Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 108
Eine ganz konkrete Antwort auf die PISA-Studie ist
sicherlich nicht die Gesamtschule, sondern zum Beispiel ein verpflichtendes
Vorschuljahr mit einführendem, begleitendem Deutschunterricht. Es muss eine
Tatsache geschaffen werden, dass Schüler dem Regelunterricht nur dann beiwohnen
können, wenn sie der deutschen Sprache ausreichend mächtig sind. Das ist eine
Maßnahme, die, glaube ich, allen zugute kommt, sowohl den deutschsprachigen
Schülern als auch den noch nicht deutschsprachigen Schülern, weil dann der
Unterricht wirklich vermittelt werden kann. Es ist wirklich schade, dass die
SPÖ auf diese Forderung noch nicht eingegangen ist, sowohl wir sie schon so oft
gestellt haben.
Man sieht also, das Problem liegt schon in der
Volksschule, und dieses Problem wird in die Unterstufe beziehungsweise in die
Hauptschule mitgeschleppt. Es kann wegen dieses Problems kein Unterrichtsinhalt
vermittelt werden. Deswegen fordern wir ganz klar: zuerst Deutsch, dann Schule,
und das zum Vorteil aller Schüler!
Dafür gibt es gute Ansätze, zum Beispiel in
Neunkirchen im Süden von Wien - dagegen hat sich natürlich die
Stadtschulratspräsidentin sofort ausgesprochen -, dort wird eben versucht, dass
die Schüler zuerst Deutsch lernen und dann am Regelunterricht teilnehmen
können, in einem abgestuften System. Oder ich verweise hier auf ein Beispiel in
Deutschland, in Hessen: Dort gibt es eine eigene Verordnung, die sehr
differenziert auf dieses Problem eingeht. Aber hier in Wien wird anscheinend
überhaupt nichts dafür getan. Es gibt viele Beispiele, die man nennen kann,
aber leider wird in der Großstadt Wien nicht gehandelt.
Man sieht also, die Gesamtschule löst die Probleme
nicht, sie wird die Probleme nur verschärfen. Ich verweise hier auf ein Zitat
von Frau Eva Scholik, der Vorsitzenden der Gewerkschaft der AHS-Lehrer. Sie hat
vor ein paar Tagen gesagt: „Ich bin erstaunt, wie StRin Laska so etwas
ankündigen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Lehrer dem zustimmen."
Es gibt viele Umfragen, beispielsweise eine
„Kurier"-Internetumfrage: 75 Prozent gegen die Gesamtschule!
Wir Freiheitliche lehnen die Gesamtschule auch
kategorisch ab, und ich möchte folgenden Beschlussantrag einbringen:
„Der Gemeinderat spricht sich gegen die Einführung
der Gesamtschule in Wien aus.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt." (Beifall bei der FPÖ.)
Anscheinend möchte sich hier die Frau
Vizebürgermeister mit einem links-linken Projekt ohne Rücksicht auf Verluste
verewigen. Wie schon vorhin gesagt, wird so dem Wiener Schulsystem nur der
Todesstoß versetzt. Zum Abschluss ein kleiner, blumiger Vergleich: Die
Gesamtschule kann man mit einer einspurigen Autobahn vergleichen, auf der sich
der Verkehr nicht schneller als der langsamste Autofahrer bewegt. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. - Als Nächste am Wort ist Frau GRin Jerusalem.
GRin Susanne Jerusalem
(Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler!
Ich bin sehr froh, dass heute auch kompetente
Menschen, die da oben zuhören, gekommen sind.
Wir haben heute das Thema Schule als Schwerpunkt auf
unserer Tagesordnung. Bevor ich zu dem komme, von dem ich glaube, dass es
eigentlich im Brennpunkt steht und uns alle wirklich interessiert, nämlich der
Gesamtschule, möchte ich eingangs ganz kurz etwas zu PPP sagen, wobei dann im
Weiteren mein Kollege Martin Margulies ausführlich dazu Stellung nehmen wird.
Wir haben als einzige Partei bereits im Ausschuss
Public Private Partnership in Bezug auf den Schulbau, die Schulerhaltung und
den Betrieb von Schulen abgelehnt, einfach deswegen, weil wir der Meinung sind,
dass es sich hier um ein Kernstück der Aufgaben der Kommune handelt. Wir wollen
nicht, dass diesbezüglich auch nur der geringste Schritt in Richtung
Privatisierung gemacht wird.
Eine Anmerkung erlauben Sie mir noch dazu. In allen
diesen Dingen, die unter dem Übertitel „Auslagerung" über die Bühne gehen,
ist immer auch der Aspekt der demokratischen Kontrolle zu betrachten, in dem
Fall sowohl der Stadt über das, was ein Privater tut, als auch der
Gemeinderätinnen und Gemeinderäte beziehungsweise der Abgeordneten. Es ist
immer auch die demokratische Kontrolle in Frage gestellt und in Gefahr.
In diesem speziellen Fall hat es mich besonders
gewundert, dass die Abgeordneten ohne Kenntnisse des Vertrages oder eines
möglichen Vorvertrages - denn Vertrag kann es ja noch keinen geben -, ohne
Kenntnisse eines möglichen Vorvertrages und ohne zu wissen, wer das Risiko
übernimmt, einfach zustimmen. Das hat mich schon sehr erstaunt, denn
Abgeordnete müssen doch eigentlich - ganz egal, welcher Partei sie angehören,
also auch, wenn es die Regierungspartei ist -, ein Interesse daran haben, ihre
Kontrollfunktion zu bewahren. - So viel zu PPP; den Rest überlasse ich Martin
Margulies, der sich dann eingehend damit befassen will.
Kommen wir nun zur Gesamtschule. Ich möchte gerne -
obwohl ich mir gedacht habe, das dürfte ja eigentlich nicht notwendig sein - zunächst
einmal sagen, was das eigentlich ist, weil ich durch viele Aussendungen und
Bemerkungen von Seiten der FPÖ und vor allem auch leider der ÖVP, die ja schon
sehr lange mit der Gesamtschule befasst ist, draufgekommen bin, dass sie gar
nicht wissen, was das ist. Das tut mir leid, das klingt jetzt irgendwie so, als
würde ich hier als Lehrmeisterin auftreten wollen. (GR Mag Wolfgang Jung:
Das klingt nicht nur so!) Aber bevor man über Dinge redet, sollte man
zumindest wissen, was es ist. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie wissen das, was wir wissen?)
Ja, ich kann Ihnen zumindest
sagen, was, ganz grob gesagt, eine Gesamtschule ist und wann man von einer
Gesamtschule sprechen kann: Nur dann, wenn wirklich großflächig nur die
Gesamtschule zur Verfügung steht, das heißt, der ganze Jahrgang dieselbe
Schulart besucht! (GR Mag Wolfgang Jung: Das heißt, wenn Sie die Eltern ...
geschickt haben!) Das heißt: Der ganze Jahrgang, nicht: Die einen gehen in
eine Hauptschule und die
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