Gemeinderat,
25. Sitzung vom 25.10.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 82
30 Jahre Schulversuche hinter sich, wir brauchen
kein 31., 32. Jahr. Wir brauchen nicht noch und wieder noch neue
Schulversuche.
Unsere Schulversuche haben funktioniert, sie sind
evaluiert, und wir wissen, dass es funktioniert. Wir müssen es einmal
flächendeckend, wir müssen es regional, modellhaft erproben können. Und es geht
darum, die frühe Selektion zu beenden und die individuelle Förderung
sicherzustellen, wo eben die Schwächeren von den Stärkeren lernen, die ja schon
allein dadurch profitieren, dass sie es hier neuerdings auch den Schwächeren
noch einmal vermitteln können, und natürlich auch ganz besonders Begabte, indem
man mehr Lehrstoff, mehr individuelle Förderung, dazugibt. Und das alles soll
passieren, und wir wollen auch niemanden zurücklassen.
Und jetzt gibt es diese bekannte Diskussion um den
Gesetzesentwurf der Bildungsministerin, die uns die rechtlichen
Rahmenbedingungen dafür gibt, um diesen Versuch zu machen, die uns die Freiheit
gibt, das auch dem Wiener Modell entsprechend zu verwirklichen, denn wir haben
ja eine eigene Arbeitsgruppe - übrigens den Antrag dazu gemeinsam mit der ÖVP
beschlossen – in Wien eingerichtet. Diese haben wir nicht politisch, sondern
mit Fachleuten besetzt, die uns hoffentlich in einigen Wochen die Ergebnisse
geben wird, wie wir diese Ideen, diese Eckpunkte inhaltlicher Art, die ich
gerade zuerst erwähnt habe, auch umsetzen können.
Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Wir
brauchen vier Jahre, der Versuch muss durchgängig sein, die Abschlüsse müssen
anerkannt werden, sodass es dann auch weitergehen kann und es muss sicher sein,
dass das funktioniert. Und wenn man sich anschaut, was sagen eigentlich bei der
Begutachtung die verschiedensten Gruppen, so muss man sagen, die Wirtschaft
sagt Ja. 20 Prozent, meinen sie, könnten einen besseren Abschluss bekommen
und sie geben eine positive Stellungnahme zu dem Gesetzesvorschlag ab.
Gab es da nicht irgendwo einmal eine ehemalige
Wirtschaftspartei? Die Bundes-ÖVP kann es nicht sein, denn die sagt Nein, Njet.
Die katholischen Privatschulen melden sich und sagen, super, wir wollen da
dabei sein, wir machen mit. Aus unseren christlichen Werten heraus sind für
eine gemeinsame Schule, ja, das wollen wir und können wir realisieren. Gab es
da nicht einmal eine Partei, die sich christlicher Wurzeln rühmte? Die
Bundes-ÖVP kann es nicht sein, die sagt Njet, also Nein.
Der „Standard“ von gestern schreibt „Lokale Politik
macht Schule.“ Heute, Leitl in der gleichen Zeitung: „Bildungssprecher Neugebauer
war ein falsches Signal“. Da hat er recht. Er ist jetzt gefordert, da muss man
sagen, neuer Mann, aber alte Standpunkte. Wieder Njet, wieder Nein. Und es geht
erst nächstes Wochenende weiter. Also, wenn der Minister Hahn einmal in die
Pflicht genommen wird, profitiert da niemand über dieses ÖVP-Netz? Doch, die
OECD-Studie zeigt uns ja, wir sind gemeinsam mit Deutschland sozial
undurchlässig. Akademiker bleibt Akademiker, Hackler bleibt Hackler, wenn es so
weitergeht. Und das ist es natürlich, was den einen oder anderen durchaus
sozusagen begeistern könnte.
Aber wer wären diese wenigen Profiteure? Es sind
diejenigen Akademiker, die nicht ein begabtes Kind haben, sondern hoffen, dass
die strukturelle Ungerechtigkeit den Nachwuchs zur Matura bringt und in die
Hochschule hineinschwemmt. Und für diese, sozusagen „feudalen rights“, macht
die ÖVP Politik und setzt ihre strukturelle Ungerechtigkeit, die aber auf
Kosten unserer Kinder geht, gegen alle pädagogische und wirtschaftliche
Vernunft durch.
Und ich sage, jetzt ist Schluss mit dieser
Blockadepolitik, her mit der neuen Mittelschule. (Beifall bei der SPÖ.) Die
können wir aber nur machen, wenn wir Rechtssicherheit haben, ich habe schon
gesagt, für vier Jahre, und für die Regionen, und wir brauchen natürlich der
Zustimmung der Eltern. Aber welcher Eltern? Die der sechsten Klasse, die von
dem überhaupt nicht mehr betroffen sind? Nun, sicher nicht, wir brauchen die
Zustimmung der Eltern, die ihre Kinder, die jetzt in die Volksschule gehen,
anmelden und die sagen, ja mein Kind soll in dieser Schule dabei sein. Und
natürlich werden auch die Lehrer, die dort unterrichten, freiwillig
unterrichten können, aber eine Zweidrittelmehrheit, und jedes Jahr abstimmen
und so weiter, also eine klassische Schulversuchsschule, das kann es regional
nicht bringen, das kann es modellhaft nicht bringen, und das wäre eine Sabotage
dieser Möglichkeiten. Und die AHS-Lehrer, die nicht wollen, die müssen ja dort
nicht unterrichten. Aber bei uns in Wien funktioniert der wechselseitige
Lehrereinsatz, ob flächendeckend wie in Floridsdorf, in vielen Fällen ja heute
schon so. Und wenn die Wiener Arbeitsgruppe die Ergebnisse präsentiert,
brauchen wir im Interesse der SchülerInnen, der Eltern, der Lehrer, die die
Frühselektion nicht wollen, die die Gesamtschule AHS ohne Differenzierung
nämlich nicht wollen, die die Hauptschule, die in Gefahr läuft, zur Restschule
zu werden, nicht wollen, die neue Mittelschule. Sie ist die Antwort darauf,
damit wir zu Recht sagen können, Wien macht die Schule des
21. Jahrhunderts. Vielen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in
Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderats nur einmal zum Wort
melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.
Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Gudenus
zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wien macht Schule. Wieder einmal,
zum öfteren Mal hintereinander, ein Thema in der Aktuellen Stunde. Wieder
einmal ein sehr wichtiges Thema und man sieht, wie schlimm es um die Wiener
Schulen und um die Bildung in Wien bestellt ist. Und ich frage mich zum
wiederholten Male, warum auch heute bei der Diskussion über die Wiener Schulen
die Präsidentin des Stadtschulrates, Susanne Brandsteidl, nicht da sein kann.
(Beifall bei der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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