Gemeinderat,
13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 80
armenischen Volk zu Beginn des 20. Jahrhunderts, niemals Mittel der Politik sein. Jede Form der so genannten ethnischen Säuberungen, des Genozids, ist eindeutig und scharf zu verurteilen.
Deshalb hat der österreichische Nationalrat am
21. März 2002 eine Entschließung verabschiedet, die unter anderem folgende
Punkte beinhaltet:
In Verfolgung einer aktiven Menschenrechtspolitik
möge sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Vereinten Nationen
verstärkt in die Lage versetzt werden, weltweit aktiv für die Durchsetzung von
Menschenrechten zu agieren, weiterhin für die Vertiefung der Zusammenarbeit und
Partnerschaften der Staaten zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte
einzutreten und, um für die Zukunft das Fundament gemeinsamer Werte zu
verstärken und Unrecht zu verhindern, darauf hinzuwirken, dass alle Staaten die
moralische Verantwortung für von ihnen begangenes historisches Unrecht anerkennen.
Es geht weiter mit weiteren Punkten bis zum
Punkt 11.
Ich bringe diesen Resolutionsantrag ein und lade Sie
ein, ihm beizutreten. Er unterscheidet sich von Ihrem insoweit, als er die
Dinge völlig klar auf den Tisch legt. – Ich danke.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr GR
Woller.
GR Ernst Woller
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren!
Bei aller Bedeutung und Ernsthaftigkeit des Themas
muss ich sagen, ich erkenne zwei erfreuliche Aspekte:
Erstens: Es wird die letzte Debatte sein, die Sie -
Herr Strache - hier im Wiener Gemeinderat geführt haben. Das wird für die
politische Hygiene in diesem Haus gut sein, und darüber bin ich wirklich
glücklich. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN. – GR Heinz-Christian
Strache: Was ist das für eine Diktion?)
Zweitens: Es ist nahezu ein Kompliment für die Wiener
Stadtregierung (GR Heinz-Christian Strache: Menschen ausschließen! Von
politischer Hygiene sprechen und Menschen ausschließen wollen!), dass Sie
für Ihre Abschiedsrede im Wiener Gemeinderat ein internationales Thema wählen
und nicht ein Thema der Wiener Stadtpolitik. Es ist dies der Beweis von Ihnen –
dafür können wir wirklich nur dankbar sein –, dass es in dieser Stadt
tatsächlich keine ernsten Probleme gibt und diese Stadt hervorragend verwaltet
ist. (Beifall bei der SPÖ. – StR DDr
Eduard Schock: Da klatscht nicht einmal die eigene Fraktion!)
Das Thema des Massenmordes an Armeniern im
Osmanischen Reich ist aber tatsächlich zu ernst und zu bedeutend, um es dem
üblichen Spiel der FPÖ mit Ausländerhass und dem Schüren von Vorurteilen zu
überlassen.
Und man muss Ihnen auch einen Vorwurf machen – der
Kollege Wolf hat es schon angesprochen –: Das Mindeste, was man sich erwartet
hätte, wäre, dass Sie sich selbst mit dem Thema beschäftigt hätten. Es sind
tatsächlich 90 Prozent der Ausführungen, die Ihr Antrag enthält, einfach
aus dem Internet herauskopiert. Das heißt, Sie haben sich nicht einmal
irgendwas selbst überlegt. (GR Heinz-Christian Strache: Und deshalb lehnen
Sie es ab?) Ich habe nichts
gegen das Internet, ich habe auch nichts gegen Wikipedia, aber unter uns
gesagt: Vorsicht ist angebracht. Jedenfalls ist das Herauskopieren von
Wikipedia keine ausreichende Grundlage für eine wissenschaftliche und
historische Beurteilung und auch keine Grundlage für Beschlüsse des Wiener
Gemeinderates. Und es ist ja wirklich peinlich, dass die wenigen Zeilen, die
Sie selbst geschrieben haben, dadurch auffallen, dass sie erstens
Rechtschreibfehler enthalten – der Kollege Wolf hat es schon gesagt – und
zweitens falsch sind. Es ist einfach schon der erste Satz falsch. (GR
Heinz-Christian Strache: Angesichts der Ermordung von 1,5 Millionen
Menschen reden Sie von Rechtschreibfehlern! Wo leben Sie? – GR Johann Herzog:
Das ist unglaublich!) Sie haben sich mit dem Thema überhaupt nicht
auseinandergesetzt. Sie haben einfach herauskopiert und dann ein paar Zeilen
dazugeschrieben, und die sind falsch. (GR Heinz-Christian Strache:
Rechtschreibfehler gegen Armeniermorde!) Das ist festzustellen, bevor wir über diesen Antrag hier
abstimmen. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.) Wenn Sie mir zuhören,
werde ich Ihnen sagen, was falsch ist. Sie brauchen das ja wirklich.
Es ist insbesondere falsch, wenn Sie im ersten Satz
schreiben, dass durch zahlreiche Übergriffe von Türken und Kurden in der Zeit ab 1894 200 000 bis 300 000
Armenier zu Opfern geworden sind. Das ist deshalb falsch, weil erstens einmal
in dieser Zeit das Osmanische Reich geherrscht hat ... (GR Heinz-Christian
Strache: Das ist nicht der eingebrachte Antrag!) Das ist Ihr Resolutionsantrag. Schauen Sie einmal her! (Der Redner zeigt GR Strache ein gelb und
rot markiertes Blatt.) Das Rote ist von Ihnen, das Gelbe ist aus Wikipedia.
(GR Heinz-Christian Strache: Lesen Sie den Anfang!) Ich habe den eingereichten Antrag.
Sie haben hier geschrieben, und genau diesen Satz lese ich hier (GR
Heinz-Christian Strache: Das ist nicht der eingereichte Antrag!): Resolutionsantrag der Gemeinderäte
Strache und Konsorten. Da heißt es: Durch zahlreiche Übergriffe von Türken und Kurden. (GR Heinz-Christian
Strache: Lesen Sie den richtigen Antrag! Sie zitieren aus einem Antrag, der
nicht eingebracht wurde! – GR Christian Oxonitsch: Woher sollen wir das wissen?
Dann geben Sie uns den richtigen Antrag!) Das ist einfach falsch. Es ist falsch, dass Kurden an den
Massakern mitgewirkt haben und beteiligt gewesen sein. (GR Heinz-Christian
Strache: Das steht nicht im Antrag!) Richtig ist vielmehr, dass die Kurden
selbst Opfer dieser Entwicklung waren und dass allein 300 000 Kurden
in diesen Jahren ermordet wurden.
Wenn Sie sich ein bisschen
ernsthafter mit dem auseinandergesetzt hätten, wüssten Sie, dass Kurden sehr
wohl Armenier unterstützt haben in dieser Situation. Viele kurdische Familien
haben armenische Kinder aufgenommen und bei sich in den eigenen Familien
versteckt. (GR Godwin Schuster: Haben Sie jetzt den
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