Gemeinderat,
24. Sitzung vom 20.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 94
Valorisierung, die pragmatisierte Gebührenlawine -
heißt: Einerseits will man das Ziel erreichen, bedürftigen Familien die
Teilnahme an diesen Angeboten zu ermöglichen, und andererseits will man verhindern,
dass es Einbrüche bei den Beitragsleistungen gibt.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie in der doch recht
wohlhabenden Gemeinde Wien - und ich erinnere Sie an die Kosten, die Sie für
städtische Propaganda ausgeben - glauben, dass Sie Einbrüche bei den
Beitragsleistungen dadurch vermeiden, dass Sie den bedürftigen Eltern, die
Hilfe für einen gemeinsamen Urlaub benötigen, hier eine so große Mehrbelastung
aufhalsen, dann ist das eigentlich schäbig, und Sie haben als Sozialpartei
endgültig abgedankt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Im Zuge der allgemeinen
Gebührendebatte ist es mir aber auch wichtig, auf Trittbretteffekte dieser
Gebührenlawine hinzuweisen. Wir haben hier in diesem Rahmen schon oft auch
kritisiert, dass Sie die Bezirke aushöhlen. Und die Bezirke sind schleichend,
aber doch, Hauptopfer dieser Gebührenlawine, denn sehr viele städtische
Gebühren sind ja im Rahmen der Dezentralisierung auch von den Bezirken zu
tragen - ich denke an die Erhaltung der Pflichtschulen, ich denke an die
Amtsgebäude, ich denke an die Märkte, die Müllgebühren für die Märkte, die
Mülltrennung, das Abwasser für die Märkte. Das alles liegt bei den Bezirken.
Sie erhöhen die Gebühren, die die Bezirke bezahlen müssen, weigern sich aber,
das Geld für die Bezirke anzuheben und zu valorisieren. Das heißt, selbst über
den eigenen Bereich - und die Mehrzahl der Vorsteher gehört ja Ihrer Fraktion
an - ergießt sich diese Gebührenlawine, und auch das ist ein Zeichen dafür, was
Sie eigentlich von der Dezentralisierung halten. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn es in der Volkswirtschaft heißt: „die
schleichende Inflation", dann hat man eigentlich etwas anderes gemeint,
aber die schleichende Wiener Inflation besteht darin, dass die städtischen
Gebührenerhöhungen, die städtische Gebührenlawine sich in die Brieftasche aller
Wienerinnen und Wiener hineinschleicht - und das ist besonders für jene
problematisch, in deren Brieftasche sich sehr wenig befindet. Die haben nichts
von der Vermögenssteuer, sondern die trifft es, wenn sie für das tagtägliche
Leben, das sie maßgeblich mitgestalten, mehr bezahlen müssen.
In diesem Sinne bringen mein Klubobmann, meine
Wenigkeit, Herr Dipl-Ing Stiftner, Herr Mag Gerstl und Frau
Mag Feldmann einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein, dass sich der
Wiener Gemeinderat gegen jede weitere Gebührenerhöhung im Laufe der
gegenwärtigen Legislaturperiode ausspricht, solange nicht alle
Effizienzsteigerungsmaßnahmen und ausgabenseitigen Einsparungspotenziale
seitens der Stadt Wien umgesetzt worden sind. In formeller Hinsicht wird die
sofortige Abstimmung des Antrags verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Wenn Sie erst dann wieder
Gebühren erhöhen dürfen, wenn Sie anfangen, Ihre Einsparungspotenziale zu heben
und zu nutzen, dann haben die Wiener viele Jahre von Gebührenerhöhungen eine
Ruhe! - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Straubinger. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Sybille Straubinger (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr
Vorsitzender!
Ich glaube, wir sollten bei diesem Aktstück die
Kirche im Dorf lassen und einmal schauen, worum es da wirklich geht:
Die Stadt Wien ermöglicht seit fast 25 Jahren
Familien, oder Kindern mit ihren Familien, Erholungsurlaube, und natürlich sind
diese Urlaube für finanziell schwache Familien gedacht. Es geht darum, dass
diese einen Urlaub gemeinsam verbringen können oder dass Eltern bei der
Betreuungspflicht, in erster Linie in den Schulferien, eine Entlastung
erfahren. Und für diese Erholungsurlaube wird pro Kind beziehungsweise pro
Familie ein Beitrag, und zwar sozial gestaffelt, eingehoben. Bei dieser
Erhöhung geht es bei einem Vollbeitrag jetzt um 45 Cent - auf 25 EUR.
80 Prozent aller Familien und Kinder, die diesen Urlaub in Anspruch
nehmen, zahlen nicht den Vollbeitrag, sondern zahlen den Mindestbeitrag von
10 EUR, und dieser Mindestbeitrag wird auch durch dieses Geschäftsstück
nicht erhöht, sondern bleibt bei 10 EUR.
Der Kostenbeitrag für Familienangehörige steigt von
150 EUR auf 160 EUR, und zwar für 14 Tage. Also die 160 EUR
sind für 14 Tage Quartier, für Vollpension - inklusive Geschwister bis
18 Jahre, also Familienangehörige bis 18 Jahre, die kostenlos
teilnehmen, inklusive der An- und Abreise und inklusive auch eines wirklich
hochwertigen Angebotes, wo Kinder, die sonst sicher nicht diese Gelegenheit
haben, zum Beispiel Sportarten wie Segeln oder Reiten ausprobieren können, also
eines Angebotes, das sich wirklich sehen lassen kann.
Sie werden mir, nehme ich an, zustimmen, dass es hier
um eine soziale Leistung der Stadt geht. Und diese soziale Leistung besteht
auch darin, dass wir Ausgaben haben - die Stadt finanziert diese Erholungsurlaube
mit ungefähr 2,2 Millionen EUR. Es ist ein Angebot, das sehr gut
angenommen worden ist. Ich weiß nicht, wo Kollegin Smolik das herhat - ich habe
Zahlen, die im letzten Jahr bei 5 500 liegen -; vielleicht sind da die
Schullandwochen nicht dabei, denn auch dafür werden diese Quartiere genutzt. Es
ist ein Angebot, das sich auch, was die Qualität der Quartiere und der
Freizeitmöglichkeiten betrifft, wirklich nicht zu verstecken braucht, und vor
allem ist es ein Angebot, das kaum eine andere Millionenstadt zu bieten hat -
und ich glaube, es ist eines, auf das wir wirklich stolz sein können.
Wir können auf vieles in dieser
Stadt stolz sein, aber vor allem auf das soziale Netz, denn es ist ein so
dichtes soziales Netz, wie es das kaum in einer anderen Stadt gibt. Und wenn
die ÖVP hier von einer Gebührenlawine spricht und von sozialer Abzockerei und
ich weiß nicht, welchen Begriffen, dann möchte ich wirklich eines feststellen:
Ich bin mir so was von sicher, wenn Sie in den letzten Jahrzehnten diese Mehrheit
gehabt hätten, die die Sozialdemokratie hatte, dann würde dieses soziale
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