Gemeinderat,
28. Sitzung vom 10.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 23
mehr Demokratie möglich! Geben Sie den anderen Ländern ein Beispiel, dass wenigstens hier in Wien Freiheit und Selbstbestimmung noch hochgehalten werden! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
nächster Redner, so weit mir für diese Sitzung bekannt ist, hat sich Herr GR
Mag Jung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Dieses Haus soll auch dem Dialog dienen. Ich will
daher kurz auf meine Vorredner eingehen und beginne dort, wo es am einfachsten
ist, weil am wenigsten gesagt wurde, nämlich bei Kollegin Vitouch: Sie hat ein
paar Zahlen heruntergelesen und hat uns den Dichter zitiert, den sie
üblicherweise bringt. Ausgesagt hat sie aber leider gar nichts! (GRin
Dr Elisabeth Vitouch: Sie wollen nicht hören, was ich zu sagen habe!) Vor
allem hat sie nicht wirklich Stellung zu den aktuellen Fragen genommen. Aber
sie wollte uns den Ederer-Tausender verkaufen.
Frau Kollegin! Wenn wir bei Dichtern sind, dann sage
ich jetzt: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, nämlich an
das, was Sie gesagt haben! Sie haben uns wirklich minutenlang nur Phrasen
vorgelesen. Eigentlich müssten Sie für Ihre Rede die „Goldene Worthülse“
bekommen! Etwas anderes kann man zu Ihren Ausführungen gar nicht sagen! Sie
entschuldigen sich dauernd vor sich selbst für das, was Sie den Österreichern
antun.
Kommen wir zu Kollegen Gerstl, der auch eine der berühmten
Worthülsen gebracht hat, nämlich die Geschichte vom ewigen Frieden, den uns die
Union garantiert. – Herr Kollege! Seit wann gibt es denn die EU? Was hat
denn vorher den Frieden zwar nicht garantiert, aber de facto bewirkt? –
Das Gleichgewicht der beiden riesigen Pakte, das Ende der 80er Jahre
zusammengebrochen ist. Das war der Grund für den Frieden, aber nicht die EU,
denn Amsterdam war erst 1993, Herr Kollege! (Beifall bei der FPÖ. –
Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Gerstl.)
Herr Kollege Gerstl! Auch wenn Sie damals eine
Zeitlang Sekretär des Verteidigungsministers waren, sage ich es Ihnen trotzdem,
vielleicht haben Sie es vergessen: Gerade in der Zeit, in der die EU begann,
ihre heutige Form anzunehmen, nämlich in den 90er Jahren, hatten wir in Europa
den größten Krieg seit 1945, nämlich den fast zehn Jahre dauernden Krieg auf
dem Balkan, der heute noch nicht ganz beendet ist. – So schaut es aus mit
Ihrem Friedenprojekt! Sie erzählen uns doch lauter Märchen! (Zwischenruf von
GR Mag Wolfgang Gerstl.)
Herr Kollege Gerstl! Das gleiche Märchen wollen Sie
uns erzählen, wenn Sie sagen, dass die Schweiz im Vergleich zu uns
abgewirtschaftet hat und dass unsere Banken – um nur eines Ihrer Beispiele zu nennen – so toll sind. Schauen Sie einmal ins heutige „profil“, was
da steht! Es geht um die Bank Austria, übrigens Tochter der italienischen
UniCredit, denn seit wir in der Union sind, sind einige der Banken aus
österreichischem Besitz hinausgeschwommen, so auch die BAWAG, damit wir den
Proporz wahren, meine Damen und Herren von der SPÖ!
Ich zitiere aus dem „profil“: „Bei der Bank
Austria ... läuft seit einem Jahr ein ‚Trennungsangebot’ für 500 bis 700
Mitarbeiter, das auf noch weit jüngere Personen zielt. Frauen ab einem Alter
von 43 Jahren und Männer über 48 können mit 50 Prozent des
Bruttobezugs ... in die Frührente gehen.“ (GR Robert Parzer: Was hat das
mit der EU zu tun?) – Das sind die ganz großen Erfolge! Sie erzählen uns
immer irgendetwas, suchen sich die Rosinen heraus und wollen uns damit etwas
klar machen, was überhaupt nicht der Realität entspricht. Aber das wissen die
Österreicher ohnehin schon!
Ich möchte jetzt kurz noch zu den Ausführungen der
Kollegin Vana von den Grünen kommen. –
Sie mokieren sich darüber, dass wir eine Volksabstimmung verlangen und fragen
uns, was für ein Spiel wir treiben. Frau Kollegin Vana! Das Spiel, das wir hier
betreiben, heißt Demokratie, und das verstehen Sie nicht! Das ist es! Sie haben
zwar Ihre so genannte Basisdemokratie, aber sonst gar nichts! (Beifall bei der
FPÖ.)
Das Wiener Wasser ist übrigens auch bereits
ausgegangen, ich habe gerade festgestellt, dass ich kein neues bekomme. –
Kommen wir nun aber zum ernsten Bereich.
Der Herbst des nächsten Jahres, der Herbst 2008,
bringt für unsere Stadt die Wiederkehr eines sehr denkwürdigen Datums: Am
30.10.1918 traten die deutschen Abgeordneten der Kronlande der zerfallenden
Donaumonarchie zusammen und begründeten einen neuen Staat, die Republik
Deutsch-Österreich. Der Name, der damals auch Programm war, missfiel den
Siegerstaaten und musste daher geändert werden. Frankreich und Großbritannien
diktierten das damals, so wie sie nach dem Jugoslawienkrieg der Republik
Mazedonien untersagten, sich einen eigenen Namen zu geben; der Staat trägt
daher bis heute den lächerlichen Namen FYROM und wird als Problemgebiet bald
wieder in den Schlagzeilen auftauchen. – Die alte Entente cordiale hat aus
der Geschichte nichts gelernt!
Die Gründer diesen neuen Staates gaben der Republik
damals eine Verfassung, nach deren Art 1 alles Recht vom Volk ausgehen
sollte. Der Staat sollte sich aus Bundesländern konstituieren, die über eigene
gesetzgebende Körperschaften verfügen. Das wurde uns damals zumindest
zugestanden. – Heute tragen Sie jedoch, meine Damen und Herren, in
unseliger Einigkeit diese Stadt, unser Österreich, seine Verfassung und die
Rechte der Bundesländer zu Grabe und verraten die Ideen der Gründer, unter
denen sich auch bedeutende Sozialdemokraten befanden. Offenkundig ist Ihnen das
gar nicht bewusst, wenn Sie jetzt pflichtschuldig in Ihre Blätter und Zeitungen
schauen! Das Interesse für diese Republik scheint bei Ihnen nicht sehr
ausgeprägt zu sein!
Der Nationalrat wird seine ohnehin nur noch rudimentär verbliebenen
Rechte, die er über die Regierungsmitglieder im Rat ausübt, aufgeben. Er wird
vor allem die Möglichkeit verlieren, ein Veto einzulegen, wenn es
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