Gemeinderat,
23. Sitzung vom 27.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 99
Floridsdorf und Donaustadt
zwei Bezirke, da gibt es für Kurzzeitpflege - oder wenn Angehörige einmal in
Urlaub fahren wollen -, bitte, genau vier Pflegebetten. Vier Pflegebetten für
eine Kurzzeitpflege für zwei große Bezirke! Ich glaube, es gibt dort über
350 000 Einwohner. Ich glaube, hier sollte man auch einen Ansatz
machen, dass das einmal nicht passiert.
Dann einige Forderungen, aber
die würden natürlich dem Bund gehören: Das wäre die Finanzierung. Ich glaube,
es wäre einmal ganz wichtig, dass wir in diesem Bereich einen Fonds gründen,
der vor allem zweckgebunden ist, wobei Mittel zum Beispiel - wie auch
mein Vorredner schon gesagt hat - aus der Mehrwertsteuer auf Tabak,
Behelfsmittel und Arzneimittel in den Fonds einfließen. Das wäre einmal ganz
wichtig.
Oder: Start einer Ausbildungsoffensive, dass das
Personal einmal eine Aufwertung erhält. Das sagen nicht nur wir Freiheitliche,
das sagt sogar der Bericht der Wiener Heimkommissionen. Es sollte einen
Lehrstuhl für Geriatrie geben. Ich lese Ihnen das vor: Im vorhergehenden
Bericht der Wiener Heimkommission wurde unter Punkt ... auf das Fehlen
eines Lehrstuhls für Geriatrie an der Medizinischen Universität Wien in diesem
immer wichtiger werdenden Fachgebiet hingewiesen. Im Entwicklungsplan der
Medizinischen Universität Wien ist bereits festgehalten, dass ein Lehrstuhl für
Geriatrie notwendig ist. - Also nicht nur wir sagen das, sondern auch die
Wiener Heimkommissionen.
Vielleicht sollte ich etwas zum Fonds Soziales Wien
sagen. Im September 2006 gab es die Schließung des Altersheims der
Karmeliterinnen in der Töllergasse. Da muss ich wirklich sagen, Herr Hacker hat
hier vorzügliche Arbeit geleistet, wenn ich bedenke, dass es so schnell
gegangen ist: dass man - ich glaube, ich habe es noch im Kopf - an die
60 Personen so schnell untergebracht hat, und vor allem gemeinsam, sodass
sie wieder einen Heimplatz bekommen haben, wo sie hin wollten, und vor allem so
- was mir persönlich sehr wichtig war -, dass das zu den gleichen Konditionen
erfolgte, die sie im vorherigen Altersheim vorgefunden hatten. Da möchte ich
Herrn Hacker gratulieren, das hat er wirklich vorzüglich gemacht! Und dafür möchte
ich ihm auch persönlich meinen Dank aussprechen, weil ich mich persönlich um
dieses Heim gekümmert habe. Das hat wirklich sehr gut geklappt.
Meine Damen und Herren! Den drei Anträgen werden wir
natürlich zustimmen. Ich kann abschließend nur sagen, hoffentlich werden einige
Sachen von uns hier erhört, möchte ich dazusagen; vielleicht, dass diese
5 000 EUR-Grenze endlich auch wegkommt. - Danke. (Beifall bei der
FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau Mag
Antonov hat sich gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag Waltraut Antonov (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Bei der Schilderung von Kollegin Klicka habe ich mir
gedacht: Das klingt so euphorisch, das klingt so gut; eigentlich müsste ich mir
wünschen, dass ich jetzt schon alt bin und jetzt schon in eine
Betreuungseinrichtung der Stadt Wien wechseln kann. Warum wünsche ich mir das
doch nicht? Das Stichwort ist dann auch wieder von Kollegin Klicka gekommen.
Sie hat gemeint: Den Alltag leben. Da habe ich mir gedacht: Da liegt das
Problem!
In den Betreuungseinrichtungen und in allen
Einrichtungen, die wir haben, bemühen wir uns, den Alltag nachzubauen: so, dass
die Menschen den Alltag als Spielwiese haben. Da, glaube ich, braucht es einen
Perspektivenwechsel! Anstatt in den Betreuungseinrichtungen den Alltag
nachzubauen, sollten wir uns bemühen, mit der Betreuung, mit der Hilfe und mit
der Unterstützung für ältere Menschen in deren Alltag, in den realen Alltag zu
gehen.
Die aktuelle Pflegedebatte zeigt es auch: In erster
Linie geht es immer um die Kosten. Da stehen nicht die Menschen im Mittelpunkt,
da stehen die Kosten im Mittelpunkt. Worte wie „der Pflegenotstand", „illegale
Pflege" und vieles mehr tragen dazu bei, dass ein negatives Bild vom Alter
entsteht. Alter wird als Last empfunden und als Belastung, nicht nur für die
davon Betroffenen, sondern auch für alle Angehörigen. Alter wird so zu einer
schrecklichen Vorstellung, und es wird zu etwas, womit wir uns auf keinen Fall
auseinandersetzen wollen - und zwar so lange wie möglich wollen wir uns damit
nicht auseinandersetzen!
Aber das ist ein Fehler. Es wäre dringend notwendig, dass
es da einen Perspektivenwechsel gibt, dass das Alter enttabuisiert wird, dass
wir uns hinsetzen und uns überlegen: Wie wollen wir unser Alter gestalten? Wie
soll dieses Alter ausschauen? Wie will ich im Alter leben?
Aus allem, was bereits gesagt wurde, entnehme ich
viel Positives. Kollegin Pilz hat auch schon gesagt, dass wir diese drei Heime,
die wir heute beschließen, als einen Schritt in die richtige Richtung empfinden
und dass wir deswegen auch zustimmen, auch wenn wir uns wünschen würden, dass die
Einheiten kleiner sind, weil wir glauben, dass auch die 300 Plätze noch zu
viel sind. Dennoch ist es ein Schritt in die richtige Richtung, und wir können
dem zustimmen.
Aber was braucht es darüber hinaus noch, damit das
Alter keine Schreckensvorstellung ist? Wichtig wäre meines Erachtens eine
Diskussion darüber. Ich hatte ja die naive Hoffnung, dass wir in der
Geriatriekommission solche Diskussionen führen würden, als ich dort neu
hineingekommen bin. Mittlerweile bin ich ziemlich ernüchtert über die Geriatriekommission,
weil dort alles Mögliche diskutiert wird oder auch nicht diskutiert wird, weil
zum Beispiel Unterlagen so spät gebracht werden, dass man gar nicht mehr
diskutieren kann.
Wenn Vorschläge zur Tagesordnung kommen - wie zum
Beispiel von Kollegin Pilz -, dann werden sie einfach abgewimmelt, und es wird
nicht darüber diskutiert. Wenn Kollegin Pilz von der Vorsitzenden der
Geriatriekommission erfahren möchte, wie es mit der Pflegesituation in Wien
ausschaut, dann will es die Vorsitzende gar nicht wissen, sie geht nicht darauf
ein. Sie sagt, sie weiß es nicht, sie will nicht, sie kann nicht. Schade!
Das Wesentliche im Alter wäre
eigentlich das selbst
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