Gemeinderat,
13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 80
Unterhaltungsspielapparate aufstellen. Sehr gut, das finde ich sehr lobenswert. Aber was ist dabei wieder herausgekommen? Sie haben seinerzeit eine Steuer auf diese Unterhaltungsspielapparate gehabt, und zwar - ich sage es jetzt in Schilling - von weit über 3 000 ATS. Das ist dann so weit zurückgefallen, dass es in Wien schon gar keine Apparate mehr gegeben hat. Das war im Jahr 1999.
Dann sind Sie plötzlich draufgekommen, dass da
irgendein Fehler passiert ist, und Sie haben schnell wieder etwas novelliert.
Sie haben die Flipper, die Darts und die Fußballtische von der
Vergnügungssteuer befreit. Aber was haben Sie wieder einmal vergessen, wie es
so üblich ist in Ihrer Gesetzesvielfalt, die Sie da schon angebracht haben? Sie
haben zum Beispiel die kleinen Videoautomaten noch immer besteuert. Da zahlt
man im Monat 100 EUR für Spiele, die heute jedes Kind auf dem Gameboy hat.
Da sage ich Ihnen, dagegen gehört auch einmal etwas gemacht. So wie die Flipper
von der Steuer befreit worden sind, gehören auch diese
Unterhaltungsspielapparate, diese Videoautomaten, wie ich sie jetzt wieder
nennen möchte, von der Steuer befreit.
Ich sage Ihnen noch eines dazu, meine Damen und
Herren, bevor das alles in Zukunft nicht mehr zu kontrollieren ist: Machen Sie
hier einen Schlussstrich, ziehen Sie die Notbremse! Denn ich sage Ihnen, wir
brauchen hier ein Gesetz, das nicht nur vom Namen her ein Gesetz ist, sondern
ein Gesetz, das man auch kontrolliert. Da ist wieder die Behörde aufgefordert.
Sie sollten ein Gesetz machen und eine Behörde beauftragen, damit klar ist,
dass diese Apparate illegal sind, auf denen, sage ich jetzt, nicht mit
50 Cent gespielt wird, sondern heute mit 5, 7 und 9 EUR gespielt
wird, und damit klar ist, dass das ein Verbrechen ist.
Wir können nicht verlangen, dass man heute einfach
hergeht und dies in der Öffentlichkeit toleriert. Ich finde es in keiner Weise
richtig, und ich sage Ihnen dazu: Machen Sie in Zukunft ein Gesetz, das
wirklich ein Gesetz ist, und nicht irgendetwas, was nur einige Firmen
begünstigt, wie sich das an einem anderen Beispiel gezeigt hat. Da muss ich
Ihnen auch wieder etwas sagen: Da haben Sie die so genannten 10 Millionen
per GesmbH gemacht, das ist heute noch Bestandteil einer Konzession.
Wenn Sie heute in Wien eine Konzession für einen
Münzgewinn-Spielapparat beantragen, müssen Sie für einen Kredit nachweisen
können, dass Sie kreditwürdig für 10 Millionen ATS sind; das sind
720 000 EUR! Ich sage Ihnen, das können Sie niemandem erzählen, dass
ein Jungunternehmer, der heute in diese Branche einsteigen will und sagt, ich
stelle einen Spielautomaten auf, 10 Millionen ATS oder
720 000 EUR beibringen kann. Das, sage ich, wird so nicht
funktionieren. Da sage ich Ihnen auch, das gehört vom Gesetz her völlig
gestrichen.
Für die Zukunft sollte ich Ihnen vielleicht auch in
dieser Richtung etwas sagen: Machen wir hier vielleicht gemeinsam eine
Novellierung für die Zukunft, dass wir ein Gesetz machen können, damit auch der
kleine Aufsteller leben kann, damit auch der Gastwirt wieder seine Automaten
hat, die seinerzeit im Bereich dieses Kleinen Glücksspiels entstanden sind. (Heiterkeit
bei den GRÜNEN.)
Eines noch zum Abschluss: Kontrollieren Sie in
Zukunft besser! Beauftragen Sie Ihre Beamten, stärker einzuschreiten, wenn in
gewissen Lokalen oder in vielen Lokalen das Kleine Glücksspiel sozusagen nicht
im Geringsten beachtet wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
nächster Redner ist Herr StR Ellensohn am Wort. - Bitte.
StR David Ellensohn: Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist jetzt zwar zwischendurch auch gelacht worden,
aber eigentlich ist das ein ernstes Thema, auch wenn Spielen an sich eine
freundliche Beschäftigung ist und wahrscheinlich richtigerweise ein Urtrieb des
Menschen genannt wird. Es wird auch wohl so sein. Die meisten von uns spielen
irgendetwas - wenn auch nicht um Geld -, auch wenn man nur zu Hause ein
Brettspiel spielt, Schach oder sonst etwas, oder hin und wieder einen
Lottoschein ausfüllt.
Aber es ist eben nicht so lieb und so freundlich, wie
es jetzt vor allem von der Sozialdemokratie und von der Volkspartei dargestellt
wurde. Denn Spielen mag ja lustig sein, aber Spielsucht ist eben kein Spiel.
Wenn zwei Fraktionen jetzt schwer vorbeiargumentieren, nämlich mit "Geh,
das ist alles nicht so schlimm, das bisschen an Automaten, die Anonymen Spieler
kriegen eh Geld, im Großen und Ganzen passt es ja, wir haben uns eh
bemüht!" - es passt hinten und vorn nicht!
Ich rufe jetzt noch einmal ein paar Sachen in
Erinnerung, einfach ein paar banale Fakten. Spielsucht ist in Österreich in
jenen Bundesländern mehr verbreitet, in denen es das Kleine Glücksspiel gibt.
Das wissen alle, das wissen auch die SPÖ und die ÖVP. Es ist ganz einfach: Es
gibt vier Bundesländer, da ist es erlaubt, es gibt fünf, da ist es nicht
erlaubt. Der Unterschied ist nicht "ein bisschen", sodass man sagen
könnte, es ist vielleicht eine Schwankungsbreite, sondern der Unterschied ist
sehr, sehr deutlich: Man führt dieses Kleine Glücksspiel ein, und die Zahl der
Spielsüchtigen steigt!
Das sind nicht nur irgendwelche Weh, die selber
schuld sind und sich das Leben schwer machen, sondern da muss man schon
schauen, was nachher herauskommt. Man muss dazu auch zum Glück nicht eigene
Meinungen haben, sondern man kann auf wissenschaftliche Studien verweisen.
Wenn belegt wird, dass Leute, die spielsüchtig sind,
in der Folge - nicht vorher schon - auch alkoholkrank werden, nämlich
40 Prozent der Spielsüchtigen, beziehungsweise 15 Prozent
suizidgefährdet sind oder einen Selbstmordversuch hinter sich haben, wie zum
Beispiel der Gründer der Anonymen Spieler in Wien - ich verrate da kein
Geheimnis, sondern das schreibt er in seinem eigenen Buch über sich -, dann ist
das nicht lustig. Dann ist es nicht mehr lustig, wenn man sagt: „Wir machen ein
Kleines Glückspiel, das passt schon" - und Tausende Leute sind deswegen
suizidgefährdet.
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