Gemeinderat,
23. Sitzung vom 27.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 99
wollen mehr Qualität und mehr Plätze. Und das werden
wir so oft und so lange sagen, wie es uns gefällt! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der Herr Bürgermeister hat uns heute auch ein Motto
verraten, nach dem offensichtlich die Politik dieser Stadt funktioniert: Er hat
gesagt – und das hat mir ganz prächtig gefallen! –, dass gute Ideen
und hinkende Pferde etwas gemeinsam haben, dass sie nämlich zu spät kommen. Dazu
sage ich: Das wissen die GRÜNEN schon lange! Leider landen unsere guten Ideen
regelmäßig im Nirwana, weil Sie offensichtlich auf dem Standpunkt stehen, dass
man sie nicht braucht, weil sie zu spät kommen. Schade! (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Ich habe aber auch – wie immer – einiges
von Frau GRin Matiasek und natürlich jede Menge von Herrn GR Gudenus
gelernt. Und ich sage jetzt ganz ernsthaft etwas in Richtung FPÖ, und das meine
ich nicht polemisch oder grauslich: Es ist sehr wohl Tatsache, dass dreijährige
und vierjährige Kinder in einem Kindergarten voneinander und miteinander
spielerisch tadellos und einwandfrei Deutsch lernen können. Ich war auch ein
solches Kind: Ich bin nämlich als deutschsprachiges Kind in einen französischen
Kindergarten gegangen und habe dort spielerisch wie von selbst innerhalb von
zwei Jahren perfekt Französisch gelernt. Und was ich kann, können die anderen
Kinder auch, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den
GRÜNEN. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich komme jetzt noch einmal zurück zum Ausgangspunkt
des Problems: Ich habe das Problem bereits gestern genannt. Wir müssen zur
Kenntnis nehmen, dass in Wien die Herkunft der Kinder ausschlaggebend für ihre
Bildungslaufbahn ist. Arme Kinder bleiben arm, Kinder aus bildungsschwachen
Familien bleiben bildungsschwach. Daher sollten wir uns meiner Meinung nach in
diesem Gemeinderat darauf einigen, daran etwas zu ändern! Wir haben gesagt,
dass der Kindergarten hervorragend dafür geeignet ist, daran etwas zu ändern,
die Benachteiligung der Kinder zu beseitigen und Chancengerechtigkeit
tatsächlich herzustellen.
Ich wiederhole das, auch wenn es Herrn
GR Wutzlhofer vielleicht nicht besonders gut gefällt: Die Wiener GRÜNEN
wollen die Benachteiligung von Kindern beseitigen und erreichen, dass
Chancengerechtigkeit hergestellt wird. Fangen wir damit doch bitte bei den
Dreijährigen im Kindergarten an! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Daher wollen wir für jedes dreijährige Kind das Recht
auf einen Kindergartenplatz. Dieser Kindergartenplatz soll kostenlos sein, wie
es die Schule als Bildungseinrichtung ganz selbstverständlich auch ist. Es gibt
kein Argument, das geeignet ist, dass man sagt: Die Schule kostet nichts, aber
der Kindergarten kostet schon etwas! Damit verzichten wir nämlich auf die Begabungen
und Fähigkeiten jedes vierten Wiener Kindes. Und das wollen wir nicht!
Abschließend möchte ich sagen: Die Kinder haben
verschiedene Herkunft. Mögen Sie eine gemeinsame Zukunft haben! (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste
am Wort ist Frau GRin Mag Anger-Koch. – Bitte.
GRin Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte mich meiner Vorrednerin, Frau GRin
Jerusalem, anschließen und auch sagen: Wir werden weiter reden, Herr
Wutzlhofer! Wir lassen uns auch nicht gefallen, dass Sie uns jetzt einfach zum
Stillschweigen bringen wollen und wieder einmal versuchen, alles schönzureden,
indem Sie sagen, dass in Wien alles perfekt ist. (Zwischenruf von GR Jürgen
Wutzlhofer.) Nein, überhaupt nicht! Aber es ist eben nicht alles perfekt,
sonst würden wir ja nicht da stehen und mit Ihnen darüber diskutieren wollen! (Beifall
bei der ÖVP.)
Das Vorschuljahr, das Sie vorschlagen, ist vielleicht
diskutabel. Dieses gilt jedoch für die Fünf- bis Sechsjährigen. Wir reden hier
aber vom Kindergarten, der eine Bildungseinrichtung ist, und dieser beginnt
schon für Kinder im Alter von drei Jahren oder sogar von einem Jahr, wenn die
Kinder in der Krippe sind. Darauf müssen wir aber aufbauen, denn das kann nicht
einfach negiert werden. Sie können nicht wieder typischerweise nach der Methode
vorgehen: Der Stillstand geht – wie immer – weiter. Das geht nicht! (GRin
Sonja Kato: Das ist kein Stillstand!) Doch, das ist ein Stillstand! Sie
nehmen keine Vorschläge an! Gestern haben Sie bei den Abstimmungen überall
dagegen gestimmt! Jeder Vorschlag wird torpediert! (Zwischenruf von GRin
Barbara Novak.) Nein! Bitte nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! Der
Bildungsplan ist ein Ansatz, aber er ist noch nicht dort, wo er hingehört! (Beifall
bei der ÖVP. – Zwischenruf von GR Jürgen Wutzlhofer.)
Das ist gut. Aber es gibt noch viele andere Dinge, zu
denen ich jetzt gerne kommen möchte: So soll zum Beispiel das letzte Kindergartenjahr
gebührenfrei angeboten werden, damit es für jeden leistbare Betreuungsplätze in
Wien gibt. (Zwischenruf von GRin Sonja Kato.) Ja, ich weiß! Aber
vielleicht überdenken Sie das einmal, weil sich ja auch die gesamte Situation
der Familien geändert hat. Wir haben heute schon in den Ausführungen von
Kollegin Smolik gehört, dass es viele Patchwork-Familien gibt. In Wien beträgt
die Scheidungsrate 65 Prozent, das ist der höchste Scheidungsratenanteil
in ganz Österreich. Daher fordere ich Sie auf, doch einmal auf die aktuelle
Situation der Wiener und Wienerinnen einzugehen!
Weiters ist bei den Öffnungszeiten die Vereinbarkeit
von Beruf und Familie sehr wichtig. Noch einmal: Es gibt sehr viele
AlleinerzieherInnen, die den Kindergarten als Bildungseinrichtung brauchen. Für
diese Damen und Herren ist es ganz wichtig, dass sie wissen, dass es ihren
Kindern gut geht.
Weiters: Wir zahlen in Wien 270 EUR im Monat für
den Kindergarten. Wenn man das mit dem vergleicht, was die Studierenden zahlen,
dann ist das ein Wahnsinn! Das muss man sich einmal leisten können! (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich möchte Sie noch einmal bitten,
unsere Vorschläge zu überdenken und anzunehmen Das ist ganz wichtig: Bitte tun
Sie das! Machen Sie den Wienern und
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