Gemeinderat,
26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 120
Stellenwert haben die Bezirke noch in dieser Stadt? Sie haben ja erwähnt, dass hier die Steuerleistung für die Bezirke an die Kommunalsteuer gebunden ist. Wenn man sich hier die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass die Mittel für die Bezirke nur um 4 Prozent gestiegen sind, während die Ausgaben insgesamt um 12 Prozent gestiegen sind.
Die Aushungerung der Bezirke ist auch bei
Schulsanierungen ganz klar abzulesen, wo das Zentralbudget früher noch
90 Prozent der Kosten gedeckt hat und die Bezirke selbst hier nur
10 Prozent beitragen mussten. Dann wurden auch hier die Bezirke schlechter
gestellt. Heute müssen die Bezirke 60 Prozent der Kosten tragen und die
Stadt schießt nur mehr 40 Prozent bei. Dieses Budget führt daher genau den
Nachweis, dass die Bezirke die Schulsanierung nicht schaffen: Sie können für
die Schulsanierung nämlich nur 24 Millionen EUR aufbringen und es
müssten nach Ihrem Programm eigentlich 34 Millionen EUR sein. Es
fehlen also 10 Millionen! Und zusätzlich gehen 6 Millionen EUR
an Refundierung aus dem Zentralbudget verloren. Wir haben also insgesamt eine
Lücke von 16 Millionen EUR! Und das Budget 2008, das Sie, Frau
Stadträtin, hier vorlegen, beweist, dass auch das Schulsanierungsprogramm schon
im ersten Jahr gescheitert ist.
Und, meine Damen und Herren, die Aushungerung der
Bezirke ist ja auch am Schuldenstand ablesbar, weil gerade die Schulden der
Bezirke im letzten Jahr explodiert sind, weil die Schulden der Bezirke im
letzten Jahr um 50 Prozent hinaufgeschnellt sind. Und lassen Sie mich hier
nur die Spitzenreiter dieser Schuldenbezirke ab etwa 2 Millionen EUR
erwähnen:
Der Alsergrund hat 2 Millionen EUR, Penzing
hat 2 Millionen EUR, die Innere Stadt 2,4 Millionen EUR,
der 15. Bezirk 2,7 Millionen EUR, Simmering
3,3 Millionen EUR, Meidling 3,7 Millionen EUR, der
13. Bezirk 4,4 Millionen EUR und, meine Damen und Herren, der
Spitzenreiter der Schuldenbezirke ist Favoriten mit
12,8 Millionen EUR! 12,8 Millionen EUR hat allein der
10. Bezirk Favoriten an Schulden!
Frau Vizebürgermeisterin, wir sind daher an einem
Punkt angelangt, wo wir uns entscheiden müssen, was uns die Dezentralisierung
eigentlich wert ist, was uns die Bezirke wert sind. Und im Magistrat beginnt ja
gerade die Evaluierung der Finanzen und die haben das erwähnt. Ich meine, wir
sollten diese Evaluierung rasch zu einem Ende bringen. Wir sollten noch im
nächsten Jahr diese Reform starten und ich möchte an dieser Stelle daher einen
Vorschlag einbringen:
Binden wir die Bezirksmittel nicht mehr an die
Kommunalsteuer, sondern finden wir eine andere Tangente, etwa die
Ertragsanteile, die sich in den letzten Jahren viel schneller, dreimal so
schnell, entwickelt haben! Suchen wir eine dynamischere Finanzierung, denn wir
sind heute auf einem Scheideweg, wo wir uns entscheiden müssen, was uns die
Dezentralisierung in dieser Stadt tatsächlich wert ist, denn was ist das für
eine Dezentralisierung, wenn die Bezirke mit ihren Mitteln ihre Aufgaben ja gar
nicht mehr bewältigen können. Da genügt es nicht, Lippenbekenntnisse abzugeben.
Da genügt es nicht, am Städtetag Lippenbekenntnisse abzugeben, wie wichtig die
kleinen Einheiten sind. Wie wichtig die kleinen Einheiten für die Demokratie
insgesamt sind, denn die kleinste Einheit in unserer Demokratie, meine Damen
und Herren, sind die Bezirke, wo die Demokratie am unmittelbarsten erlebt wird
und wo die Politik am hautnahesten vom Bürger erlebt wird.
Ich meine daher, Frau Vizebürgermeisterin, meine
Damen und Herren: Gehen wir das im nächsten Jahr an! Starten wir 2008 diese
Reform der Bezirksfinanzen, denn ich meine, es ist an der Zeit, die
Dezentralisierung wieder mit mehr Kraft zu versehen! Es ist an der Zeit, die
Bezirke in Wien endlich wieder mit den dafür notwendigen Mitteln auszustatten,
Frau Vizebürgermeisterin! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Vassilakou.
Ich erteile es ihr.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Verehrte Damen und Herren!
Es ist schon nichtsdestotrotz eine gewisse Kunst, die
man beherrschen muss, wenn man das Budget der Stadt Wien präsentiert und es
wirklich schafft, nur sich während der gesamten Präsentation zu loben, keinen
einzigen Problembereich, den es in der Stadt gibt, als Problembereich
anzusprechen, so als wäre Wien eine Stadt wie es keine andere Großstadt auf der
Erde gibt. Eine Stadt, die alle ihre Probleme längst gelöst hat, die eigentlich
überhaupt keine Probleme von Großstädten kennt und wo es nur gilt, jetzt ganz
einfach zu präsentieren, welches Budget wir haben, wie toll wir das eigentlich
gemacht haben und wie sehr wir es geschafft haben, alle Probleme zu überwinden.
Ja, und es bleibt dann nichts anderes mehr übrig, als zu klatschen, das Budget
zur Kenntnis zu nehmen und ganz zufrieden zu sein.
Na, es wird Sie nicht überraschen, meine Damen und
Herren, festzustellen, dass dem so nicht ist. Die Opposition sieht das nämlich
ganz anders und insbesondere die GRÜNEN werden diesem Budget ganz sicherlich
keine Zustimmung erteilen, auch heuer nicht, denn dieses Budget tut dasselbe,
was auch die Budgets vergangener Jahre getan haben: Es ist im Wesentlichen ein
Fortschreibungsbudget ohne Impulse in Richtung Veränderung, ohne tatsächlich
die großen Problembereiche anzugehen, ohne Lösungsansätze. Und es ist
eigentlich schade, weil, wie Sie selbst gesagt haben, Frau Stadträtin, es gegenüber
den Vorjahren ein durchaus hohes Budget ist, ein Budget, in dem es immerhin
480 Millionen EUR mehr Geld gäbe. Geld, mit dem man sehr viel hätte
tun können, wenn man es gewollt hätte.
Ich möchte nicht sämtliche
Problembereiche dieser Stadt ansprechen. Dazu würde auch die Zeit nicht
reichen. Ich möchte mich auf einige wesentliche konzentrieren. Auf einige
wesentliche aber, bei denen es sich meiner Meinung nach wirklich lohnt, sich
eine Zeit lang dort aufzuhalten. Und ich fange mit dem Kapitel Armut an.
Immerhin haben Sie selbst in einem kleinen, kurzen Satz
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