Gemeinderat,
21. Sitzung vom 25.05.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 105
darstellt.
Das wäre das eine. Wie gesagt, wir brauchen eine
dringende Wohnungsoffensive, und wir brauchen dringend leistbare, günstige
Wohnungen für eine sozial schwache Bevölkerung. Wir befürworten daher die
Wiederaufnahme des Gemeindewohnungsbaus zu günstigen Mietpreisen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Ein anderes Problem, das ich aufnehmen darf, ist
natürlich ein sehr langfristiges und zur Zeit noch nicht wirklich ins Gewicht
fallendes, das ist das Problem, das sich auf Sicht ergeben wird bei der
Durchführung der Gleichbehandlungsrichtlinie, also der EU-Richtlinie betreffend
die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen in Österreich, wo wir eben
verpflichtet sind, gewisse Richtlinien dann auch einzuhalten. Jetzt haben wir
keinen Andrang einstweilen, keine Frage, weil einfach wahrscheinlich das Wissen
um diese Dinge noch nicht weit genug gediehen ist, um bereits einen solchen
Ansturm auszulösen. Allerdings haben die Grün-Alternativen schon vor einiger
Zeit einmal festgestellt – ich glaube ihnen das –, dass in Wien bereits jetzt
100 000 Anspruchsberechtigte vorhanden sind, die dann irgendwann
selbstverständlich auch daran denken werden, einen solchen Anspruch auch
geltend zu machen.
Der ehemalige SP-Stadtrat Swoboda, nunmehr, ich
glaube, stellvertretender Fraktionsführer der Sozialdemokraten im
Europaparlament, hat bei der Einführung und bei der Umsetzung der EU-Richtlinie
Österreich und vor allem Wien dringend empfohlen, diese Zugangsregelungen nicht
voll mitzumachen, sondern sehr restriktiv vorzugehen und dafür Sorge zu tragen,
dass dies nicht in vollem Umfang zu geschehen hat. Wien hat es dessen
ungeachtet trotzdem gemacht.
Dabei muss man ja sagen, dass jetzt bereits die
Situation im Gemeindebau eskaliert. Mein Eindruck vor einigen Jahren war, dass
das in etwa auf gleicher Ebene dahingeköchelt ist, es haben sich aber ganz
offensichtlich in der letzten Zeit die Zustände wieder verstärkt. Es gibt ja
auch mehrere Studien, die das bestätigen, zum Beispiel die Fassmann-Studie –
deren vollen Text wir noch immer haben, wenn ich darauf hinweisen darf –, worin
jetzt schon festgestellt wird, dass hier Entwicklungen abzusehen sind, die in
Richtung Ghettoisierung führen werden. Schon jetzt besteht eben ein Drittel der
Mieter in Gemeindebauten aus Zuwanderern, und was zum Beispiel die finanzielle
Situation betrifft, ist die Einkommenssituation oder die Kaufkraft der dortigen
Bewohner um 30 Prozent niedriger als im Schnitt der anderen Bewohner
Wiens.
Da entsteht oder ist jetzt schon im Gemeindebau ein
sozialer Brennpunkt entstanden, der sich, wie Fassmann feststellt, verstärkt
durch den Auszug der Mittelschicht, durch die Abwanderung der dort noch
lebenden Mittelschicht. Fassmann spricht von einer „sozialen Entmischung"
der Bevölkerung, also dem Gegenteil dessen, was die Sozialdemokraten auf ihre
Fahnen geschrieben haben. Das wird noch verstärkt durch Studien, die zum
Beispiel zeigen, wie das Verhältnis jetzt nicht von Inländern zu Zuwanderern
und anderen Gruppen ist, sondern das Verhältnis der Gruppen untereinander, die
aufzeigen, dass die freiwillige Segregation der diversen zugewanderten
Volksgruppen hier in Österreich und in Wien vor allem eine ganz massive ist.
Jeder, der öfter durch die Gegend des 15. oder 16. Bezirkes geht, wird das
auch sehen. Es kommt sicher niemals ein Serbe auf die Idee, ein albanisches
Lokal zu betreten, ein Albaner betritt kein türkisches und umgekehrt. Das
heißt, es gibt dort eine freiwillige Segregation und Abschirmung nicht nur
vielleicht – oder doch gegeben – gegen die Mehrheitsbevölkerung, sondern unter
den Teilbevölkerungen der Zuwanderer selbst. Diese Situation ist, glaube ich,
noch gar nicht genügend betrachtet worden.
Daher ist die Gefahr der Ghettoisierung eine ganz,
ganz große, etwas, was im Jahr 2005 StR Faymann auch angesprochen hat, der genau
diese Gefahr der Ghettoisierung in den Gemeindebauten gesehen hat und der
zusätzlich festgestellt hat, dass sich außerhalb des Gemeindebaus in Wiener
Stadtteilen diese Tendenz zur Ghettobildung verstärkt hat. Die Konflikte werden
immer öfter sozusagen auffällig, und es ist auch der Einsatz von Mediatoren
notwendig.
Dass in dieser Situation die bestehenden, ich glaube,
210 000 Gemeindewohnungen – das ist durch Zusammenlegungen und Ähnliches
etwas weniger geworden; früher waren es ja 220 000 – für Drittstaatsbürger,
also Nicht-EU-Bürger geöffnet werden, kann sich als sozialer Sprengstoff
sondergleichen herausstellen. Die Gefahr der Gettobildung und der
Konfliktsituationen wird sich dann nicht nur im konkreten Gemeindebau
verstärken, wie wir es jetzt schon sehen, sondern das wird sich natürlich auch
auf die umliegenden Grätzel auswirken und die Trennung von Mehrheitsbevölkerung
und Zuwanderern und, wie gesagt, offensichtlich auch der Zuwanderergruppen
untereinander nur noch verstärken.
Wir haben deshalb zwei Vorschläge als wichtig
erachtet. Das eine ist, eine Quotenregelung im Gemeindebau einzuführen –
übrigens ein Vorschlag, der schon am Beginn der Debatte eben vom damaligen StR
Swoboda und nunmehr EU-Abgeordneten Swoboda gemacht wurde –, eine Quote eben herbeizuführen
zwischen Österreichern und EU-Bürgern auf der einen Seite und den
Drittstaatsangehörigen auf der anderen Seite. Das setzt allerdings auf Grund
von Versäumnissen der Republik Österreich Verhandlungen zwischen der
Bundesregierung und der EU voraus, aber das wird ja noch auszuhalten sein und
wird auch durchführbar sein.
Das Zweite, was wir vorschlagen –
was die Nachredner von meiner Fraktion noch verstärken werden –, ist etwas, was
letztlich auch in der EU-Richtlinie vorgesehen ist, nämlich
Integrationsmaßnahmen zu setzen, die einzuhalten sind. So wird eben im
Artikel 5 dieser Richtlinie festgestellt, dass die Mitgliedsstaaten von
Drittstaatsangehörigen verlangen können, dass sie Integrationsanforderungen
gemäß dem nationalen Recht erfüllen. Die Frage, in welchem Ausmaß, ist sicher
in den Raum zu stellen – es gibt ja auch bereits die Androhung von
EU-Gerichtsurteilen gegen eine zu weite Ausdehnung –, aber die Feststellung ist
zu treffen, dass
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