Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 108
teilgenommen haben und die über sinnentleerende Tätigkeiten berichten, die sie dort ausüben, und wo sie nur hingeschoben werden, um sozusagen die Statistik zu verbessern. Von den Arbeitsplätzen, die offensichtlich in Wien in großer Zahl entstanden sind, hat der Stadtrat Schock bereits gesprochen.
Meine sehr geehrten Damen und Herrn, Herr
Vorsitzender, ich möchte als Nichtmitglied des Gesundheitsausschusses doch das
eine oder andere zum Thema sagen, das in der letzten Zeit oder in den letzten
Tagen die Diskussion in Wien in den Zeitungen, in der Öffentlichkeit, massiv
geprägt hat, nämlich die Zustände am Karlsplatz.
Es gibt in der Zwischenzeit eine breite Front von
Zeitungsmeldungen, die Unglaubliches berichten: „Endstation Karlsplatz“,
„Verwirrte Obdachlose“, „Süchtige Jugendliche“, „Verärgerte Passanten und
Geschäftsleute“
Frau StRin Brauner stellt dazu fest: „Natürlich sieht
es am Karlsplatz nicht aus wie in meinem Wohnzimmer, aber die Situation hat
sich verbessert.“ Eine Meinung, der sich aber offensichtlich nicht sehr viele
anschließen können, denn zum Beispiel in der „Kronen Zeitung“ wird das
Gegenteil gesagt. „Die Szene am Karlsplatz und anderen Bahnhöfen ist genau so
schlimm wie vor 15 Jahren, es hat sich kaum etwas verbessert“, sagt ein
Beamter der Stadt Wien. Die Stadtverwaltung und Frau Brauner sehen das anders
und präsentieren Erfolgsbilanzen.
Ich möchte nur feststellen, dass sie des Weiteren
sagt: „Ja, es gibt Probleme.“ Das sagt Sie in der „Kronen Zeitung“, nachdem sie
vorher in „Österreich“ gesagt hat, dass es besser geworden sei, und es gäbe aus
Rathaussicht viele Verbesserungen.
Die Beamten der Stadt Wien sind anderer Meinung. Es wird
festgestellt, es habe sich nur wenig geändert, die Szene sei bloß auf die
Bahnhöfe aufgeteilt, aber es gäbe deshalb nicht weniger sozial Gestrandete. Und
auch Sanitäter, die jeden Tag und jede Nacht am Brennpunkt im Einsatz stehen,
sind ähnlicher Meinung. Da zerkauen Kinder Schmerztabletten, um high zu werden,
das kann jeder sehen. Und im „Kurier“ vom Sonntag wird festgestellt, der Krieg
gegen die Drogen scheine seit Langem verloren. Die Siegesnachrichten der
Polizei erzählen nur von den wenig gewonnenen Schlachten, die Realität erzählt
eine andere Geschichte. Und ein Betroffener sagt etwas, was mich persönlich
sehr überrascht: „In Therapiezentren gibt es alle Drogen und irgendwann sind
sie alle wieder drauf.“
Meine Damen und Herren, ich glaube, mit diesen
Feststellungen in Zeitungen, mit diesen Feststellungen von Betroffenen wird man
eines sagen müssen, dass schlicht und einfach die Situation des Karlsplatzes
ein Zeichen des Versagens der sozialdemokratischen Drogenpolitik ist. Das ist
ein Problem, das sich natürlich seit Jahren über den Karlsplatz hinaus über die
U-Bahnen in andere Bahnhöfe wegentwickelt hat, aber ein Problem, von dem wir
auf Grund der Berichte, die wir jetzt gerade gelesen haben, und die ich zum
Teil zitiert habe, wohl sagen müssen, die Lösungskompetenz schaut anders aus,
sie scheint hier nicht vorhanden zu sein, ja, es gibt gar keine.
Der Ausbau des Therapieangebotes, meine Damen und
Herren, wird zwar ununterbrochen bejubelt, de facto ist er aber sehr ins
Stocken geraten. Therapeutische Maßnahmen, auch gegen den Willen der
Drogenkranken - eine alte Forderung von uns - ist nicht in Sicht, ist auch
nicht gewünscht und scheint politisch gar nicht angedacht zu werden. Ich glaube
aber, wir werden um diesen Punkt nicht hinwegkommen.
Quer durch Wien macht sich der Drogenhandel breit und
in allen U-Bahnen und Straßenbahnen kann auch der Unbedarfte sehen, wie der
Handel abläuft. Ich kann nur sagen, ich persönlich habe ein unglaubliches
Erlebnis gehabt. Ich komme um 21.30 Uhr von der Stadthalle, stehe im Bahnhof
Stadthalle-Burggasse und da sind um 21.30 Uhr, spät genug, zwei junge Leute,
ein Bursch und ein Mädchen, so 10, 12 Jahre alt, gestanden. Sehr lieb, blond,
herzig, so hab' ich mir gedacht, ein bisschen spät sind sie dran, müssen schauen,
dass sie nach Hause kommen. Ich hab' noch nicht ausgedacht gehabt, kommt ein
baumlanger Schwarzer, und die laufen mit ihm mit. Damit ist also völlig klar,
was hier abläuft, auch in der Station Burggasse. Ein Drogenhändler hat also
sozusagen einen Boten geschickt, der hat die zwei Kinder abgeholt, nicht älter
als 10, 12 Jahre, und weg waren sie und haben Drogen kassiert. Die Eltern
werden, nehme ich an, nichts wissen. Das ist einige Jahre her und ich hoffe,
dass sie aus der Sache herausgekommen sind.
Wie gesagt, diese Vorgänge sind für alle ersichtlich,
die es sehen wollen. Der Karlsplatz ist in dem Zusammenhang eigentlich nur ein
plakatives und negatives Aushängeschild und das trotz „Help U“ und das
trotz des Einsatzes der Sicherheitsbehörden, der Exekutive, die offensichtlich
nur in Einzelfällen helfen können.
Die Zahl der Drogenabhängigen steigt, die SPÖ freut
sich über geringere Zuwächse in den letzten beiden Jahren. Ich kann das nicht
ganz nachverfolgen, in 2 Jahren ist laut Innenministerium die Zahl um
1 145 Fälle gestiegen, das sind also etwa 10 Prozent in
2 Jahren, und die Ausgangsposition von 2001 bis 2004 umfasst eine Zahl von
etwa 2 600 Fällen, das sind etwa 30 Prozent. Vom Ausgangspunkt in den
Jahren bis 2007, plus 10 Prozent in den letzten beiden Jahren oder mehr
ausgehend, heißt das, dass wir schon bei einer Steigerung von 40 Prozent
sind, und damit haben wir einen erschreckenden Aufwärtstrend an Drogensüchtigen
in Wien festzustellen. Der Gebrauch der Partydroge und Droge für vielleicht gehobenere
Schichten, nämlich des Kokains, boomt, wie jeder weiß, Zeitungen liest und den
Prozess von Reinhard Fendrich verfolgt.
Ich hoffe, dass der Prozess, den er sich selbst auch
wünscht, ein Zeichen für Gefährdete sein wird, dass sie ein Nein zu den Drogen sagen
und dass sie sich vielleicht Fendrich und sein Schicksal zum Beispiel nehmen.
Beratung allein über eine
möglichst ungefährdete Konsumation von Drogen, wie sie in Wien geschieht, kann
Drogenpolitik wohl nicht ersetzen, meine Damen und Herren. ChEckiT versucht,
diesen Weg zu gehen
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