Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 140
die GRÜNEN zum Beispiel für eine Grundsicherung et cetera. Ich will das alles nicht wiederholen, sondern: Was soll man dieser Frau tatsächlich raten? Denn wo immer sie hingeht und wo immer sie bis jetzt war, hat man gesagt: Nein, für Sie können wir nichts mehr tun - fertig!
Die ist in einer Wohnung, wo sie nicht weiß, wie sie die
Miete zahlt, und eine Gemeindewohnung gibt es nicht, die günstiger wäre -
Punkt. Mitten in Wien können wir der Frau empfehlen: Tut uns leid, Geld
sammeln, wir können ihr etwas spenden, aber offiziell helfen wird ihr niemand -
Punkt. Das ist die Antwort; das ist die Antwort in einer reichen Stadt!
Das war einer der Indikatoren, die Martin Margulies
in der Früh schon völlig richtig erwähnt hat: Woran messen wir den Erfolg, den
politischen Erfolg, wenn man einen Rechnungsabschluss unter die Lupe nimmt? Zum
Beispiel daran, ob Armut zunimmt oder abnimmt! Sie nimmt zu, und das ist ein
gravierendes Beispiel.
Ich habe jetzt ein Einzelbeispiel vorgelesen, und ich
werde künftig jedes Mal bei der Budgetdebatte, jedes Mal bei der
Rechnungsabschlussdebatte mindestens ein solches Beispiel vorlesen. Oder
vielleicht gönnen wir uns einmal mehr, es sind nämlich leider schon sehr viele
Einzelbeispiele, denen es so geht. Mir wäre es recht, wenn ich für dieses
Einzelbeispiel eine Lösung finden würde und wenn sich jemand von der Stadt
dieser Frau annehmen würde.
Ein paar Sätze noch zur Betreuung von Kindern unter
drei Jahren: Wer will, bekommt einen Platz, hat es in der Vorrede geheißen, mit
einem Deckungsgrad von 51 Prozent, glaube ich, hat der Vorredner gesagt.
Ich erkläre Ihnen an einem Beispiel, wie das so läuft.
Ein grüner Funktionär versucht, sein Kind anzumelden,
das ist zwei Jahre alt - zwei Jahre alt, er ist gleich alt wie meiner, also ist
er im September zwei Jahre alt -, er meldet es ganz normal und bekommt keinen
Platz für das Kind - 20 Monate. Er ruft an und fragt, warum er keinen
Platz bekommt, und will sich erklären lassen, was er vielleicht noch tun kann
und wohin er sich wenden soll.
Warum hat er keinen Platz bekommen? Weil er
ungünstigerweise nicht Maier oder Müller heißt, sondern die Auskunft hat auch
so gelautet: Wenn wir zu wenig Plätze haben, dann geben wir jenen keine, von
denen wir annehmen, dass sie sich weniger schnell wehren. Weniger schnell
wehren, das betrifft in dem Fall ganz klassisch den Nachnamen, und sie hat das
auch unverhohlen so gesagt: Wenn man einen türkischen Nachnamen hat, einen
jugoslawisch klingenden Nachnamen hat oder einen anderen fremdländisch und
nicht Deutsch klingenden Nachnamen hat, dann fällt man bei dem eben durch.
Jetzt ist es das Pech gewesen, dass der Herr zwar auf
„itsch" endet, aber auf „itsch" enden im Wiener Telefonbuch allerhand
Leute, die schon sehr lange hier wohnen. Das ist jetzt auch so ein Fall, der
wohnt ebenfalls schon generationenmäßig in Wien, hat am Telefon auch schönes
Wiener Deutsch gesprochen - und siehe da, es war kein Problem. Schon hat er
einen Platz gehabt, am Telefon geregelt. Zuerst hat er keinen bekommen, und
dann, am Telefon geregelt, hat er einen Platz gehabt - Punkt.
Die Auskunft war: Na ja, wissen S' eh, wir haben zu
wenig Plätze, und die müssen wir irgendwie zuteilen. Hätte er „Herr
Doktor" geheißen, wäre es vielleicht auch leichter gewesen, aber so hat er
keinen akademischen Grad auf seinem Bewerbungsschreiben, oder wie man das nennt,
auf seiner Anmeldung gehabt und ist durchgefallen. So schaut die Platzvergabe
aus: Zu wenig gibt es allemal, und die, die es gibt, werden dann eben nach
irgendeinem System vergeben. Und das war das System.
Es gibt zu wenige Plätze, da gibt es kein
Vorbeireden. Wir wissen, wer in der Frage besonders benachteiligt ist, nämlich
die Selbstständigen, denen man dann immer sagt: Ihr habt eh genug Zeit, ihr
braucht eh keinen Platz - als ob sie alle nichts zu arbeiten hätten. Aber nicht
jeder Selbstständige hat eine große Firma, sondern die meisten - die kleinen,
die EPUs, in denen vielleicht noch Mann und Frau drinsitzen, die also des
Öfteren ZPUs sind, Zwei-Personen-Unternehmen - arbeiten ohnehin alle so viel,
dass sie eben nicht übrige Zeit aufbringen können. Die werden immer
geschnitten, und die werden übrigens auch bei der Bemessung, wie viel sie denn
aufbringen können, schnell einmal auf Höchstbemessungsgrundlage gezwungen, weil
man denen nicht so schnell glaubt, was sie abgegeben haben. Die zahlen also
schnell einmal voll, falls sie überhaupt einen Platz bekommen, oder sie kriegen
gleich gar keinen Platz.
Dieser Fall ist dokumentiert, und wir werden sehen,
ob wir noch viele andere solche Fälle finden. Dieses Beispiel war in
Transdanubien, im 21. Bezirk, dort werden die Plätze offensichtlich unter
anderem nach dem Nachnamen vergeben. Da würde es wahrscheinlich den einen oder
anderen - jetzt habe ich nicht alle Nachnamen hundertprozentig im Kopf - in
diesem Haus auch treffen, weil wir eben da herinnen auch nicht alle Maier und
Müller heißen, und wir könnten wahrscheinlich dann mit einem zusätzlichen
Telefonat trotzdem unseren Platz bekommen.
Aber die Idee ist nicht, dass diejenigen, die wissen,
wie sie sich wehren und durchsetzen, einen Platz bekommen, sondern die Idee
muss sein, dass alle Kinder einen Platz bekommen und ein Angebot von hundert
Prozent zumindest für jene, die es gerne haben wollen, existiert. Aber das
existiert nicht, und Sie wissen das! Daran kann man sich nicht vorbeischummeln,
sondern es wäre gescheiter, wenn wir gemeinsam Lösungen suchen und finden, wie
man das finanzieren kann - keine Frage, das kostet Geld - und dann auch
anbieten kann, und nicht ständig sagen: Es gibt ohnehin genug Plätze und wer
einen will, kriegt einen. Das ist nicht richtig. - Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Riha. Ich erteile es ihr.
GRin Monika Riha (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular