Gemeinderat,
14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 91
dann muss er sich auf seinen Händen ausbalancierend ins Erdgeschoß begeben. Der Zwang zu dieser Handlung hat ihm schwere innere Verletzungen und einen mehrmonatigen Aufenthalt im Krankenhaus eingebracht. Ich kann Ihnen alle diese Atteste und Unterlagen zukommen lassen. Die städtischen Dienststellen scheinen diesen Vorfall zu ignorieren. Da stellt sich mir dann schon die Frage: Wird dieser Mann von Wiener Wohnen ignoriert, weil er einen Migrationshintergrund hat?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Des Weiteren
muss ich hinzufügen, dass die Versorgungslage von Migranten mit Wohnraum
jedenfalls ein sozialpolitisches Problem darstellt, welches langfristig auch
ein gesellschaftspolitisches Problem- beziehungsweise Konfliktpotenzial in sich
birgt. Integration im Wohnbereich ist nötig, um einer Reihe von Folgeproblemen
entgegenzuwirken, und ohne einen Stadtentwicklungsplan im Integrationsbereich
und einen Gesinnungswandel in der Haltung der SPÖ-Stadtregierung hinsichtlich
der Gemeindewohnungen wird es leider nicht gehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiters besteht
die Gefahr, dass die Mehrheitsfraktion in diesem Haus Parteimitgliedschaft mit
erfolgreicher Integration gleichsetzt. (GR
Dr Matthias Tschirf: Das ist unerhört!) Ein sehr konkretes Beispiel
betrifft die MA 7, das Referat für interkulturelle Angelegenheiten. Wer
sich daran erinnert: Wir haben schon darauf hingewiesen, mit meinem Kollegen
von den GRÜNEN, vor fast einem Jahr, und jetzt ist das eingetreten, was wir
vorhergesagt haben.
Was wir vorhergesagt haben, ist eingetreten, denn
einzelne Verantwortliche, die SPÖ-Mitglied sind und auf Nationalratslisten
aufscheinen, glauben, dass das Geld der MA 7 eine Art Instrument sei, um
sich bei Vereinen einzukaufen und sich dort abfeiern zu lassen. Ich darf in
diesem Zusammenhang auch etwas zitieren, und zwar aus dem „Kurier" vom
4.10.2006. Dieser Kandidat wird mit folgenden Worten zitiert: „Ich habe viel
geholfen, und das ist jetzt zurückgekommen." - Zitat-Ende.
Wenn man bedenkt, wo er arbeitet und welche Tätigkeit
er dort ausübt, erscheint uns dieses Statement in einem anderen Licht. Hat er
den Job an dieser wichtigen Stelle nur, um seiner Partei zu helfen? Werden hier
etwa Steuermittel als Wahlkampfgelder zweckentfremdet? Ich frage den Herrn
Bürgermeister und auch Sie, Frau Stadträtin. Sie sollten dem Fall nachgehen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass nicht
überall, wo Integration draufsteht, auch Integration drinsteckt, zeigt sich
auch beim Abstimmungsverhalten gegenüber den vielen Anträgen, die von unserer
Fraktion zum Thema Integration eingebracht wurden. Denn das Wort
„Abgelehnt" scheint im Wortschatz der SPÖ-Fraktion sehr häufig vorzukommen.
All unsere Bemühungen wurden von der Stadtregierung abgeschmettert oder bewusst
in eine andere Richtung gelenkt.
Die Darstellung dieser einzelnen Punkte aus den
verschiedensten Bereichen ist auch ein Beleg dafür, dass diese Stadtregierung
keinen echten, groß dimensionierten Masterplan für Integration besitzt. Da sind
wir mit den GRÜNEN einer Meinung. Es wird an vielen Ecken unterschiedlich
gearbeitet und herumgedoktert, aber einen wirklichen Plan kann niemand
erkennen, der sich mit der Materie auseinandersetzt.
Wir werden diesem Integrationsbudget heute nicht
zustimmen - ich mache es kurz -, weil wir es als untransparent, verschleiert,
nicht aussagekräftig und zu gering finden. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Yilmaz. Ich erteile es ihr.
GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte Ihre Unterstellung wirklich aufs Heftigste
zurückweisen, dass Mittel der MA 7 für Wahlkampfzwecke veruntreut worden
sind! Das Zitat … (GRin Mag Sirvan Ekici: Ich kann Ihnen Geschichten
erzählen, die sind so ...!) Ja, Geschichten erzählen können Sie! Die
Wahrheit ist, dass dieser Kollege, bevor er zur MA 7 kam, in der
MigrantInnenbetreuung tätig war und dort sehr bekannt ist. Er hat tatsächlich
in dieser Zeit sehr, sehr vielen Menschen geholfen (GRin Mag Sirvan Ekici:
Sie haben selber im Wahlkampf ...!), und das ist darauf zu beziehen. -
Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! „Is the economy
stupid?", also frei übersetzt: „Auf die Wirtschaft kommt es an."
Dieser Slogan von Bill Clinton gilt auch für die Integrationspolitik, und es
ist mir wichtig, gerade in der Budgetdebatte darauf hinzuweisen. Vielleicht
werden Sie sich fragen: Warum? Ich zitiere: „Europa kann auf absehbare Zeit die
US-amerikanische Wirtschaft nicht überrunden. Europas größte Schwäche ist der
unreife Umgang mit den Zuwanderern. Europa beschränkt den Zuzug der besten
Köpfe. Es sind auch ökonomische Potenziale, die verloren gehen, wenn sich ein
Teil der hier lebenden Menschen ausgeschlossen fühlt."
Dieses eindeutige Urteil stammt vom Chefökonomen der
Stanford-Universität, erschienen im Februar in der Zeitung „USA Today". Es
ist also die Unfähigkeit Europas, mit Integration richtig umzugehen, die unsere
Wirtschaft schwächt. Die Zahlen geben ihm Recht: Die wirtschaftliche Dynamik
und das Wachstum der US-amerikanischen Volkswirtschaft ist in den letzten sechs
Jahren deutlich höher als jenes in der EU gewesen.
Die EU-Regierungschefs haben im Jahr 2000 in Lissabon
das Ziel beschlossen, die USA bis zum Jahr 2010 wirtschaftlich zu überholen.
Europa soll demnach in vier Jahren die wettbewerbsfähigste, dynamischste und
wissensbasierteste Wirtschaftszone der Welt sein - so das Ziel der so genannten
Lissabon-Strategie. Davon sind wir leider weit entfernt. Man soll aber die
Hoffnung nie aufgeben, denn immer mehr politische Entscheidungsträger kommen zu
der Erkenntnis, dass diese Entwicklung auch mit einer falschen
Integrationspolitik zu tun haben könnte.
In Deutschland zum
Beispiel hat die Bundesregierung vergangene Woche beschlossen, den Status von
200 000 so genannten geduldeten ausländischen Staatsbürgern wesentlich zu
verbessern. Vorgeschlagen und initiiert wurde dies übrigens vom konservativen
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