Gemeinderat,
14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 91
und AlmosenempfängerInnen degradiert werden. Jede, jeder in unserer Stadt hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, und hier greifen alte Konzepte, greift die kontinuierliche Politik nicht mehr.
Sie, meine Damen und Herren, Ihre Fraktion, hat durch
Ihre Mehrheit doch absolut alle Möglichkeiten, auf diesem Gebiet eine
Vorreiterrolle zu übernehmen und somit auch Vorbild für andere Bundesländer und
die Bundesregierung zu sein. Lassen Sie nicht wieder ein Jahr verstreichen,
setzen Sie eine bedarfsorientierte Grundsicherung um und führen Sie einen
Aktivpass ein. (Beifall bei den Grünen.)
Mir kommt die Wiener
Sozialpolitik ab und zu wie ein chaotisch gewebter Fleckerlteppich vor und
immer wenn man nicht weiter weiß, dann wird ausgegliedert, eine neue
Gesellschaft gegründet, neue Strukturen eingeführt, da wird eine Abteilung
zusammengelegt, dort wird eine wieder auseinandergeteilt, und ich bin wirklich
neugierig, was wir im kommenden Jahr in dieser Richtung zu erwarten haben.
Anstatt zu versuchen, eine klare Linie, eine Vereinfachung des Sozialsystems
herbeizuführen, wird es immer komplizierter und immer undurchschaubarer.
Ein so kleines Fleckerl ist heuer wieder der
Heizkostenzuschuss. Wie nun schon seit drei Jahren, weiß man, die Menschen
brauchen diesen Zuschuss, und er wird wieder, und schon seit drei Jahren, nicht
als Recht, sondern als Almosen den BürgerInnen kurz vor Weihnachten mit einem
Medienevent angekündigt, und wer dann noch ein paar bürokratische Hürden
überwindet, der kommt zu diesen heuer geplanten 100 EUR. Wieder zu viel,
um zu erfrieren und zu wenig, um es auch nur einmal wohlig warm zu haben. Ich
bringe dazu einen Resolutionsantrag ein, Herr Ebinger hat ihn schon angekündigt:
„Die amtsführende Stadträtin für Gesundheit und
Soziales möge eine Regelung vorlegen, die sozial benachteiligten Personen einen
Rechtsanspruch auf Gewährung eines Heizkostenzuschusses im Sinne des
Begründungstextes gewährt. In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung
dieses Antrages an den Gemeinderatsausschuss für Gesundheit und Soziales.“
Vielleicht schaffen wir es im Ausschuss, uns darüber
einig zu werden, dass dieser Heizkostenzuschuss auch ein Recht für Menschen
sein muss, die nicht SozialhilfeempfängerInnen sind, die aber an der
Armutsgrenze leben. Dazu zählen PensionistInnen mit einer Mindestpension,
StudentInnen, neue Selbstständige und so genannte Working Poor. Machen wir
einen Rechtsanspruch wenigstens aus diesem kleinen Fleckerl. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Früher war das rote Wien stolz, innovativ und nicht
kontinuierlich zu sein. Denken Sie darüber nach, lassen Sie sich was einfallen,
und Sie können gerne mit unserer Unterstützung rechnen. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die
nächste Rednerin ist Frau GRin Praniess-Kastner, bitte.
GRin Karin Praniess-Kastner
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Frau Stadträtin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Wir diskutieren heute den
Budgetvoranschlag 2007, und für den Gesundheits- und Sozialbereich, den
wir jetzt diskutieren, gilt einmal mehr: Fortschreiben der bisherigen Politik.
Hier und da werden einige kosmetische Korrekturen
vorgenommen, aber die großen, zukunftsweisenden Schritte werden nicht gesetzt.
Auch im nächsten Jahr muss der Patient Gesundheit und Soziales dieser Stadt auf
eine entscheidende, zukunftsweisende Operation warten.
Lassen Sie mich dieses Symptom an einigen Beispielen
aus dem Sozialbereich aufzeigen: Wie sieht es denn mit der Sozialhilfe aus?
Meine Vorrednerin, Frau Cammerlander, hat diesen Bereich schon angesprochen und
ich möchte noch zusätzlich einen Aspekt, der die Sozialhilfe betrifft,
einbringen. Die Dotationen zur Post Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts,
auf die ein Rechtsanspruch besteht, wurde um 7,7 Millionen EUR auf
157 Millionen EUR reduziert. Gleichzeitig wurde aber die Hilfe in
besonderen Lebenslagen um 12 Millionen EUR erhöht, und auf diese Leistung
besteht aber kein Rechtsanspruch. Prinzipiell ist uns eine Ausweitung in diesem
Budgetbereich sehr recht und sehr willkommen, aber eine Erhöhung sollte in dem
Bereich stattfinden, auf die auch ein Rechtsanspruch besteht, denn bei der
Hilfe in besonderen Lebenslagen werden die betroffenen Menschen auf die
jeweiligen Sozialhilfeträger angewiesen sein und einmal mehr in dieser Stadt
auf das Bittstellertum reduziert. Der Rechtsanspruch auf eine höhere
Sozialhilfe als 420 EUR im Monat wird durch dieses Budget untergraben. Die
Sozialhilferichtsätze in Wien, und auf das wurde auch schon mehrmals
hingewiesen, sind die niedrigsten aller Bundesländer. Und nicht nur, dass Wien
immer noch die niedrigsten Soziahilfesätze hat, müssen jene, die darauf
angewiesen sind, in Wien auch noch monatelang darauf warten. Das wurde von hier
aus, von der Opposition, auch schon mehrmals angesprochen. Bei Notfällen ist
aber eine Wartezeit von sechs Wochen einfach untragbar, denn wenn in Not
geratene Menschen in Wien Geld brauchen, dann muss das Geld innerhalb von zwei
Wochen ausbezahlt werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch das
leidige Thema der Schuldnerberatung erwähnen. Es geht um die Wartezeiten bei
der Schuldnerberatung, die auch schon öfter thematisiert wurden. Die jährlichen
Berichte der Volksanwaltschaft sind voll von Missständen in der
Sozialhilfeverwaltung der Stadt, und es ist der Vollzug der Stadt Wien, der
letztendlich SozialhilfeempfängerInnen in dieser Stadt zu BittstellerInnen
degradiert.
Auf die Leistungen der
Sozialhilfe gibt es aber einen Rechtsanspruch, und wir fordern auch schon seit
Langem in diesem Zusammenhang den Rechtsanspruch auf Heizkostenzuschuss. Denn
die Menschen brauchen einen Heizkostenzuschuss in der tatsächlichen Höhe der
Aufwendungen, und dieser sollte natürlich bei Sozialhilfeanspruch auch
automatisch ausbezahlt werden. Es darf nicht sein, dass Menschen, die auf Hilfe
in dieser
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