Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 108
SozialhilfeempfängerInnen.
Wir beantragen die sofortige Abstimmung.“
Dann, für den Fall der Fälle, dass irgendein
Beistrich falsch wäre, irgendein kleiner Punkt in diesem Antrag zu finden wäre,
der zu konkret wäre oder nicht hundertprozentig in die Richtung gehen würde,
die Sie haben wollen, also nur um sicherzugehen, dass wir ja alles richtig
gemacht und der Sozialdemokratie die Möglichkeit gegeben haben, unserem Antrag
zuzustimmen, möchten wir es Ihnen besonders leicht machen. Deshalb bringe ich
einen zweiten Antrag ein, ebenfalls betreffend Freifahrt für Obdachlose und
SozialhilfeempfängerInnen. Dieser lautet:
„Der Gemeinderat beauftragt die zuständige Stadträtin
für Finanzen und Wirtschaftspolitik ..." - et cetera – „... mit
der Entwicklung eines Konzeptes, das die Befreiung von obdachlosen Personen und
SozialhilfeempfängerInnen von den Tarifen der öffentlichen Verkehrsmittel in
Wien ermöglicht. Die Umsetzung dieses Konzeptes soll noch im Laufe des Jahres 2007
erfolgen."
Also, verehrte Damen und Herren von der
Sozialdemokratie, wie Sie sehen, einfacher geht es schon gar nicht mehr! Es
geht nur um ein Konzept. Wie dieses Konzept aussehen soll, möchten wir nicht
bestimmen. Es geht nur um das Ergebnis, das wir alle erreichen möchten. Der
Zeitrahmen, der angeführt ist, entspricht ganz genau dem, was unser Herr
Bürgermeister bereits angekündigt hat, dass es sein Wille ist. Möge sein Wille
geschehen! Ich bin gespannt, ob Sie in diesem Fall unserem Antrag zustimmen
können, obwohl - oh, wie schrecklich! - das grüne Logo ganz groß vorne darauf
zu sehen ist. Mal sehen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Abschließend meine ich an dieser Stelle, dass es
nicht nur bei dieser Freifahrt bleiben soll. Ich weiß, das ist ein bisschen
Zukunftsmusik, aber ich glaube dennoch, dass es an der Zeit wäre, darüber zu
diskutieren, auch in diesem Hause, wie wir unser Sozialsystem weiterentwickeln
und schließlich modernisieren könnten.
Es gibt etliche Ansätze, zum Beispiel auch in Linz,
wie man nicht nur Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern, sondern
auch allen Personen, die unter einer bestimmten Einkommensgrenze verdienen - da
wären im Übrigen Studierende dabei, da wären die von der FPÖ heute so heiß
geliebten Lehrlinge dabei, da wären Zivildiener und Zivildienerinnen dabei,
Menschen mit Behinderungen -, denn für diese Gruppe von Menschen gibt es
durchaus Konzepte, ermöglichen kann, nicht nur ermäßigte Tarife zum Beispiel
jetzt in unserem Fall bei den Wiener Linien, sondern bei einer Vielzahl von
kulturellen und sonstigen Einrichtungen der Stadt Wien (GR Kurth-Bodo Blind: Und die Berufstätigen nicht?), zum Beispiel
Museen, aber auch Theater, aber auch Kinos, aber auch Bäder, aber auch bei
einer Vielzahl von Fortbildungsmaßnahmen anbieten kann. Sie werden es nicht
glauben, in Linz gibt es das. In Linz gibt es eine „Linz-Card". Die
existiert schon seit dem Jahr 1989, wird mit großem Erfolg betrieben und
ermöglicht nicht nur dieser Gruppe von Menschen all das, was ich soeben
aufgezählt habe, sondern, und das ist das Wichtigste, sie betreibt keine
Stigmatisierung von SozialhilfeempfängerInnen und sozial bedürftigen Personen
mehr, wenn ich ganz einfach sage, in dieser Stadt gibt es eine Vielzahl von
Menschen, die nicht gerade im Reichtum schwimmen, sei es, weil sie in
Ausbildung sind, sei es, weil sie gerade Zivildienst machen, sei es, weil sie
sich gerade vorübergehend oder sogar dauerhaft in einer Notlage befinden, sei
es, dass sie arbeiten, aber zu wenig verdienen. Ich möchte all diesen Menschen
Mobilität gewährleisten, aber auch Teilhabe am öffentlichen sozialen und
kulturellen Leben. Ich will das ohne großen Aufhebens tun. Ich will das so
machen, dass sie sich nicht genieren müssen. Ich schaffe eine kleine Card und
wenn man diese vorweist, kann man, wie gesagt, bei einer Vielzahl von
Einrichtungen ermäßigten Eintritt haben. Das
ist der richtige Weg! Das wäre auch der richtige Weg für Wien!
Deshalb beantragen wir heute die Schaffung einer
Gruppe aus ExpertInnen und PolitikerInnen, die in nächster Zeit darüber
diskutieren soll, ob die Schaffung eines Aktivpasses für Wien nicht genau der
richtige Weg in der Sozialpolitik wäre, ob wir nicht auch denselben Weg
beschreiten sollten, den Linz, wie gesagt, in der Zwischenzeit schon vor vielen
Jahren beschritten hat und ob wir nicht auf diese Art und Weise unser
Sozialsystem weiterentwickeln möchten.
Ich möchte an dieser Stelle abschließend anmerken,
dass es mich sehr freut, dass es erste Ansätze in diese Richtung gegeben hat, im
Rahmen des Projekts, auf das wir Grüne uns mit der SPÖ einigen konnten, den
Kulturaktivpass, wo es genau darum geht, sozial bedürftigen Menschen die
Möglichkeit zu geben, zu einem ermäßigten Tarif kulturelle Veranstaltungen zu
besuchen. Aber hier, wie gesagt, geht es darum, vielleicht auch den nächsten
Schritt zu setzen und darüber nachzudenken, wie wir eine „Wien-Card"
schaffen können, um sicherzugehen, dass alle Mitbürgerinnen und Mitbürger,
unabhängig ihres Alters, unabhängig ihres Geschlechts, unabhängig ihrer
aktuellen Situation, sofern sie, wie gesagt, sich in einer finanziellen
Situation befinden, wo sie sich die vollen Tarife nicht leisten können,
zumindest die Möglichkeit haben, etliches vergünstigt in Anspruch zu nehmen. (GR Kurth-Bodo Blind: Kindergarten gehört
auch dazu!)
Ich bringe diesen Antrag ein und freue mich, wenn er
Zustimmung findet.
Ich schließe einmal mehr ab mit den Worten: „Wir
werden sehen, was die Sozialdemokratie heute bei unseren Anträgen machen
wird." Wir jedenfalls agieren nicht voreingenommen in diesen
Zusammenhängen. Uns ist es nämlich egal, welches Logo auf dem Antrag steht,
wenn der Antrag unserer Intention entspricht. Deshalb werden wir dem Antrag der
Sozialdemokratie sehr wohl zustimmen. Wir würden uns freuen, wenn es auf
Gegenseitigkeit stößt. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Gerstl. Ich erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Gerstl
(ÖVP-Klub der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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