Gemeinderat,
21. Sitzung vom 25.05.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 105
Schriftführerin GRin Susanne Jerusalem:
„Dringliche Anfrage betreffend Energiewende in Wien.
Begründung: Die neuesten Berichte des IPCC im Auftrag
der UNO beweisen eindrücklich, wie massiv der vom Menschen verursachte
Klimawandel ist und welche negativen Folgen zu erwarten sind. Im Zuge der
Präsentation der aktuellen Berichte hat die öffentliche Diskussion zum
Klimawandel stark an Breite und Bedeutung gewonnen. Unumstritten ist
mittlerweile, dass eine Energiewende dringend notwendig ist.
Leider hat Österreich in der Klimaschutzpolitik
bislang völlig versagt. Die Treibhausgasemissionen lagen im Jahr 2005
ganze 36 Prozent über dem Kyoto-Ziel. Aber auch in Wien ist der Trend der
Treibhausgasemissionen nicht positiv zu beurteilen.
Der Energieverbrauch in Wien steigt drastisch an: plus 25 Prozent innerhalb von 10 Jahren. Neben den negativen Folgen für das Klima sind auch die steigenden Energiekosten für die Haushalte relevant.
Ein großer Teil der in Wien verbrauchten Energie
kommt aus Öl und Gas, ein Teil leider auch aus Atomkraft. Die gesamte
Energieaufbringung in Wien erfolgt zu 83 Prozent durch die Energieträger
Öl und Erdgas, nur zu 8 Prozent werden erneuerbare Energieträger
eingesetzt. Insbesondere das von der Stadt Wien selbst festgelegte
Klimaschutzziel von 14 Prozent weniger Kohlendioxid-Emissionen bis 2010
wird nicht annähernd erreicht werden. Die Stadt Wien muss ihre Anstrengungen in
Bezug auf den Klimaschutz deutlich verstärken.
Die unterfertigten GemeinderätInnen stellen daher
folgende Dringliche Anfrage:
1. Wann wird die Stadt Wien das Vorarlberger Modell,
Passivhausstandard für alle geförderten Wohnbauten ab 1.1.2007, übernehmen und
den gesamten geförderten Wohnbau auf Passivhausstandard-Bauweise umstellen?
2. Trotz hohen Potenzials ist Wien im
Bundesländervergleich bei der solaren Warmwasseraufbereitung weit
abgeschlagenes Schlusslicht. Nur 2,6 Prozent aller in Österreich im
Jahr 2005 installierten Sonnenkollektoren zur Erzeugung von Warmwasser und
Raumwärme wurden in Wien installiert. Was gedenken Sie hier zu ändern? Welche
politischen Ziele setzen Sie als Bürgermeister der Stadt Wien in diesem Bereich
bis 2020? Wie viele Quadratmeter Sonnenkollektorflächen sollen bis dahin neu
installiert werden?
3. Energieeffizientes Bauen sollte auch ein
Ausbildungsschwerpunkt an den Wiener Universitäten und Fachhochschulen werden.
Welche Initiativen ergreift die Stadt Wien in diesem Bereich, um diese anzuregen?
4. Die meisten StrombezieherInnen wissen nicht, wie
hoch ihr jährlicher Stromverbrauch ist; dies auch deshalb, weil die
Stromrechnungen der meisten Stromanbieter völlig unübersichtlich sind. Sinnvoll
wäre es, in einem Begleitschreiben zur Jahresabrechnung den
Jahresstromverbrauch dezidiert anzuführen und auch eine Bewertung dahin gehend
abzugeben, wie dieser im Vergleich zum Durchschnitt der jeweiligen
Haushaltsgröße liegt - Stromverbrauchsplakette. Unterstützt die Stadt Wien die
Einführung einer übersichtlichen Stromverbrauchsangabe? Wenn ja, wie?
5. Welche Vorgaben und Richtlinien in Bezug auf
Energieeffizienz gibt es für Büro-, Schul-, Gewerbe- und Spitalsgebäude? Wer
ist für die Erstellung und Umsetzung dieser Richtlinien zuständig?
6. Der Stromverbrauch zur Klimatisierung ist in den
letzten Jahren sehr stark angestiegen. Die Nutzung der thermischen Solarenergie
für Kühlzwecke ist insbesondere in der warmen Jahreszeit eine besonders
aussichtsreiche Alternative, um den Anstieg beim Stromverbrauch in den Griff zu
kriegen. Solarcooling sollte deshalb ein wichtiger Forschungsschwerpunkt sein
und bietet die Chance für eine wirtschaftlich erfolgreiche Exporttechnologie.
In welcher Form unterstützt die Stadt Wien die Forschungstätigkeit und die
Umsetzung von Musterprojekten auf diesem Gebiet?
7. Welche Maßnahmen wird die Stadt Wien ergreifen, um
den Energieverbrauch zur Klimatisierung von Wohn- und Bürogebäuden einzudämmen
und nach oben hin mit klarer definierten Werten zu begrenzen?
8. Die öffentliche Hand hat immer auch eine Vorbild-
und Vorreiterrolle. Wie nimmt die Stadt Wien diese bei der Errichtung von
Schulen, Amtshäusern, Bürogebäuden et cetera wahr? Welche öffentlichen Gebäude
werden derzeit von der Stadt Wien im Passivhausstandard errichtet?
9. Welche Strategie zur Nutzung von Biogas verfolgt
die Stadt Wien? Wird Biogas ins Gasnetz eingespeist werden? Welche
Kooperationen und Beteiligungen gibt es, um Biogas effizient nutzen zu können?
10. Wird Biogas bei städtischen Fahrzeugen genutzt
werden, zum Beispiel bei der MA 48?
11. Wie hoch ist der durchschnittliche CO2-Ausstoß
pro Kilometer der benzin- und dieselbetriebenen Dienstwägen der StadträtInnen,
der Klubs und der Landtagspräsidenten? Und wie hoch liegen diese im Vergleich
zu den EU-Zielwerten?
12. Welche Schritte plant die Stadt Wien, um den
Wiener Haushalten persönliche Energieberatungen durch unabhängige
EnergieberaterInnen zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern, um Kosten
und Energieverbrauch zu reduzieren?
13. Welche finanziellen Anreize, Förderungen,
Initiativen et cetera sind geplant, damit Wiener Haushalte derartige
Energiesparberatungen nutzen?“
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke
für das Vorlesen dieser Unterlage. - Für die Begründung der Dringlichen Anfrage
sieht die Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs 1 eine Redezeit von
20 Minuten vor.
Zur Begründung der Dringlichen Anfrage erteile ich
nun Frau GRin Mag Vassilakou das Wort.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Bürgermeister!
Verehrte Damen und Herren!
Zunächst zum Hintergrund dieser
Debatte: Wie Sie alle wissen, sprechen die Berichte der UNO eine eindeutige
Sprache. Der Klimawandel ist ein Faktum, das ist nicht etwas, was irgendjemand
von uns behauptet. Allein
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