Gemeinderat,
21. Sitzung vom 25.05.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 105
Mailath-Pokorny muss ich das irgendwie etwas
verkleinern. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner stellt das Mikrophon
niedriger.) Kollege Al-Rawi fragt mich nach ethnischen Ökonomien und inwieweit
sie ein nennenswerter Wirtschaftsfaktor in Wien sind. Diese Frage ist sehr klar
zu beantworten: Es ist ein nennenswerter, ein sehr bedeutender
Wirtschaftsfaktor und zwar in mehrfacher Hinsicht:
Zum einen sind sehr viele von diesen Menschen mit
Migrationshintergrund - und darunter verstehen wir den Begriff „ethnische
Ökonomien“, wenn Menschen, die nicht in diesem Land geboren sind und hierher
zugewandert sind, ein Unternehmen gründen - in der Wiener Wirtschaft tätig,
viele davon als Einzelhandelsunternehmer und -unternehmerin. Und wenn wir uns
die Zahlen anschauen, dass wir in Wien 53 173 Einzelunternehmer und
-unternehmerinnen haben, dann hat ein Drittel, also fast
16 000 Unternehmer und Unternehmerinnen, diesen Migrationshintergrund.
Also das ist schon ein sehr bedeutender Wirtschaftsfaktor und es stellt sich
heraus, dass diese Menschen aus allen Ländern dieser Erde kommen. Natürlich ist
der Schwerpunkt bei denen, die in Wien einen höheren Anteil haben oder aus
jenen Ländern sind, die Österreich naheliegen. Es ist aber auch so, dass es
eine sehr breite Palette ist, in denen diese ethnischen Ökonomien tätig sind.
Also es sind nicht nur die Kebap-Standln, weil man da ja oft so Vorurteile hat
und sich denkt, die Pizzeria und das Kebap-Standl. Das ist es aber nicht,
sondern es ist ein sehr breiter Bereich, in dem Menschen mit
Migrationshintergrund tätig sind.
Was auch noch wichtig ist und das entsprechend zu
kommunizieren, ist mir als Wirtschaftsstadträtin auch ein großes Anliegen, ist,
dass Menschen mit Migrationshintergrund, die auch sprachliche Kompetenz
mitbringen, auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen für uns sehr positiv
sind. Wenn ich daran denke, dass Wien jahrelang so als ein Tor zum Osten
gehandelt wurde und wir versucht haben, Unternehmen hier anzusiedeln, die sich
im Ostmarkt ausbreiten wollen - also diese Phase ist vorbei. Mittlerweile ist
Wien eine Drehschreibe zwischen Ost und West geworden und das hat mit vielen
Punkten zu tun, natürlich mit unserer geopolitischen Lage, vor allem aber auch
mit unserer interkulturellen Kompetenz. Das zeigen alle Untersuchungen und
unsere historischen Beziehungen zu den Staaten der neuen EU-Länder, aber
natürlich auch unsere Sprachkompetenz und da sind vor allem die Kinder der
zweiten und dritten Generation, die sich in beiden Sprachen sehr gut bewegen
und die auch entsprechende Qualifikationen und Ausbildung haben, sehr wichtig
für die wirtschaftliche Entwicklung.
Vorsitzender GR Godwin Schuster : Danke. Die 1. Zusatzfrage wird vom GR
Lasar gestellt. Ich bitte darum.
GR David Lasar (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender!
Wie erklären Sie sich, Frau Stadträtin, den
Niedergang diverser Geschäftsstraßen gerade in jenem Zeitraum, wo sich die
ethnischen Ökonomien in Wien angesiedelt haben? (Heiterkeit bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Frau Stadträtin.
VBgmin Mag Renate Brauner: Da fiele mir jetzt einiges zum Thema Logik ein. Sie
verzeihen mir, aber das ist ungefähr so, als ob Sie mich fragen würden: Wie
erklären Sie sich den Niedergang der Geschäftsstraßen während die Jahreszeiten
wechseln? Ich kann hier keinen Zusammenhang erkennen!
Wenn Sie unterstellen wollen - ich nehme das jetzt
einmal an und vor dem Hintergrund, der leider manchmal seitens der
Freiheitlichen Partei im Zusammenhang mit Zuwanderung, Zuwanderern und
Zuwanderinnen gestellt wird, könnte ich mir vorstellen, dass Sie damit meinen
oder andeuten wollen, dass ethnische Ökonomien, also Menschen, die Migrationshintergrund
haben und Unternehmungen gründen, schuld daran wären, dass Einkaufsstraßen
zugrunde gehen. Also wenn Sie das meinen sollten, dann muss ich Ihnen sagen: Da
besteht ganz sicher kein Zusammenhang, ganz im Gegenteil. Wir stellen fest, dass
das, was Wien stark macht, nämlich die Klein- und Mittelunternehmungen - und
das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch unsere Freunde und Freundinnen
der Wirtschaftskammer - das Rückgrat der Wiener Wirtschaft sind und dass gerade
in diesem Bereich - und das zeigen ja die Zahlen der Einzelunternehmungen, die
ich vorhin beschrieben habe - sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund
sind. Und es sagt die Wirtschaftskammer auch, dass die Probleme, Sorgen und
Nöte, die diese Unternehmer haben, ganz genau dieselben sind wie die der
Unternehmer und Unternehmerinnen, die schon lange in Österreich sind: Wie komme
ich zu einem Kredit? Wie kann ich ein Unternehmen gründen? Wie halte ich alle
Gesetze ein, die ja oft nicht ganz so einfach sind?
Also wenn Sie gemeint haben
sollten, lieber Herr Kollege, dass Sie vermuten, es könnte einen Zusammenhang
geben - ich hoffe, ich bringe mit den vielen Konjunktiven jetzt nicht einen
Übersetzer in Schwierigkeiten - zwischen den ethnischen Ökonomien und dem
Niedergang von Geschäftsstraßen, so kann ich Ihnen nur zweifach sagen: Nein,
das stimmt nicht. Erstens gibt es diesen Zusammenhang nicht und zweitens kann
man auch generell nicht von einem Niedergang der Geschäftsstraßen sprechen. Sie
wissen ja, dass wir hier seitens der Stadt Wien eine eigene Förderschiene
haben, wo wir die Einkaufsstraßen fördern und da sind wir nicht in allen – ich
bin die Letzte, die das schönredet, auch die Frau Präsidentin Jank nicht, aber
wir sind beide der Ansicht, dass es in vielen Bereich sehr erfolgreich war und
sich in vielen Bereichen diese Geschäftsstraßen auch positiv entwickelt haben.
Da haben ethnische Ökonomien wenn überhaupt einen Anteil, dann einen positiven,
genauso wie sie einen positiven Anteil zum Beispiel an der sehr positiven Entwicklung
der Wiener Märkte haben, die es in dieser Form ohne Zuwanderer und
Zuwanderinnen nicht mehr gäbe. Ich glaube, wir sind alle miteinander sehr froh,
dass es für uns alle die Wiener Märkte in ihrer
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