Gemeinderat,
28. Sitzung vom 10.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 23
ihre Freisetzung führt auch – das ist belegt – zu
irrreversiblen Schäden der Umwelt und der Artenvielfalt, und vor allem gibt es
da keine Grenzen. – Eine bezeichnende Aussage unseres zuständigen
Ministers zur grünen Gentechnik anlässlich einer Pressekonferenz im April 2006
gemeinsam mit der EU-Agrarkommissarin war etwa: „Es geht nicht um ein Ja oder
ein Nein, sondern es geht um das Wie.“ – Das
heißt: Hier ist die Tür klarerweise bereits offen. Umwelt- und
Landwirtschaftsminister Pröll ist nicht gewillt, ein klares Nein zur
Positionierung grüner Gentechnik in Österreich zu sagen.
Die österreichische Strategie hat sich bislang auf
Importverbote bezogen. Fast alle Bundesländer haben ein
Gentechnik-Vorsorgegesetz installiert. Aber für die Zukunft steht diese
Abwehrstrategie gewiss auf tönernen Beinen. Wir sind auf den guten Willen und
die Unterstützung der meisten Mitgliedsstaaten angewiesen, um die
Gentechnikfreiheit auf unseren Äckern aufrechterhalten zu können.
Heute wurde schon ein paar Mal die Schweiz als
Beispiel herangezogen, und daher sage ich: Die Schweizer können selbst
entscheiden, ob sie in ihrem Land Gentechnik für Futtermittel oder beim Anbau
von Nahrungsmitteln verwenden wollen. Wir können das nicht mehr! (Beifall bei
der FPÖ.)
Wir sagen: Genau diese lebenswichtigen
Angelegenheiten wie etwa unsere Wasserressourcen – unser weißes
Gold –, die Freiheit von Atomenergie beziehungsweise die Nutzung von
Atomkraft oder auch die Gentechnik und die grüne Gentechnik müssen Gegenstand
nationaler Entscheidungen bleiben. Die Weiterentwicklung auf EU-Ebene bewirkt
aber leider genau das Gegenteil, und die österreichischen Vertreter machen sehr
deutlich, dass sie bei der Entscheidungsfrage betreffend Konzerndiktatur oder
Selbstbestimmung den Weg in Richtung Diktatur der Konzerne gehen wollen und
nicht auf Seiten der Bevölkerung stehen. Umso wichtiger ist daher, dass man
auch die Bevölkerung die Entscheidung treffen lässt.
Wenn Sie wirklich so gute Argumente haben, wie Sie
vorgeben, dann lassen Sie doch die Bevölkerung entscheiden! Fürchten Sie sich
nicht, und zeigen Sie das hier und heute, indem Sie einer Volksabstimmung
zustimmen! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Gudenus. Ich erteile es
ihm.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher
Gemeinderat!
Wir haben heute eine seltene Dreierkoalition und
einen seltenen Gleichklang aller anderen Parteien gegen den Willen der Bürger
erlebt. Die Reden der Parteienvertreter waren von Unterwerfungsritualen und
einem sehr devoten Verhalten gegenüber der EU gekennzeichnet. Es war dies ein
sehr sehenswertes Schauspiel!
Wenn ich mir die Wortmeldung des Herrn Gerstl
vergegenwärtige, dann stelle ich mir vor, dass man fast die Einführung eines
neuen EU-Amtes fordern könnte, nämlich des Amtes eines Hohen EU-Priesters;
vielleicht kann man das in den Reformvertrag noch irgendwie eingliedern. Er hat
hier nämlich wirklich eine Predigt gehalten und Lob und Preis auf die
Fähigkeiten und die tollen Taten der EU gesungen! Daher glaube ich, dass Herr
Gerstl gute Chancen hätte, wirklich für dieses Amt nominiert und gewählt zu
werden, wenn man denn bei der EU überhaupt von einer Wahl sprechen kann. Er
hätte aber auf jeden Fall die Chance, in das Amt des Hohen EU-Priesters gehoben
zu werden. Vielleicht kann man das noch in den Reformvertrag einfügen!
Frau StRin Vana hat von der „so genannten
Freiheitlichen Partei“ gesprochen, die gegen die Einführung des
EU-Reformvertrags sei. – Ich sage Ihnen Folgendes: Wir nennen uns deswegen
Freiheitliche Partei, weil wir für den Rechtsstaat, für die Einhaltung der
Verfassung und für die direkte Demokratie sind. Dafür sind Sie offenbar nicht!
(Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben einerseits überhaupt keine beziehungsweise
lediglich die ganz typischen grünen Argumente gebracht. Sie haben Attribute wie
„unsachlich“, „unseriös“, „ultranationalistisch“ und „xenophob“ – eh klar! – gebracht,
aber auch ganz tolle Wortkreationen wie „rechtsradikale Rabauken im
EU-Parlament“ fabriziert. Gleichzeitig haben Sie aber auch recht gute Kritik
geübt: Sie haben beispielsweise gesagt, dass in dem EU-Reformvertrag nicht einmal
ein Mindestmaß an Mitbestimmung vorgesehen ist. – Da frage ich Sie: Und
trotzdem wollen Sie zustimmen?
Sie haben gesagt, dass der EU-Reformvertrag
wahrscheinlich eine Fortführung der Globalisierung auf europäischer Ebene ist.
Warum stimmen Sie dann diesem EU-Reformvertrag zu? Sie widersprechen sich da
eigentlich selbst völlig! Keiner kennt sich bei Ihnen aus, und wahrscheinlich
kennen Sie sich selbst auch nicht wirklich aus! Sie fordern eine europäische
Volksabstimmung, es ist aber vollkommen klar, dass eine Volksabstimmung über
eine Gesamtänderung der österreichischen Verfassung nur in Österreich
stattfinden kann beziehungsweise zumindest zuerst in Österreich abgehalten
werden muss, das schreibt Artikel 44 ganz klar vor.
Sehr geehrte Frau Kollegin Vana! Sie beklagen, dass
zu wenig Debatten hier im Gemeinderat oder auf Landesebene stattfinden. Da
frage ich mich: Warum meldet sich zu diesem Thema dann nur ein Redner von den
GRÜNEN? Wo bleiben Ihre Wortmeldungen? Debattieren Sie doch weiter darüber! Warum
kommt kein zweiter oder dritter Redner? Bitte, debattieren Sie! Ich möchte Ihre
Argumente hören! (Beifall bei der FPÖ.)
Was bedeutet eigentlich der EU-Reformvertrag? – Eine Abschaffung der Neutralität. Diese Neutralität
war der Grund für 50 Jahre Frieden und Freiheit in unserem Land. Jetzt
haben wir im Kriegsfall eine Beistandspflicht. Der renommierte Völkerrechtler
der Universität Linz Manfred Rotter sagt ganz richtig – ich zitiere: „Durch den Reformvertrag wird die EU zu einem
Verteidigungsbündnis. Der Stichtag des Inkrafttretens wird für Österreichs
Neutralität zum Lostag.“ – So viel
zur pazifistischen Grünen Partei, die hier auch zustimmt.
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