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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 91

 

CDU-Innenminister Schäuble. Es gibt aber auch andere positive Beispiele für vernünftige Fortschritte in der europäischen Integrationspolitik, zum Beispiel die Legalisierung von 800 000 illegalen Zuwanderern in Spanien im vergangenen Monat. Dahinter lag der nachvollziehbare Gedanke, dass höhere Sozialversicherungsbeiträge zu erhalten sind und dass legale Arbeitsverhältnisse höhere Steuereinkommen mit sich bringen sowie Rechtssicherheit schaffen. In Frankreich haben die Dauerzustände um die Explosion der Gewalt in den Pariser Vororten zu einer lebhaften Debatte über eine neue Integrationspolitik geführt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Egal, ob in London, Paris oder Rostock: Über die richtige Art der Integration wird lebhaft debattiert. Leider sind in diesen Beispielen meistens die aktuellen Missstände Auslöser dieser Diskussionen. Ja, Wien ist anders - das wurde schon des Öfteren erwähnt -: Wir haben hier weder ghettoartige Vororte wie in Paris noch Slums oder so genannte „No-go-areas", und wir machen uns trotzdem Gedanken über die Verbesserung der Integrationspolitik.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! So weh es manchmal tut, Fred Sinowatz hat Recht gehabt, als er gesagt hat: „Es ist alles sehr kompliziert." Rom ist eben auch nicht an einem Tag erbaut worden, und mit einer Addition kann man keine Differentialrechnung lösen. Genauso verhält es sich beim Thema Integration: Es ist ein kompliziertes und vielfältiges Thema, das vielfältige Antworten, Angebote und Lösungsansätze benötigt. Die Stadt Wien tut dies! Wir gehen an diese vielfältigen Anforderungen mit einer Vielfalt an Angeboten heran. Wir helfen ZuwanderInnen, Deutsch zu lernen. Mit neuen Kursangeboten ist es gelungen, auf neue Zielgruppen zuzugehen und ihnen das Erlernen der deutschen Sprache zu ermöglichen.

 

Beim Projekt „SprichSport" wurden Jugendliche angesprochen; sie haben in Sommercamps Deutschunterricht mit Sport verbunden. Oder das Projekt „StartWien" bietet Jugendlichen ab fünfzehn die Gelegenheit, Deutsch zu lernen, und zwar mit Gleichgesinnten, und sie bekommen Hilfe bei der Weiterbildung und Berufsbildung. Und dann mein Lieblingsprojekt: „Mama lernt Deutsch" - Frau Kollegin Ekici, das alles, was sie da von der Stadtschulratspräsidentin und von der Stadträtin verlangen, ist bereits Praxis, es wird in Wien schon getan; aber das ist nicht das erste Mal, dass Sie mit Ihren Forderungen hinten nachhinken -, da ist es gelungen, mit privaten Partnern eine echte Angebotslücke zu schließen. Die Kinder werden während der Kurse betreut, und neben Deutschunterricht bekommen die Mütter Tipps und Unterstützung für den besseren Umgang mit Ämtern und Behörden.

 

Diese drei Beispiele stehen für das Konzept, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Und sie setzen auf das Konzept der Freiwilligkeit - jawohl, Freiwilligkeit statt Zwang!

 

In Zahlen ausgedrückt heißt das, dass die Mittel der Stadt Wien für Integrationsmaßnahmen im kommenden Jahr verdoppelt werden. Frau Kollegin Korun, das ist nicht eine leichte Erhöhung, sondern eine Verdoppelung! Sie nehmen das Budget des Integrationsfonds zum Vergleich, obwohl in diesem Budget alles drinnen ist, nicht nur die Personalkosten, sondern auch Miete und Reinigung oder Grundlagenarbeit; das war das Gesamtbudget. Das Budget für 2007, 7,7 Millionen EUR, ist nur für Fördermaßnahmen, die zur Integrationsarbeit nützen, vorgesehen. Dadurch kann die MA 17 ihr Kurs- und Betreuungsangebot deutlich ausbauen, und Tausende zusätzliche ZuwanderInnen werden Deutsch lernen und Orientierung im Berufsleben, im Umgang mit Behörden und im Schulbereich erlangen.

 

Auch im Verwaltungsapparat wurden spürbare Schritte zu mehr Kundennähe und Verwaltungsvereinfachung gesetzt. Die neue Abteilung für Einwanderung, Staatsbürgerschaft und Standesamt, die MA 35, existiert seit vergangenem Juli. Hier wurde das moderne Prinzip des One-Stop-Shops umgesetzt: Nur mehr eine einzige Abteilung ist für Einwanderung, Geburt, Ehe, Staatsbürgerschaft oder Sterbefälle zuständig. Auch das erleichtert das Leben der StaatsbürgerInnen in dieser Stadt.

 

Bei uns wird von vielen Menschen, auch Politikern, angestrengt ignoriert, dass Österreich ein Einwanderungsland ist, und zwar seit Jahrzehnten, ja sogar seit Jahrhunderten. Die US-Amerikaner nennen ein derartiges Phänomen das angestrengte Ignorieren eines großen rosa Elefanten im Raum. Ja, auch wenn es Ihnen wehtut: Sie müssen anerkennen, dass 400 000 WienerInnen einen Migrationshintergrund haben. Auch in Zukunft werden Menschen bei uns einwandern, um bei uns zu arbeiten, bei uns zu wohnen und bei uns ihrem Leben nachzugehen. Wien braucht eine geregelte, qualifizierte Zuwanderung, darüber besteht Konsens zwischen allen politisch relevanten Parteien.

 

Auch die Wirtschaftskammer Österreich kommt zu diesem Schluss. Ich zitiere Ihnen ein paar Zeilen - es ist insgesamt natürlich um vieles länger - von Herrn Mag Christoph Haller, Wirtschaftskammer Österreich; da hält er in seiner Stellungnahme zur Überprüfung der EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung Folgendes fest: „Zuwanderung ist aber auch aus wirtschaftspolitischer Sicht zu begrüßen. Durch Zuwanderung erweitert sich die Ressourcenbasis einer Volkswirtschaft, daraus resultiert ein Wachstums- und Wohlfahrtsgewinn." Damit sind wir wieder beim Thema Wirtschaft: Eine gute Integrationspolitik schafft also wirtschaftliche Dynamik.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Der sichtbarste Ausdruck der Wiener Integrationspolitik ist die Arbeit der MA 17, der Magistratsabteilung für Integration und Diversitätsangelegenheiten. Die MA 17 unterstützt als Kompetenzzentrum der Stadt Wien die städtische Verwaltung dabei, ihre Dienstleistungen allen BürgerInnen der Stadt personen- und fachgerecht anzubieten. Die nötige interkulturelle Sensibilität und Kompetenz wird weiter ausgebaut. Dies wird am besten gelingen, wenn MigrantInnen auch selbst im Dienst der Stadt beschäftigt sind. Wien will eine Arbeitgeberin sein, die allen Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Religion, gleiche Chancen bietet. (GRin Mag Alev Korun: Wie macht sie das?)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Institution

 

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