Gemeinderat,
27. Sitzung vom 21.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 58
Ich habe mich kundig gemacht und möchte es jetzt nicht gerade vergleichen, aber was es direkt im Jahr 1946 und danach gegeben hat, waren Wärmeräume, wo die Leute hingegangen sind, weil sie daheim nicht mehr haben heizen können, und dann hat man sich dort getroffen. Die Kinder sind nicht in die Schule gegangen, weil die Schule im Winter nicht geheizt wurde, sie haben zu Hause gelernt und sind nur vorbeigekommen, wenn eventuell Prüfungen waren, beziehungsweise haben in kleinen, extra geheizten Einheiten am Nachmittag irgendetwas machen dürfen.
Das ist fast so ähnlich, und deswegen gibt es auch
einen Tourismus: Ich kenne das zwar nicht aus eigener Erfahrung, aber ich kenne
sogar Studierende, die - als ich noch studiert habe - in den kalten Wintern in
erster Linie aufgestanden sind und auf die Uni gefahren sind, weil es auf der
Uni warm war. Auf der Uni war es warm, dort sind sie auch den ganzen Tag
geblieben, und dann haben sie sich treffen müssen bei jemandem, der eine
geheizte Wohnung hatte.
Aber das sind so viele Leute und das ist die pure
Armut, von der wir da reden. Niemand von Ihnen möchte es sich ausrechnen
müssen, von so wenig Geld leben zu können. Deswegen wären ganz andere Maßnahmen
notwendig, als zu überlegen, ob es heuer minus 10 Grad oder vielleicht
wieder einmal minus 20 Grad haben wird, sondern wir brauchen insgesamt in
Österreich und in Wien - weil es hier, prozentuell gesehen, mehr Leute betrifft
- ein Armutsbekämpfungsprogramm, das den Namen auch verdient.
Dazu brauchen wir viel Geld, und ich sage es noch
einmal: Ich glaube, dass es in diesem Land ein Zustand zum Zuschauen ist, wie
viele Leute derart bitterlich arm sind, dass sie auf diesen Heizkostenzuschuss
angewiesen sind – egal, in welcher Höhe -, und wir gleichzeitig ein Luxus-Steuerparadies
für die Reichen und Superreichen sind. In keinem Land der OECD zahlen Reiche so
wenig Vermögens- oder vermögensbezogene Steuern wie bei uns. Das muss nicht
sein!
Ich verstehe nicht, wo da die Initiativen und der
Druck bleiben - den vermisse ich -, um das durchzusetzen. Zumindest würde ich
es gerne hören. Die einzige Wortmeldung, die ich bis jetzt hier von der
Sozialdemokratischen Partei gehört habe, war nämlich: Die GRÜNEN denken nur an
neue Steuern. Das war eigentlich eine Absage. Ich hoffe, das war damals dem
geschuldet, was wir eben in der Hektik beim Reden einmal miteinander haben, und
dass das nicht die offizielle Position der SPÖ ist. Aber es geht nicht, dass
wir in Österreich fallende Vermögenssteuern haben und gleichzeitig zuschauen,
wie die Armutszahlen auf eine Million angestiegen sind und noch immer weiter
ansteigen.
Dann kann man Armut bekämpfen. Wenn man eine grüne
Grundsicherung nach dem Modell von uns durchsetzt, dann gibt es keinen mehr,
der einen Heizkostenzuschuss bekommt; aber nicht, weil wir den
Heizkostenzuschuss streichen, sondern weil alle über dieser Grenze leben. Es
ist finanzierbar! Da fehlt es nur am politischen Willen, es fehlt nicht am
Geld.
Am Geld fehlt es in dem Land nicht, die
Privatvermögen in Österreich belaufen sich auf
1 000 Milliarden EUR. 10 Prozent in Österreich besitzen
zwei Drittel davon, und sie zahlen dafür weniger Steuern als jene in Belgien,
in Frankreich, in Japan, in der Schweiz und in den USA. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Es ist für jeden (GR Mag Alexander Neuhuber: Da müssen Sie die Einkommenssteuer
auch vergleichen!), der Armut ernsthaft bekämpfen möchte, ein Armutszeugnis,
wenn er es verteidigt, dass wir ein Luxusparadies sind, zum Beispiel - wenn wir
schon bei der Einkommenssteuer sind, weil der Einwurf gekommen ist - wenn man
die Einkommenssteuersätze rechnet.
In den USA zahlen sie ja für Aktiengewinne keine
richtige Vermögenssteuer, sondern eine Capital Gain Tax, damit zahlen sie zu
einem guten Teil eben genau Einkommenssteuer. In Österreich ist das
steuerbefreit, ein Aktiengewinn wird einfach nicht besteuert! (GR Mag Alexander
Neuhuber: Das ist aber etwas anderes ...! - Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.) Ich habe gerade gesagt, dass es keine echte Vermögenssteuer ist, sondern ein
Capital Gain Tax. Das können wir lange ausführen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Die Stiftungen in Österreich gehören anders
besteuert. Man muss das in eine Relation setzen, wurscht, wer das eingeführt
hat und ob das damals gescheit war oder nicht. Heute haben wir explodierende
Armutszahlen, und dagegen gilt es etwas zu unternehmen.
Der Heizkostenzuschuss ist gut und recht, weil er
besser als nichts ist. Aber das ändert natürlich nichts an der Situation der
Person, die mit 690 EUR lebt - im November, im Dezember, im Jänner und im
Februar - und mit den 100 EUR natürlich nicht nur nicht reich wird,
sondern genauso arm wie vorher ist und eben ein bisschen mehr heizen kann;
angesichts der explodierenden Heizkosten wahrscheinlich nicht mehr als im
vergangenen Jahr, weil das ja alles auffrisst.
Jetzt rede ich nicht von der Ökologisierung und vom
Herunterschrauben von Heizkosten, weil es mir da in erster Linie um die
Armutsbekämpfung geht. Ich hätte gerne in Österreich eine Initiative für
Vermögenssteuern auf OECD-Durchschnitt, und das sind 5 Milliarden EUR
jährlich. Momentan ist es in etwa 1 Milliarde, Tendenz fallend, weil ja
unter der aktuellen Bundesregierung Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer
gestrichen werden, wenn es denn so kommt.
Der internationale Durchschnitt in der OECD - da kann
man nicht gleich von Kapitalfluchtbedrohung reden, das ist das, was andere auch
machen - wären 5 Milliarden EUR. Mit 5 Milliarden EUR haben
wir keine Leute mehr, die sich zu dritt anstellen, mit 830 EUR im Monat.
Die haben wir dann nicht mehr, weil es nicht notwendig ist, dass Leute von so
wenig Geld leben müssen, und auf die Zeit freue ich mich. - Danke. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Korosec. Ich erteile es ihr.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine
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