Gemeinderat,
28. Sitzung vom 10.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 23
jene der Republik, sondern vor allem in die Sozialpolitik in Wien. Weiters betrifft das die Ausbildung der Jugend, die Kultur und das Gesundheitswesen, wo neue Richtlinien drohen, die massivste Belastungen für die österreichische Bevölkerung bringen werden. Wie aus der Gleichbehandlungsrichtlinie ersichtlich wird, wird der Sozialstaat in den Staaten der Europäischen Union schön langsam an Grenzen gelangen, sodass der Sozialstaat als solcher nicht aufrechtzuerhalten sein wird.
Meine Damen und Herren! Davon betroffen werden
natürlich die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Forschung, Entwicklung
und Umwelt sein. In all diesen Bereichen können Änderungen vorgenommen werden,
ohne dass der österreichische Nationalrat dazu seine Zustimmung gibt, wenn bloß
eine Anhörung des Europäischen Parlaments erfolgt, ohne dass dessen Zustimmung
nötig ist. Die entsprechenden Auswirkungen werden natürlich nicht nur die
Republik Österreich als solche, sondern selbstverständlich in massivem Ausmaß
auch das Land Wien treffen. Gerade in der Gesundheits- und Sozialpolitik sind
die Kosten jetzt schon horribel, und sie werden massiv steigen und eine
unfinanzierbare Aufgabe für diese Stadt darstellen.
Weiters ist natürlich das Vorrecht des Unionsrechtes
gegenüber dem Recht der Einzelstaaten festgeschrieben. Das wird hier expressis
verbis hineingeschrieben. Dadurch erfolgt die Ausschaltung des Parlaments und
natürlich auch der Landtage, die in Zukunft keine wirklichen Aufgaben mehr
haben werden, wenn diese Entwicklung, wie sie nunmehr geplant ist, fortgeführt
wird.
Weiters zeichnet sich bereits seit Längerem ab, dass
die Europäische Union durch die verschiedenen Richtlinien eine Politik
vorantreibt, die sich mit dem Willen der österreichischen Bevölkerung nicht in
Übereinstimmung bringen lässt. Weder die Antidiskriminierungsrichtlinie, über
die wir hier vor Kurzem eine intensive Debatte geführt haben, noch die
Gleichbehandlungsrichtlinie sind in irgendeiner Form geeignet, als
Gesetzesmaterien dem Willen der Österreicher zu entsprechen. Kein Mensch will,
dass Personen nach fünfjährigem Aufenthalt im Inland, egal, ob es sich um
EU-Bürger oder nunmehr sogar Drittstaatsangehörige handelt, der persönliche
Zugang zu Sozialleistungen möglich wird! Es sind hier Entwicklungen im Gange,
die dem Sozialstaat, die der Republik Österreich und dem Land Wien in Zukunft
selbstverständlich massive Probleme und eine massive Belastungswelle bescheren
werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir glauben,
dass es höchst an der Zeit ist, dass Sie sich davon überzeugen lassen, dass eine
Volksabstimmung dringend notwendig ist! Es ist notwendig, in einer
Volksabstimmung das Wahlvolk zu solchen gravierenden Änderungen der
Bundesverfassung zu befragen. Ein Einlenken Ihrerseits wäre wirklich
vorteilhaft, denn es kommt jetzt zu einem Abbau der gewählten Institutionen der
Republik und zu deren Ersatz durch nicht gewählte Machtgruppen und
Institutionen in Brüssel, die über die Lebenswirklichkeiten und
Lebensnotwendigkeiten unserer Bevölkerung hinweggehen.
Meine Damen und Herren von den anderen Parteien!
Stimmen Sie zu, dass sich der Wiener Gemeinderat für eine Volksabstimmung
Österreichs ausspricht und dass wir gemeinsam dafür Sorge tragen, dass eine
europäische Zukunft möglich ist und dass diese uns allen nicht durch die
Einführung einer demokratisch nicht legitimierten Institutionenherrschaft
verbaut wird! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Dr Vana. Ich erteile es ihr.
StRin Dr Monika Vana: Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist schwierig, an einem solchen Montagmorgen eine
solche geballte Ladung von Antieuropa-Ressentiments und von Unkenntnis des
EU-Reformvertrags ertragen zu müssen! Wir von den GRÜNEN werden dieses Spiel,
das die so genannte Freiheitliche Partei in diesem heutigen Sondergemeinderat
spielt, sicherlich nicht mitspielen! Wir Grünen
sind zwar für eine ausführliche Erörterung des EU-Reformvertrags und
selbstverständlich auch für verstärkte europapolitische Debatten in diesem Haus.
Wir meinen allerdings, dass solche Debatten ernsthaft, seriös und konstruktiv
geführt werden müssen, wissen aber, dass die Partei, die diesen
Sondergemeinderat beantragt hat, an einer seriösen Auseinandersetzung über
Europa sicherlich kein Interesse hat. Das haben die Ausführungen des
Klubobmanns der Freiheitlichen Partei deutlich gezeigt.
Meine Damen und Herren von der FPÖ! Es geht Ihnen
nicht um die Demokratie, sondern es geht Ihnen darum, mit Hilfe der zum Teil
berechtigten EU-Skepsis der Bevölkerung an leicht verdientes politisches
Kleingeld zu kommen! Sie zielen in Wahrheit nicht auf eine konstruktive Reform
der Europäischen Union ab, die durchaus berechtigt ist – auch die Grünen
treten für einen Kurswechsel der Europäischen Union ein! –, sondern Sie zielen auf einen Austritt Österreichs aus der
Europäischen Union ab!
Allein auf der Homepage des Herrn Strache ist im
Zusammenhang mit der Volksabstimmung über die Verfassung zu lesen, dass diese
Volksabstimmung gleichzeitig auch eine Abstimmung über den EU-Beitritt der
Türkei sein sollte. Sie werben mit Slogans wie „Österreich bleibt frei!",
und von einer solchen ultranationalistischen, antieuropäischen Haltung grenzen
wir Grünen uns auf das Schärfste
ab! Dieses Spiel spielen wir nicht mit! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dieser Gemeinderat darf dieses Spiel nicht
mitspielen, und deshalb lehnen wir selbstverständlich auch den heutigen Antrag
der so genannten Freiheitlichen Partei ab. Sie vermischen EU-Kritik ständig mit
ultranationalistischen, xenophoben, ausländerInnenfeindlichen Tönen. Wir haben
das Anti-EU-Volksbegehren, das Sie schon einmal gestartet haben, noch gut in
Erinnerung! Und allein die Titelwahl des heutigen Sondergemeinderats „Verrat an
Wien" strotzt ja vor Unkenntnis! (GR Mag Harald STEFAN: Argumente!)
Sie sollten eigentlich wissen,
dass mit diesem Reformvertrag gerade die lokale und regionale Ebene
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