Gemeinderat,
23. Sitzung vom 27.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 59 von 99
Ich wende mich jetzt an Sie, Frau StRin Frauenberger,
weil Sie ja auch das Referat Frauen überhaben. Hier oben (Die Rednerin weist auf die Besuchergalerie.) sitzt auch eine Frau,
eine Frau, die verheiratet ist, eine Frau, die Familie hat, neun Kinder und
zwei Enkelkinder. Und diese Frau soll jetzt mit ihrer Familie am 14. Juli
delogiert werden. Es sind keine Mietzinsrückstände, die dazu geführt haben, und
wenn es um Lärm geht, dann konnte man sich jetzt selbst in diesem Haus
überzeugen, dass die Familie trotz Kleinkind seit 10 Uhr geduldigst da draußen
am Gang gewartet hat, und wären es nicht die vielen Köpfe, wären sie überhaupt
nicht aufgefallen.
Diese Familie soll delogiert werden, das heißt, der
Frau mit ihren Kindern, Ehemann und Enkelkindern wird die Wohnung weggenommen.
Das heißt auch, dass das soziale Umfeld dieser Familie massiv gestört wird. Die
Kinder müssen jetzt unter Umständen in andere Schulen kommen, haben vielleicht
weite Wege zurückzulegen. Es kommt aber sogar noch schlimmer, denn das Einzige,
was von der Stadt Wien bis jetzt erfolgt ist, war, dass man der Familie
mitgeteilt hat, dass, sollte es dazu kommen, dass bis zur Delogierung keine
Wohnung gefunden wird, die als Ersatz dient, so wird man ihr auch noch die
Kinder wegnehmen, obwohl es mit den Kindern dieser Familie bisher keine
Beanstandungen oder Probleme in dieser Hinsicht gab. Und das Ehepaar müsste
dann in das Obdachlosenheim.
Heute
am Vormittag war der Vertreter von Herrn StR Ludwig da und hat gemeint, man hat
ja auch Eigenverantwortung, man hätte sich ja längst – die Familie, der Vater –
um eine eigene Wohnung kümmern können. Die Familie hat es versucht, aber
niemand war bereit, in dieser Stadt der Familienfreundlichkeit eine so große
Familie in eine Wohnung hineinzulassen oder aufzunehmen, überdies wäre eine
Wohnung in dieser Größenordnung für diese Familie auch nur schwer, eher
überhaupt nicht finanzierbar.
Diese Frau, Frau Stadträtin, hat verzweifelt
schriftlich Hilferufe geschrieben. Sie hat geschrieben an den Herrn
Bürgermeister, aber trotz aller Demut war die Reaktion null. Sie hat einen
verzweifelten schriftlichen Hilferuf geschrieben an Wiener Wohnen. – Keine
Reaktion. Und sie hat einen verzweifelten schriftlichen Hilferuf an Herrn StR
Ludwig gerichtet, und auch hier hat sie nichts gehört. Und als sie sich an mich
gewendet hat, da war es nicht die erste Pflicht einer Politikerin, dieser
Familie zu helfen, sondern es war Menschenpflicht, Menschenpflicht, die bei
Ihnen allen leider versagt hat. Das muss ich hier auch einmal sagen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Sie wollen dieser Familie nicht helfen, denn ohne
dass man sich vielleicht zusammensetzt im Sozialressort, im Jugendressort, im
Ressort Wohnen und auch mit den Frauen und hier versucht, gemeinsam eine Lösung
zu finden, sagt man nur, der Beschluss des Bezirksgerichtes steht. So ist es.
Auch heute war keine bessere Antwort zu bekommen. Leider.
Ich bitte Sie jetzt, Frau Stadträtin – schließlich
sind Sie ja auch Mutter –, reden Sie mit Ihren Kollegen, reden Sie mit Ihren
Kolleginnen, lassen Sie nicht zu, dass diese Familie getrennt wird oder auf die
Straße gesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Korun. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Alev Korun (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrte Besucher und Besucherinnen auf der Besuchergalerie!
Ich wollte eigentlich mit etwas anderem anfangen, aber
ich greife die Worte und vor allem den Inhalt der Rede meiner Vorgängerin auf
und möchte mit dem beginnen.
Die Familie hat sich offensichtlich, wie Sie gesagt
haben, an die FPÖ gewandt. Wir sagen, es ist egal, an welche Partei sich eine
Familie oder Menschen in Not wenden, es geht um das Problem, und offensichtlich
ist es ein großes Problem. Ich möchte von diesem Rednerpult aus auch ganz klar
sagen, dass es uns nicht egal ist, dass es in Wien Familien geben soll oder
Fälle geben kann, wo Familien auf der Straße landen, wo Familien obdachlos
werden oder sind. Und wenn das noch dazu Familien mit minderjährigen Kindern
sind, noch dazu, wie in diesem Fall, mit mehreren minderjährigen Kindern, dann
ist es weder den GRÜNEN egal noch kann es der Stadt Wien egal sein, dass eine
Familie obdachlos wird. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Da muss auf jeden Fall etwas gemacht werden. Wir
haben uns bereits über die Probleme erkundigt, weil wir von den Problemen
gehört haben. Es gibt offensichtlich ein Verfahren, das inzwischen so
finalisiert wurde, dass es einen gültigen Beschluss gibt. Das kann und sollte
nicht heißen, dass die Familie auf der Straße landet, denn wenn die Familie
obdachlos wird, dann ist wieder die Stadt Wien zuständig dafür, dass sie eine
Bleibe findet. Dass es nicht einfach ist, mit Kleinkindern, noch dazu mit
mehreren minderjährigen Kindern, in Wien eine Wohnung zu finden, das wissen wir
alle (GR Mag Wolfgang Jung: Da findet sich niemand, der dafür zuständig
ist!), und wir finden, dass da auf jeden Fall eine Lösung gefunden werden
muss.
Die Probleme, die zu der Klage und zum
Delogierungsantrag geführt haben, sind offensichtlich Nachbarschaftskonflikte.
Nachbarschaftskonflikte kann es geben, gibt es mehr oder weniger überall, wo
Menschen zusammenleben. Dazu sagen wir ganz klar: Egal, wo das ist, ob das in
privaten Häusern ist, in Gemeindewohnungen ist, in Gemeindebauten ist, die
Nachbarn und Nachbarinnen sollten miteinander reden, sollten die Bereitschaft
haben, miteinander zu reden, miteinander zu kommunizieren. Es kommt leider
Gottes immer wieder zu Fällen, wo das nicht möglich ist, aus welchen Gründen
auch immer, wo die Gesprächsbasis verloren geht, wo man nicht mehr miteinander
reden kann. Vor allem für solche Fälle sollten ausgebildete Mediatoren und Mediatorinnen
da sein, die versuchen zu verhandeln zwischen den Nachbarn und Nachbarinnen,
die versuchen, eine Lösung zu finden.
Da hat die Stadt Wien ein paar
Schritte gesetzt, die
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular