Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 104
der
ÖVP an, dass sich die Republik Österreich aus Bund, Ländern und Gemeinden
zusammensetzt, und ich meine, die Idee des früheren Stadtrats Rieder war sehr
vernünftig. In Deutschland funktioniert das seit den 50er Jahren. In
Deutschland gibt es nämlich einen Fonds, in welchen die verschiedenen
Gebietskörperschaften einzahlen, und daraus wird die Renovierung aller
jüdischen Friedhöfe finanziert. Das ist ein langfristiges Projekt, und das
funktioniert dort sehr gut. Warum ist das hier nicht möglich? – Ich
verstehe das nicht! Der ehemalige Stadtrat Rieder hat eine wirklich sehr
vernünftige Lösung vorgeschlagen, der Bürgermeister hat aber dann gesagt: Das
will ich nicht! Der Bund soll das zahlen!
Ich
meine, hiebei handelt es sich um mangelnde Sensibilität und um einen
nachlässigen Umgang mit dem kulturhistorischen Erbe der Stadt Wien, für welches
die Stadt Wien auch die Verantwortung zu übernehmen hat. Dazu rufe ich Sie
geradezu auf! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende
GRin Inge Zankl: Als nächster Redner ist Herr GR
Ing Mag Dworak gemeldet.
GR
Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Leider
ist die Gesundheitsstadträtin nicht in unserer Mitte. Mein Thema, das ich auch
mit meiner Zusatzanfrage an den Herrn Bürgermeister aufgegriffen habe, betrifft
die Nathaniel Freiherr von Rothschild-Stiftung mit dem größeren Areal des
Neurologischen Krankenhauses am Rosenhügel.
Wir
haben von der damaligen Stadträtin Brauner eine Antwort betreffend die Nutzung
beziehungsweise Nachnutzung auf Antrag des Bezirks bekommen, wonach die
rechtlichen, städtebaulichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten einer
Nachnutzung des Standortes Rosenhügel derzeit geprüft werden. Ich meine,
dass die Stiftung diesfalls sehr wohl wieder enteignet worden wäre.
Das Areal befindet sich zwar im Besitz der Stiftung,
wird jedoch von der Stadt Wien verwaltet. Und der Zustand der Objekte auf dem
Areal des Neurologischen Krankenhauses ist erschreckend! Der Pavillon C,
in dem die bekannten Kinderabteilungen von Prof Rett untergebracht sind,
ist in einem unheimlich schlechten Bauzustand. Daher soll die Kinderneurologie
ins Wilhelminenspital abgesiedelt werden, und auch die Kinderpsychiatrie soll
verlegt werden. Auch das Personalwohnheim, das sich ebenfalls auf dem Areal
befindet, ist in einem erbärmlichen Zustand. Wenn man im Bezirk nachfragt, wird
von einer „Nachnutzung“ des Areals gesprochen.
Übrigens wurden vom Areal dieses Neurologischen
Krankenhauses auch drei Objekte abgetrennt, nämlich das Pensionistenwohnheim
„Am Rosenberg“, das Rehabilitationskrankenhaus der Sozialversicherung der
gewerblichen Wirtschaft und der Hundeabrichteplatz eines Vereins, der auch auf diesem
Areal liegt. – In Anbetracht dessen fragt man sich natürlich, wo die
Erlöse für die Verkäufe der Grundstücke oder zumindest die Pachterlöse für den
Hundeabrichteplatz geblieben sind!
Die Stiftung, die im Zusammenhang mit den
Liegenschaften auf dem Rosenhügel und dem Maria-Theresien-Schlössel über
hinreichendes Vermögen verfügte –ursprünglich waren es über
20 Millionen Kronen –, wäre bei ihrer Wiederherstellung nach dem
NS-Regime nicht nur hinsichtlich ihrer Bezeichnung und Zweckbestimmung, sondern
auch hinsichtlich ihrer Organisation in möglichster Annäherung an den
erfüllbaren Stifterwillen wiederherzustellen gewesen. Die Stiftungsbehörde
hätte somit auch ein zwölfgliedriges Kuratorium einsetzen müssen. Der
ursprüngliche Stiftungsbrief sah lediglich das Vorschlagsrecht eines der zwölf
Kuratoren durch den Wiener Bürgermeister vor, nun steht die Stiftung aber zur
Gänze unter der Kontrolle der Wiener Stadtregierung.
Die Erfüllung des Stifterwillens und die
zweckentsprechende Verwendung des Stiftungsvermögens sollten aus dem
Verantwortungsbewusstsein der Kuratoren heraus gewährleistet sein. Was aber
geschah bei der Wiederherstellung der Stiftung? – Die hinsichtlich der
Kuratoriumsmitglieder vorschlagsberechtigten Erben des Stifters wurden nicht
ausgeforscht, beziehungsweise wurde auch kein Kurator für die Erben bestimmt.
Dazu fehlte jeglicher Wille. Zweitens wurde das Vorschlagsrecht des
Landeshauptmanns von Niederösterreich überhaupt ignoriert. Und drittes wurde
erst auf Grund einer Klage der Hietzinger Bezirksvorsteherin Elfi Bischof am
3. Juli 1981 wenigstens ein Kurator, nämlich Dr Michael Graff,
eingesetzt, der die Interessen der Stiftungsbegünstigten und der
Pflegebefohlenen wahren sollte.
Schon damals wollte die Stadt Wien das Areal des
Neurologischen Krankenhauses verwerten. Heute befinden wir uns wieder in einer
ähnlichen Situation: Der KAV braucht Geld!
Ich möchte es nur bei diesem letzten Satz belassen:
Im Stiftungsbrief steht, dass das Stiftungskapital für immerwährende Zeiten
intakt zu bleiben hat. – Das war mitnichten der Fall, wie wir heute schon
einige Male erfahren haben!
Daher muss man sich wirklich fragen, wie die Stadt
Wien mit dem jüdischen Erbe, nämlich der Nathaniel Freiherr von
Rothschild-Stiftung, umgeht. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. Als
nächster Redner ist Herr GR Dr Troch am Wort. Ich erteile es ihm.
GR Dr Harald Troch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und
Herren!
Der Währinger jüdische Friedhof ist für uns natürlich
ein Thema. Ich kann aber nicht umhin, auch auf das Washingtoner Abkommen zu
verweisen, denn dieses ist immerhin die wichtigste diesbezügliche Vereinbarung.
Darin wird eindeutig erklärt – Zitat:
„Österreich wird zusätzliche Unterstützung für die Restaurierung bekannter und
unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich leisten.“ Das wurde von niemand
anderem als der österreichischen Bundesregierung verhandelt und am
17. Jänner 2001 unterzeichnet.
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