wird, was in einem Bezirk gebraucht wird, bedeutet
kulturpolitische Diskussion, bedeutet Teilhabe. Und Teilhabe bedeutet, die
AnrainerInnen mitsprechen zu lassen, bedeutet, die Kulturveranstalter und
–veranstalterinnen, die Kulturschaffenden dieser Stadt, mitreden zu lassen und
bedeutet schlussendlich, als Stadt auch eine Haltung zu haben. Und diese vermissen
wir in dieser Frage. Es ist eine schweigende Kulturpolitik.
Und hier möchte ich ganz ausdrücklich noch dazusagen,
dass wir jetzt nicht nur von der Wiener Kulturpolitik sprechen, sondern auch von
der Kulturministerin, die in diesen Fragen kein Wort gesagt hat, die im
Nachhinein bedauert, die im Nachhinein eine Haltung kundtut und so tut, als ob
man irgendwie die Angst hat, Wählerinnen oder Wähler zu verlieren. Das ist auch
Haltungslosigkeit, meine Damen und Herren. Und ein Wirtschaftsminister, der als
alleiniger Herrscher über den Augarten Kulturpolitik machen kann: Wenn das so
ist in dieser Republik, dann stimmt etwas nicht, ganz eindeutig nicht.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie inständig, vor
allem die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie, tun wir jetzt noch
was, es ist noch nicht zu spät. Lassen wir die Bürgerinnen und Bürger im
Augarten teilhaben an der Gestaltung des Augartens und lassen wir nicht einen
Wirtschaftsminister allein entscheiden. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als nächster Redner am
Wort ist Herr GR Hoch.
GR Alfred Hoch (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte
Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte beginnend nur sagen, Kollege Schreuder,
Bartenstein hat natürlich als Eigentümervertreter gehandelt und ich glaube, es
liegt ihm auch fern, Kulturpolitik zu machen. Ich werde aber jetzt in meinem
kurzen Statement … (GRin Dipl-Ing Sabine Gretner: Auch das ist
Kulturpolitik!) Kollegin Gretner, bitte, ich glaube, das war ja heute von
einigen Kollegen schon relativ gut abgehandelt. Also, Ihre Rolle da jetzt bei
dieser Diskussion um eine angeblich nicht stattgefundene Bürgerbeteiligung, um
Besetzungen des Areals, ist schon sehr fragwürdig, und eigentlich meine ich,
ich schätze Sie sehr als Kollegin, aber das ist Ihrer nicht wirklich würdig,
das muss ich schon sagen. Die Diskussion Augarten war ja nicht wirklich
sachlich, sondern wurde in den letzten Monaten von den Grünen leider relativ stark parteipolitisch missbraucht. (GR
Mag Rüdiger Maresch: Die GRÜNEN sind nicht in der Bundesregierung!) Die Grünen sind nicht in der
Bundesregierung, Gott sei Dank, würde ich sagen, und das unterschiedet uns,
genauer gesagt, die ÖVP-Minister, von den SPÖ-Ministern, dass wir halt relativ
rasch Nägel mit Köpfen machen. Ja, das unterscheidet uns. (Beifall bei der
ÖVP.)
Warum wir aber jetzt in der Situation sind - und da
möchte ich auf meinen Nachredner, Kollegen Hora, kommen: Natürlich ist die
Stadt in der Diskussion nicht ganz unschuldig bei dieser Sache, denn ich nehme
an, dass man bei einer vorausschauenden Kultur- und Planungspolitik relativ
rasch die beiden - unter Anführungszeichen - Kontrahenten plus die Anrainer an einen
Tisch hätte bringen können, und man hätte auch relativ rasch und relativ
einfach eine Lösung im Sinne aller, vielleicht nicht der GRÜNEN, aber doch im
Sinne aller Beteiligten, finden können.
Ich möchte nur ein Beispiel bringen: Als wir diesen
gemeinsamen Vier-Parteien-Antrag zum Leitbild Augarten gestellt haben, ist erst
ein halbes Jahr später im Planungsausschuss der Sachkredit genehmigt worden.
Ich meine, da sind sechs Monate vergangen. Da hätte ja schon alles geklärt
werden können, man hätte mit den Anrainern verhandeln und sprechen können, und
das wäre relativ ruhig über die Bühne gegangen, und die Grünen hätten dann keinen fragwürdigen Auftritt bekommen. Zu
dem kommt ja noch - und das wurde heute ohnedies schon mehrmals gesagt -, dass
bereits der Bürgermeister, sogar hier in diesem Haus, öfter seine Präferenz für
das Sängerknabenprojekt abgegeben hat. Daher hat mich dann auch diese Reaktion
des Kollegen Hora gewundert. Der war ja am Anfang, als das dann bekannt
geworden ist, dass der Bund und Bartenstein da entschieden haben, zuerst ein
bisserl ablehnend, aber die Worte der Kollegin Vitouch, denke ich, haben das
heute ohnedies wieder zurechtgerückt.
Wir teilen natürlich die Ansicht, dass bei einem
solchen Projekt die Anrainer eingebunden werden sollen, ja, eingebunden werden
müssen. Wir sind aber dagegen, dass diese berechtigten Anliegen der Anrainer
parteipolitisch missbraucht werden, und ich muss ehrlich sagen, das ist auch
eines Gemeinderates nicht würdig. Die Stadt braucht die Bürgermitbeteiligung,
die muss ausgebaut werden, aber ich muss ehrlich sagen, wenn so wie von Ihnen
agiert wird, dann weiß ich nicht, ob das wirklich sinnvoll ist. (Beifall bei
der ÖVP.)
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