Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 120
zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Wolf. Ich
erteile es ihm.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Die Kultur hat im kommenden Jahr mehr Geld zur
Verfügung. Es sind nicht um 11 Prozent mehr, wie die Frau Stadtrat gesagt
hat, und auch Kollege Stefan hat da an dem Ziffernsturz mitgetan, es sind um
11 Millionen EUR mehr oder um 5,4 Prozent mehr als heuer. Aber
immerhin, die Kultur bekommt mehr Geld, und das ist gut, denn Kultur braucht
Geld.
Dafür zu danken ist allerdings weder der Frau
Finanzstadträtin noch dem Kulturstadtrat, die beiden verteilen nämlich bloß
fremdes Geld, sondern zu danken ist den Steuerzahlern. Sie bringen jenes Geld
auf, deren Verteilung hier im Gemeinderat beschlossen wird. Diese Steuerleistungen
danken wir aber auch der guten Konjunktur, der Finanz- und Steuerpolitik, dem
Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern und – auch das ist an dieser Stelle
einmal zu erwähnen – dem System der sozialen Marktwirtschaft.
Ich sage das, weil es gerade in der Mehrheitspartei
dieses Hauses noch immer Strömungen und einzelne Funktionäre gibt, die noch
immer einem dirigistischen Staatsozialismus und dessen Segnungen nachtrauern.
Sie sind voll retro und merken in ihrer Trauer über das gescheiterte gesellschaftliche
Modell offenbar gar nicht, wohin und in welche Gesellschaft sie sich bewegen.
Sie wollen mit öffentlichen Geldern linke Träume realisieren, und ich lasse
hier offen, ob das politisch oder umgangssprachlich gemeint ist. Jedenfalls
wäre es für alle teurer, wenn sie sich durchsetzen. Die Wirtschaft boomt, die
Einnahmen der Gemeinde aus dem Finanzausgleich sprudeln und oben drauf gibt es
noch Gelder, die die von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ,
durchgerammte Gebührenautomatik in die Stadtkasse spült. Die Wiener Kultur wird
also im kommenden Jahr mehr Geld zur Verfügung haben, auch wenn die realen
Steigerungen dank der Inflation, die Sie mit Ihrer Gebührenvalorisierung
permanent anheizen, ziemlich gering ausfallen. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Anteil am Gesamtbudget bleibt mit ungefähr
2 Prozent gleich wie im vergangenen Jahr. Wir wollen nicht kleinlich sein
und das Erntedankfest der Abzocker durch penible Nachrechnungen stören, wir
begrüßen jeden Cent mehr Geld für die Wiener Kultur und wir bekennen uns
selbstverständlich auch zur Finanzierung von Kunst und Kultur mit öffentlichen
Mitteln.
Die entscheidende Frage ist und bleibt aber, was mit
dem Geld geschieht, nach welchen kulturpolitischen Vorstellungen subventioniert
wird, welche kulturpolitischen Konzepte verwirklicht werden. Und genau hier
liegt auch heuer wieder das Problem dieses Kulturbudgets und damit der Wiener
Kulturpolitik. Ich kann nur wiederholen, was ich vor genau einem Jahr an dieser
Stelle gesagt habe: Dieses Budget ist Ausdruck eines teuren Stillstandes, kein
Konzept, kein Gestaltungswille der Kulturpolitik, keine Zukunftsorientierung,
sondern nur der Versuch, mit den Millionen irgendwie über die Runden zu kommen
– und dazu ein paar Großprojekte, die von besonderer Seite der Stadt gewollt
oder manchmal auch angeordnet werden, sowie zur Beruhigung des Gewissens ein
paar ausgerissene Projekte. Das war es dann. Steuergelder durchzureichen, ist
noch lange keine Kulturpolitik.
Wir wollen aber auch wissen, ob die öffentlichen
Gelder zielgerichtet investiert werden, ob sie sparsam und effektiv verwendet
werden und ob kontrolliert wird, was mit den öffentlichen Geldern geschieht.
Hier müssen wir allerdings schwere Versäumnisse des Stadtrates feststellen. Ich
erinnere Sie nur an die öffentliche Diskussion und die Kontrollamtsberichte der
vergangenen Wochen und Tage um die Subventionsdeals inklusive der Rückzahlung
von Mitteln, die offenbar zu Unrecht bezogen wurden durch neue
Subventionsmittel.
Und bevor Sie aufschreien und sagen, dass auch unsere
Fraktion oder meine Fraktion diesen Beschluss mitgetragen hat, sage ich:
Jawohl, auch wir haben dem Akt letztlich zugestimmt, weil die Alternative
gewesen wäre, dieses internationale Theater oder englischsprachige Theater zu
schließen. Dafür sind wir nicht zu haben. Es genügen die Theaterleichen, die
den Weg der missglückten Theaterreform säumen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich erinnere Sie an die Kontrollamtskritik am
Wissenschaftszentrum Wien oder die seltsamen Vorgänge rund um das von der Stadt
Wien hoch subventionierte „Konzert für Europa", dessen Veranstalter
derzeit Gerichte beschäftigt. Wir werden dann in den nächsten Tagen noch näher
nachfragen. (GR Ernst Woller: Schüssel hat den erfunden!) – Ja, ja, den Herrn
HEY-U hat der Herr Schüssel erfunden, ich weiß. Das ist nicht einmal zu
belächeln, denn es ist nur unsinnig.
Zu erinnern ist aber auch an alle Baustellen des
Kulturressorts. Ich sage nur ein paar Stichworte: Volkstheater, wo einfach
versucht wird, mit einer Erhöhung der Subvention die Probleme wieder ein Jahr
lang nicht lösen zu müssen. Belege für ungelöste Problembereiche der Wiener
Kultur finden sich im Budget, das Sie dem Gemeinderat vorgelegt haben, in
großer Zahl, angefangen, wie gesagt, vom Volkstheater über einige Off-Theater
bis zur Wissenschaftsförderung oder – das wurde heute auch schon gesagt – der
Altstadterhaltung.
Zum Thema Off-Theater greife ich das auf, was hier
gesagt wurde: Kultur ohne Publikum hat auch wenig Sinn. Das ist richtig. Ich
frage mich, was von der Mitteilung zu halten ist, dass nach der Eröffnung des
„brut", des neuen, hoch gerühmten Koproduktionshauses und des gut
gemeinten Projektes bei der ersten Vorstellung eine Hand voll Leute dort waren
und laut Bericht der „Presse" am zweiten Vorstellungstag ein Besucher da
war, der dann nach zehn Minuten gegangen ist, weil es ihm offenbar doch nicht
gefallen hat. Hier, glaube ich, muss man auch überlegen, ob das sinnvolle
Projekte sind.
Die Wissenschaftsförderung und die
Forschungsförderung sind auch ein Bereich, der seit Langem schon
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