Gemeinderat,
19. Sitzung vom 29.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 71
ist dringend notwendig.
Jetzt wissen wir – na klar –, das Projekt der Wiener
Sängerknaben eines Konzertsaals ist ausfinanziert, kostet die Stadt Wien
nichts. Das ist natürlich ein Vorteil gegenüber anderen Projekten, wo man
wahrscheinlich an die Stadt Wien herantreten würde mit der Bitte, so etwas zu
finanzieren. Also aus finanzpolitischer Sicht kann ich das ja verstehen, dass
man sagt: Machen wir einen Konzertsaal. Kostet uns nichts. Passt!
Aber was bedeutet das für die Anrainer und
Anrainerinnen beispielsweise, wenn ein Konzertsaal der Sängerknaben dort
errichtet wird? Vermutlich werden Autobusse hinfahren, so ähnlich, wie es zu
Musical-Bühnen ja durchaus üblich ist – die Sängerknaben haben nun mal auch
einen touristischen Wert, keine Frage –, es hat allerdings für die Anrainer und
Anrainerinnen wohl zur Folge, dass ein massives Verkehrsaufkommen dort ist. Ob
die Anrainer und Anrainerinnen das wollen oder was die Anrainer und
Anrainerinnen im 2. Bezirk wollen, das ist in diesem ganzen Prozess nie
diskutiert worden, die wurden bislang nicht eingeladen, sie durften sich nicht
einbringen.
Tatsache ist auch – und jetzt komme ich auch noch
einmal zum Filmkulturzentrum –, dass der 2. Bezirk einmal das Filmzentrum
Wiens war. Derzeitiger Stand im 2. Bezirk: keine Kinositze, keine Kinos,
keine Nahversorgung. Das heißt, wir könnten sehr wohl ernsthaft darüber
diskutieren, wie eine kinopolitische Nahversorgung für den 2. Bezirk über
die Bühne geht. Es würde sicherlich bedeuten, dass das Stadtkino am
Schwarzenbergplatz zusperren müsste. Die Frage stellt sich, und das ist eine kulturpolitisch
ganz relevante Frage: Will man, dass der Schwarzenbergplatz bleibt oder nicht?
Aber diese politische Debatte haben wir nicht geführt.
Der Herr Bürgermeister lässt uns über die
"Krone" ausrichten: Es werden die Sängerknaben. Aus. Ohne mit den AnrainerInnen
gesprochen zu haben, ohne dass die Kulturpolitiker und -politikerinnen gefragt
worden sind, wie sie die wichtigste Entscheidung sehen, die in Wien in diesem
Jahr ansteht. Und das halte ich für hoch problematisch.
In diesem Sinne hoffe ich, dass es ein
BürgerInnenbeteiligungsverfahren gibt, bevor irgendeine Baugenehmigung erteilt
wird, dass wir ganz ernsthaft darüber diskutieren können, was für die Stadt
Wien, was für den 2. Bezirk an diesem Standort das Gescheiteste ist, bevor
wir einen Konzertsaal für die Sängerknaben bauen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Herr Ing Mag Dworak, bitte schön.
GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und
Herren!
Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage, spricht
Hamlet, Prinz von Dänemark, in der gleichnamigen Tragödie von William
Shakespeare im 3. Akt. Kann es sein, dass ein privat voll ausfinanziertes
Projekt, nämlich der Konzerthallenbau für die Wiener Sängerknaben, im Augarten
gebaut wird? Darf es andererseits nicht sein, dass ein nicht finanziertes, vor
Kurzem aufgetauchtes, von der öffentlichen Hand notwendig zu finanzierendes
Projekt nicht gebaut wird? Das frage ich mich.
Ausnahmsweise muss ich Bgm Michael Häupl recht geben,
dass das Projekt für das Filmarchiv Austria nicht gebaut wird und er den
vollfinanzierten Konzertsaalbau unterstützen will. Am 8. März, also
reichlich spät, wurde, nachdem die Einreichunterlagen für den Konzertsaalneubau
bereits fertig waren, vom Filmarchivleiter Ernst Kieninger und
Viennale-Direktor Hans Hurch, in letzter Minute sozusagen, ein Modell eines
Neubauprojekts für ein Kino mit zwei Sälen von maximal 250 Plätzen
präsentiert. Der von den Architekten Delugan, Meissl Associated Architects
vorgelegte Entwurf für ein Filmkulturzentrum an dieser Stelle ist
architektonisch sehr ambitioniert. Das generelle Problem besteht jedoch, dass
entweder nur das eine Projekt oder nur das andere Projekt am gleichen Standort
voraussichtlich verwirklicht werden kann.
Viennale-Leiter Hans Hurch, der schon im Dezember für
die Sanierung des Gartenbaukinos 5 Millionen EUR gefordert hatte und
meiner Kenntnis nach kein Konzept für ein neues Gartenbaukino vorgelegt hat,
scheint mir ein Leiter zu sein, der gerne mit ungedeckten, nämlich mit nicht
abgesprochenen und nicht finanzierten Projekten an die Öffentlichkeit tritt.
Nur, ein Kino, nämlich das Stadtkino im 3. Bezirk, zuzusperren und dafür
ein neues Kino zu errichten, erscheint mir doch zu wenig. Für mich ist das ein
Konzept ohne Inhalt, und ich denke hier an Marco Schreuder, der genau so ein
Kinokonzept gefordert hat. Hier gibt es kein Konzept von Hans Hurch.
An dieser Stelle möchte ich auf ein interessantes
Phänomen hinweisen. Die gesamte Kinoförderung für die privaten Kinos macht
300 000 EUR aus. Allein für das neue Kino Filmarchiv Augarten würde
man zur Finanzierung des Baues, ohne genau kalkuliert zu haben,
6 Millionen EUR benötigen und für die jährlichen Betriebskosten 600 000 EUR
ausgeben müssen. (GR Marco Schreuder: Aber das wird immerhin vom Bund
finanziert!) Das sagt ja nichts, aber die Frage ist trotzdem, dass man es
finanzieren muss.
Spannend habe ich auch eine Äußerung der neuen
SPÖ-Bildungs- und Kulturministerin Claudia Schmied gefunden, die eine neue
Steuer auf Filme, die außerhalb der EU gedreht werden, einführen will. Gerade
die Wiener Kinoförderung sieht eine höhere Förderung für diese Filme vor,
nämlich bei der Programmförderung beziehungsweise beim Punktesystem. Übrigens
ist diese Steueridee nicht EU-konform und ließe sich daher nur unter der
Kategorie Schnapsideen einreihen.
Nun zurück zur Konzerthalle der Wiener Sängerknaben.
Die von der POK Pühringer Privatstiftung von Peter Püringer zur Verfügung
gestellten 11,5 Millionen EUR sind sicher ausreichend, um ein
architektonisch anspruchsvolles und interessantes Projekt am Augartenspitz zu
errichten.
Ich habe mir das natürlich schon
vorher überlegt. Das Projekt, wie es derzeit vorliegt, ist natürlich nicht das
Optimum. Die Einreichpläne sollten durchaus
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