Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 118
werden. Die Antwort der SPÖ-Regierung – wir wissen es – ist Schönrederei und Negierung der Bedürfnisse und Wünsche der inländischen Bevölkerung. Es ist leider Tatsache, dass für die Stadtregierung das, was allen anderen Bevölkerungsteilen aus aller Herren Länder zugestanden wird, nämlich die Wertschätzung von Traditionen, die Wichtigkeit der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, aber auch religiöse Überzeugungen, für die einheimische Bevölkerung offensichtlich immer weniger Stellenwert hat. Man kann die Situation in einem Satz festmachen: Integration findet im Wesentlichen nicht mehr statt.
Es bleibt zu hoffen, meine Damen und Herren, dass auch in
Wien die Utopie der multikulturellen Gesellschaft, die in Wirklichkeit nur für
die globalisierte Wirtschaft zur Beschaffung von entwurzelten und billigen
Konsumenten und Arbeitskräften von Nutzen ist, rechtzeitig als das erkannt
wird, was es wirklich ist, nämlich eine Gefahr für das Zusammenleben und für
die eingeführten, bewährten Gesellschaftsstrukturen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Als Nächste am Wort ist Frau GRin Mag Korun. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Alev Korun (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Frau Vorsitzende! Sehr geehrt Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen!
Das
große Problem mit der Wiener Integrationspolitik ist, dass sie 30 Jahre nach
Einsetzen der Arbeitsmigration schlicht und ergreifend nicht existent war. Das
große Problem der Integrations- und Diversitätspolitik in Wien heute ist, dass
sie hauptsächlich aus einem Fleckerlteppich von lauter Einzelmaßnahmen besteht.
Und das ist einer unserer wesentlichen Kritikpunkte an der derzeitigen
Integrations- und Diversitätspolitik der Stadt Wien, dass sie nämlich keine
wirkliche Zielrichtung hat, dass sie keine stringente Linie hat, dass man nicht
weiß, wohin die Reise geht, wo man in fünf Jahren stehen will, und dass man vor
allem nicht weiß, welche konkreten Maßnahmen diese Zielerreichung gewährleisten
sollen.
Dieser
Fleckerlteppich, der, wie gesagt, aus mehreren Einzelmaßnahmen besteht, enthält
teilweise durchaus sinnvoll Maßnahmen, und das zeigen wir ja auch durch unsere
Unterstützung einerseits im Integrationsausschuss, andererseits bei den
Beschlüssen im Gemeinderat. Es ist sinnvoll, Sprachkurse anzubieten, es ist
sinnvoll, immigrierte Menschen bei ihrer Integration in Wien und woanders zu
unterstützen.
Es geht
also nicht um eine Pauschalkritik, die in Bausch und Bogen alles, was in Wien
im Namen der Integration durch die Stadt Wien passiert, ablehnt, aber dass es
keinen großen Plan gibt – wir nennen ihn ganz gerne Integrationsmasterplan und
fordern ihn seit Jahren für Wien –, das wirkt sich letztendlich für Wien und
für alle Bewohnerinnen und Bewohner Wiens negativ aus.
Es gibt
ein paar positive Entwicklungen im letzten Jahr, beispielsweise, dass die
Wiener SPÖ offensichtlich nach über 40 Jahren Arbeitsmigration den
Stellenwert der Arbeitsmarktintegration für eingewanderte Menschen erkannt hat,
dass also gesellschaftliche und soziale Integration, so etwas wie
gesellschaftlicher Aufstieg, berufliche Mobilität sehr maßgeblich von der Stellung
am österreichischen Arbeitsmarkt abhängt und dass man dafür etwas tun muss,
dass man die Leute nicht sich selbst überlassen kann und darf.
Wir
begrüßen, dass so etwas wie eine Niederlassungsbegleitung mit einer
Berufserstberatung etabliert wurde – nicht so zur großen Überraschung war das
eine grüne Forderung, waren das grüne Vorschläge und grüne Ideen, die jetzt im
Rahmen eines rot-grünen Projekts in Wien etabliert werden –, dass Menschen
sozusagen vom ersten Tag ihrer Einwanderung nach Wien an informiert werden über
den Arbeitsmarkt hier, über die Arbeitsmöglichkeiten und auch begleitet werden
bei der Arbeitsmarktintegration, und es macht natürlich Sinn, dass das auch in
der Muttersprache passiert, weil sehr viele der Eingewanderten im ersten Jahr,
in der ersten Zeit noch nicht ausreichend Deutschkenntnisse haben, um diese
Informationen auf Deutsch konsumieren zu können.
Begrüßenswert
ist, dass nun endlich nach über 40 Jahren Arbeitsmigration so etwas wie
eine Nostrifikationsberatung in Wien etabliert wird, dass man also nicht sagt,
es ist uns egal, was für Qualifikationen und Kenntnisse die Leute mitbringen,
sollen sie doch als Hilfsarbeiterinnen, als Putzfrauen, als Bauarbeiter tätig
sein, sondern dass man einerseits diese Qualifikationen erheben will, was
natürlich auf Freiwilligkeit beruhen soll, aber dass man durch Begleitung mit
einer Nostrifikationsberatung auch versucht, die Leute vor einer
Dequalifizierung zu bewahren. Die ist in Österreich ein großes Problem. Das
sagen nicht nur wir, das sagt beispielsweise das Zentrum für soziale
Innovation, dass 45 Prozent der ausländischen Arbeitskräfte in Österreich
unter ihrer Qualifikation arbeiten. Das bedeutet nicht nur, dass sie von
Arbeitslosigkeit stärker bedroht und betroffen sind, sondern dass Österreich
auch ihre Qualifikationen verloren gehen. Da hätte eigentlich schon längst
etwas passieren müssen, doch nach dem Motto „better late than never" ist
es begrüßenswert, dass endlich eine Qualifikationsanerkennungsberatung
etabliert wird.
Das Bildungssystem
wurde sowohl gestern als auch heute mehrfach angesprochen. Die Versäumnisse im
Bildungssystem sind teilweise begründet in den Versäumnissen von über
30 Jahren, dass man sich eingebildet hat, die Leute werden schon
zurückgehen, die Kinder werden irgendwie Deutsch lernen und werden irgendwie
schon in der Schule Erfolg haben. Passiert ist es teilweise nicht. Und der
Lehrer- und Lehrerinnenmangel, dem Wien durch die Zustimmung zum
Bund-Länder-Finanzausgleich sozusagen zugestimmt hat, der macht das Ganze noch
viel schlimmer. Wir haben eindeutig viel zu wenig Förderlehrer und
-lehrerinnen, prinzipiell egal, ob für deutschsprachige oder
nichtdeutschsprachige Kinder, denn alle Wiener Kinder sollten in der Schule
gefördert werden und dürfen nicht im Stich gelassen werden.
Das Drop-out-Risiko, also das Risiko von Schülern
und Schülerinnen, aus dem Bildungssystem vorzeitig auszuscheiden, ist für
Schüler und Schülerinnen ohne
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular