Gemeinderat,
26. Sitzung vom 20.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 112
Infrastruktur sehr hohe Kosten ausmachen wird, aber ich glaube, es werden in der Planungspolitik selten entsprechende Rückschlüsse gezogen.
Ich möchte daher, wie fast jedes Jahr, darauf
verweisen, dass es diesbezüglich durchaus Vorschläge gibt. Ich möchte diesmal
aus einem Schriftstück des Umweltbundesamtes zitieren, in dem Möglichkeiten für
eine sinnvolle Stadtentwicklungspolitik vorgeschlagen werden, nämlich konkrete
Maßnahmen gegen die Zersiedelung, und zwar auch anhand von Beispielen, wie es in
anderen Bundesländern funktioniert. Dem Herrn Stadtrat werden diese Dinge
bekannt sein, nachdem er auch Vorsitzender der Österreichischen
Raumordnungskonferenz ist, die sich dazu durchaus positiv geäußert hat.
Beispielsweise gibt es das Instrument der Baugebote.
Ich möchte das jetzt wortwörtlich vorlesen, damit das den ZuhörerInnen bekannt
wird: „Ein relativ stark in Eigentumsrechte eingreifendes ordnungsrechtliches
Instrument sind die so genannten Baugebote. Diese bestehen in zeitlich
begrenzter Gültigkeit von Baulandwidmungen und dem ex lege-Widmungsverfall nach
Ablauf der Befristung, wenn die widmungsgemäße Bebauung nicht realisiert wurde
– Klammer auf: entschädigungslose Rückwidmung in Grünland – Klammer zu.“ –
Einen solchen Fall hat es in Wien erst einmal bei einem Hochhausprojekt für die
Platte gegeben. Ich meine aber, dass das ein durchaus sinnvolles Instrument
ist, das man öfter anwenden sollte, um die Ziele der Stadtentwicklungspolitik
zu erreichen, die wir hoffentlich alle befürworten, nämlich etwa die
Verhinderung der Zersiedelung.
Ein anderes Beispiel, das in den Bundesländern
Salzburg und Steiermark erfolgreich angewandt wird, ist die so genannte
Vertragsraumordnung. Dabei geht es darum, dass im Rahmen privatwirtschaftlicher
Vereinbarungen fristgerechte Verwertungen auch erzwungen werden können, und
auch da ist die Konsequenz, wenn man das nicht einhält, der Widmungsverfall.
Natürlich macht es durchaus auch Sinn, bei Planungen
immer auch die Kostentransparenz und Kostenwahrheit im Hinterkopf zu behalten,
beispielsweise hinsichtlich der Erschließungskosten.
Wie jedes Jahr möchte ich Sie auch daran erinnern,
dass es durchaus Sinn machen würde, endlich ein Instrument für die Abschöpfung
planungsbedingter Bodenwertzuwächse einzuführen. Auch das möchte ich
wortwörtlich vorlesen, damit Sie nicht glauben, dass das eine grüne
Wahnsinnsutopie ist, sondern ein durchaus anerkanntes Instrument, das vom
Umweltbundesamt vorgeschlagen wird: „Indem auf diesen so genannten
Planwertgewinn eine Lenkungsabgabe entrichtet wird, soll dem Hineindrängen in
Baulandwidmungen zur Maximierung der Rendite gegengesteuert sowie das Horten
von Bauland, um möglichst lange von der höheren Kapitalverzinsung von
Baulandgrundstücken profitieren zu können, unattraktiver gemacht werden.“
Ich weiß, dass der Herr Stadtrat in seinem
Schlusswort oder ein Kollege oder eine Kollegin sagen werden, dass das aus
verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich wäre. Ich möchte Sie aber wieder
daran erinnern, falls Sie es vergessen haben sollten, dass Ihre Fraktion den
Bundeskanzler stellt und dass man durchaus auch auf Bundesebene Initiativen
setzen könnte, um endlich dafür zu sorgen, dass das auch in Wien möglich wird.
Mein zweiter Punkt zu diesem Thema sind die
Finanzausgleichsverhandlungen: Der Satz des Wiener Bürgermeisters zum Thema
Rothneusiedl, der schon legendär ist, hat mich dieses Jahr besonders geärgert:
„Es kann nicht sein, dass in Wien Erdäpfel angebaut werden, während in
Niederösterreich die Shopping City vor der Türe steht.“ – Es ist mir
unerklärlich, dass der intelligente Herr Bürgermeister diesfalls einen so engen
Horizont hat, nur bis zur Landesgrenze denkt und glaubt, dass wir mit der
Strategie, jetzt innerhalb der Landesgrenze Kaufhäuser zu errichten, dem
entgegenarbeiten können, dass auch außerhalb der Landesgrenzen Einkaufszentren
entstehen. Wie wir wissen, ist beispielsweise in Gerasdorf ein sehr großes
Projekt geplant, und ich meine, dass die Finanzausgleichsverhandlungen eine
gute Gelegenheit geboten hätten, endlich auch fiskalische Möglichkeiten zu
schaffen, um der Zersiedelung Einhalt zu gebieten.
Ich möchte jetzt noch ein Zitat aus diesem
Schriftstück des Umweltbundesamtes bringen. Es werden gemeindeübergreifende
Kooperationsformen angeregt: „Derzeit führt die Konkurrenz der Kommunen um
Betriebsansiedelungen, um Steuereinnahmen und Finanzrückflüsse aus dem
Finanzausgleich zu steigern, zu überschießender Ausweisung von Gewerbe- und
Industriegebieten. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass Überentwicklung auf
Dauer die Lebensqualität als wesentlichen Standortfaktor und damit die
Wettbewerbsfähigkeit reduziert, zudem belasten die hohen öffentlichen Kosten
zur Erschließung und Infrastrukturausstattung die angespannten
Gemeindehaushalte.“ – Es wird angeregt, einen interkommunalen beziehungsweise
interregionalen Finanzausgleich einzuführen, wie es ihn in manchen deutschen
Bundesländern gibt.
Mir fehlen in diesem Budget Antworten auf aktuelle
Fragen. Trends werden kaum erkannt, und es gibt auch keine entsprechenden
Reaktionen, sondern es kommt dann nur diese einfältige Aussage mit dem
Erdäpfelacker. – Ich bin der Meinung, dass es in Wien sehr wohl auch
Erdäpfeläcker geben kann. Ich fände das sehr gut, vor allem, wenn sie im
Grüngürtel liegen, den wir ja alle schützen wollen. Ich meine, die Regionen
müssen zusammenarbeiten, damit für die Gesamtregion die besten Ergebnisse
erzielt werden können.
Ein weiterer Themenbereich, den ich ansprechen möchte, ist: Wie arbeitet
die Wiener Stadtplanung? In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auf das
Thema Transparenz eingehen und hinterfragen, ob es unseren Bürgerinnen und
Bürgern möglich ist, den Entscheidungsabläufen zu folgen. – Ich meine, das
ist ziemlich schwierig. So hat sich beispielsweise bei der Flächenwidmung bezüglich
Information der BürgerInnen leider noch nicht sehr viel geändert. Da gibt es
immer noch dieses – wie ich jetzt sagen möchte – „Kasblatt“,
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