Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 120
Steiermark hat man eine Pleiteholding für KMUs gegründet. Über die Steirische Umstrukturierungsgesellschaft STUG sollen die Betriebe saniert und anschließend wieder verkauft werden. Dabei rechnet das Land Steiermark sogar mit einem Gewinn. Wie aktiv diese Gesellschaft mittlerweile geworden ist, darf ich an einigen Beispielen darlegen:
Zum Beispiel die Sanierung der Teppichfirma Durmont
in Hartberg, 80 Arbeitsplätze gerettet. Ohne Unterstützung des Landes
Steiermark wäre dieser Standort geschlossen worden.
Oder die Übernahme der Firma Sariana mit etwa 100
Arbeitsplätzen.
Oder die Beteiligung an der Sensor Dynamics AG in
Lebring, 14 Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Übernahme 2003, heute
60 Mitarbeiter.
Oder die Beteiligung an der Logic Data
EntwicklungsgesmbH in Deutschlandsberg, 15 Mitarbeiter zum Zeitpunkt der
Übernahme, heute 45 Mitarbeiter.
Auch in Niederösterreich hat Ihr sozialdemokratischer
Landesrat Schabl im Zusammenhang mit der drohenden Schließung von Austria Frost
solch eine Gesellschaft in Niederösterreich gefordert.
Warum, sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, setzen
Sie nicht solch ein Projekt auch in Wien um? (Beifall bei der FPÖ.)
Es hat mich interessiert, wie das Land Niederösterreich
solche Beteiligungen und Bürgschaften handhabt und ich bin hier auf die NÖBEG
gestoßen. Unter der gemeinsamen Marke NÖBEG arbeiten zwei Spezialbanken, und
zwar die Niederösterreichische Bürgschaften GmbH und die Niederösterreichische
Beteiligungsfinanzierungen GmbH. Die Gesellschafter dieser Banken sind fast
ident und bestehen unter anderem aus dem Land Niederösterreich, der
Wirtschaftskammer Niederösterreich, der Hypo Niederösterreich Landesbank, der
Raiffeisenbank Niederösterreich/Wien und einigen weiteren Banken. Aufgabe der
NÖBEG ist es, Unternehmer und Unternehmen bei wesentlichen
Finanzierungsanlässen durch Haftungsübernahmen oder Beteiligungen wirksam zu
unterstützen.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, der
wesentliche Vorteil gegenüber dem Wirtschaftsförderungsfonds liegt meines
Erachtens darin, dass die Unternehmen gleich mit den Banken, die Bargeld zur
Verfügung haben oder dafür haften, verhandeln können. Dem Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds ist das natürlich nicht möglich, kurzfristig Barmittel,
zum Beispiel für Betriebsmittelkredite, Überbrückungen und so weiter, zur
Verfügung zu stellen.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, ich habe schon
im Zuge der Rechnungsabschlussdebatte vor einigen Monaten gefragt, ob zum
Beispiel dieses steirische Modell nicht auch für Wien interessant wäre. Auch
das niederösterreichische Beteiligungs- und Haftungsmodell scheint auf Grund
seiner Flexibilität äußerst interessant. Vielleicht könnten Sie Überlegungen in
diese Richtung anstellen. Die Unterstützung der Freiheitlichen Fraktion hätten
Sie dafür. (Beifall bei der FPÖ.)
In Zeiten von Basel II sind solche Haftungen
mittlerweile eine wesentliche Säule der Fremdmittelfinanzierung durch Banken
geworden. Auf die Problematik von Basel II und deren Folgen für die Klein-
und Mittelbetriebe habe ich hier schon mehrfach hingewiesen. Auch wenn
Basel II erst ab heuer oder teilweise erst ab 2008 wirksam wird, wirft es
schon seit mehreren Jahren seine negativen Schatten voraus. Die Banken haben
bereits seit mehreren Jahren unter dem Titel Basel II ein eigenes Rating
für die Kreditvergaben geschaffen. Und was bedeutet das Rating für diese
Betriebe? Nicht nur, dass sich die Kreditkosten bei schlechtem Rating ernorm
erhöhen, gibt es für viele solcher Betriebe überhaupt keine Kredite mehr und
das bedeutet Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz.
Wie schnell man zahlungsunfähig werden kann, darf ich
an einem Beispiel zeigen. Ich habe dieses Beispiel schon anlässlich der
Rechnungsabschlussdebatte erzählt, wiederhole es aber aus einem ganz bestimmten
Grund, auf den ich dann noch zurückkommen werde.
Bei einem meiner Klienten, einer Tabak-Trafik, ist
der Umsatz durch den U-Bahn-Bau von 2,6 Millionen EUR auf
1,1 Millionen EUR zurückgegangen. Eine Reduktion des Betriebsaufwands
konnte nur in geringem Umfang erfolgen, sodass für den Zeitraum des U-Bahn-Baus
erhebliches Fremdkapital erforderlich war. Der Trafikant bot damals der Bank
als Sicherstellung für Kredite und Überziehungen ein kleines Einfamilienhaus sowie
drei Lebensversicherungen im Ausmaß von jeweils 20 000 EUR an. Anfang
Jänner dieses Jahres teilte ihm die Bank mit, dass weitere Überziehungen auf
Grund der Bestimmungen von Basel II nicht mehr möglich wären und die
bestehenden Überziehungen sofort abzudecken wären. Er hat dann innerhalb von
drei Wochen sein Einfamilienhaus notverkauft und mit den als Sicherheit bei der
Bank hinterlegten drei Lebensversicherungen war ein Großteil seiner Schulden
abgedeckt. Aber nachdem der U-Bahn-Bau noch etwa ein Jahr dieses Geschäft
behindern wird, hat er für diesen Zeitraum einen Betriebsmittelkredit von
60 000 bis 70 000 EUR benötigt. Die Bank hat schlichtweg Nein
gesagt und nicht einmal Herr VBgm Rieder, den ich damals um Hilfe angesprochen
habe, konnte helfen. Am 25. Jänner hat die Bank dann an die Mitarbeiter
dieses Trafikanten keine Gehälter mehr überwiesen, somit Zahlungsunfähigkeit
und Insolvenz. Alter: 61 Jahre. Ein Leben lang gearbeitet, jetzt Ruin.
Jetzt komme ich zum Grund, warum
ich dieses Beispiel erzählt habe. Genau zu diesem Thema habe ich im
Wirtschaftsmagazin der „Kronen Zeitung" im Oktober einen interessanten
Bericht von Herrn Univ-Prof Seicht gefunden, mit dem Titel: „Kündigung eines
Kredites zur Unzeit, rechtlich für die Banken kein Problem" Ich würde die
Frau Finanzstadträtin bitten, diesem Artikel besondere Aufmerksamkeit zu
widmen: „Wirtschaftsunternehmen scheitern meist an Zahlungsunfähigkeit und
nicht an Überschuldung. Es können also Unternehmen konkursfällig sein
beziehungsweise gemacht werden, wenn sie in eine Zahlungsunfähigkeit schlittern
oder in eine solche
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular