Gemeinderat,
13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 80
Ermordeten in dieser Umgebung ist die Einweihung der 'Straße der Erinnerung' von sehr großer Bedeutung. Die Menschen, deren Steine hier liegen, haben kein Grab. Diese Straße gibt uns die Möglichkeit, unsere geliebten Eltern und Familien in Ehren zu verewigen."
Und dann sagen Sie, 12 000 EUR seien ein zu
hoher Betrag, um die Erinnerung, wenigstens die Erinnerung an die Opfer wach zu
halten. - Es ist wahrscheinlich ein Fehlappell, mehr Sensibilität von Ihnen
einzufordern.
Mehr Sensibilität zu all diesen Fragen - das bringt
mich auch zu einer Geschichte, die mich empört: Ich habe das "Wiener
Bezirksblatt" für Hietzing, für den 13. Bezirk, und darin gibt Dr
Michael Ludwig eine Empfehlung für eine Produktion in Zusammenarbeit mit dem
Mozartjahr ab. Ich werde Ihnen das jetzt wörtlich zitieren und Sie auffordern,
mehr Sensibilität in den Formulierungen an den Tag zu legen:
„Wien ist wirklich anders - und stellt das auch mit
bestimmten Beiträgen im Mozartjahr unter Beweis", schreibt er. „Nicht
anders ist zu erklären, dass Dr Helmut Zilk einen Künstler namens Wolfgang
Amadeus Mozart auf die Interviewbank bittet. Nun ja, man wusste schon immer:
Nur die bekanntesten Persönlichkeiten schaffen es, neben unserem
Altbürgermeister sitzen zu dürfen. Nach Adolf Hitler und Jesus Christus steht
ihm nun Wolfgang Amadeus Mozart Rede und Antwort."
Ich halte das für ein unglaubliches Zitat und würde
erwarten, dass es dafür keine Erklärung, sondern eine Entschuldigung gibt. -
Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Lasar.
GR David Lasar (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich möchte Ihnen zu diesem Thema Folgendes sagen: Ich
bin auch Mitglied der IKG - ich glaube, das ist den meisten hier im Saal
Anwesenden bewusst, beziehungsweise sie wissen es -, und gerade dieses Thema
berührt mich persönlich sehr – Sie können es auch jetzt sehen. Ich sage Ihnen
persönlich aus meiner Sicht: Hören Sie auf mit diesem Denkmäler-Setzen! Gerade
meine Familie hat auch sehr gelitten, und es sind auch sehr viele aus meiner
Familie, von meinen Onkeln und Tanten, im KZ umgekommen. Und diejenigen aus
meinem Bekanntenkreis, von meinem Vater her, die heute noch leben, haben genug
von diesen Denkmälern: An jeder Ecke werden sie erinnert! Glauben Sie nicht,
dass es für einen 70-Jährigen, für einen 80-Jährigen - mein Vater ist
80 Jahre alt - genug ist, dass er an jeder Ecke daran erinnert worden ist
oder noch immer daran erinnert wird? Ich sage Ihnen: Wir haben genug Denkmäler!
Diejenigen Leute, die in dieser Zeit gelitten haben, haben genug mitgemacht,
und ich sage Ihnen zum Schluss noch: Sie sollen nicht an jeder Ecke daran
erinnert werden! - Das ist meine Bitte.
Darum sage ich Ihnen auch: Das war auch mein
Vorschlag der Partei gegenüber, diesen Antrag hier abzulehnen. Das ist von mir
ausgegangen. - Ich danke Ihnen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Schreuder. – Bitte schön.
GR Marco Schreuder
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben vorhin
gehört von "einseitiger Vergangenheitsbewältigung" - so haben Sie es,
glaube ich, ausgedrückt. Ich weiß nicht, was "zweiseitige
Vergangenheitsbewältigung" wäre: Aus Opfern Täter zu machen? - Ich weiß es
wirklich nicht.
Und was mir schon auch wichtig ist - ich wollte mich
ursprünglich auch nicht zu Wort melden, aber es ist in diesen Momenten, glaube
ich, wirklich wichtig, dass sich diejenigen Parteien zu Wort melden, die eine
klare Haltung beweisen: Das Gegenteil von Erinnern ist Vergessen. Ich weiß
nicht, ob die "Steine der Erinnerung" Ihre Zustimmung bekämen, wenn
es "Steine des Vergessens" werden würden.
Wir, die GRÜNEN, haben in diesem Sommer eine Gedenktafel
auf unserem Parteihaus in der Lindengasse enthüllt. Wir haben festgestellt und
sind draufgekommen, dass dieses Haus arisiert war. Wir haben die Nachfahren
dieser Familien eingeladen. Und ich verstehe es schon, Herr Kollege Lasar, dass
Erinnern auch wehtut, aber Erinnern und Wehtun ist auch für viele Leute, die
nicht mehr begriffen haben, was damals war, immer wieder wichtig, um zu wissen,
was damals geschah, denn es darf einfach nie wieder passieren.
So einfach ist das, und darum geht es auch bei den
"Steinen der Erinnerung", und dieses Projekt bekommt daher auch
unsere Unterstützung. - Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN und der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr GR
Dr Ludwig hat sich zum Wort gemeldet. Ich nehme an, er will etwas
klarstellen. – Bitte schön.
GR Dr Michael Ludwig (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Gerade das Gedenk- und
Bedenkjahr hat gezeigt, wie notwendig es ist, sich mit der Geschichte Österreichs
auseinanderzusetzen, vor allem auch mit den furchtbaren Zeiten der Faschismen,
die wir in unserem Land und in unserer Stadt erleben mussten. Und das
Gedenkjahr hat auch gezeigt, wie wichtig es ist, auch neue Formen der
Auseinandersetzung mit dieser Zeit zu finden. Es war richtig, dass es
traditionelle Gedenkveranstaltungen gegeben hat, die für Zielgruppen
ausgerichtet waren, die sich mit diesem Thema bereits beschäftigt haben und
diese Beschäftigung auch vertiefen wollten. Es hat sich aber auch gezeigt, dass
es notwendig ist, neue Formen zu finden, die insbesondere auch ein jüngeres
Publikum oder Menschen, die sich mit den verschiedenen Themen noch nicht
auseinandergesetzt haben, ansprechen.
Herr Kollege Wolf, weil Sie hier
aus einem Artikel zitiert haben, darf ich dazu anmerken: Es handelt sich da um
eine Veranstaltungsreihe, die von mir nur unterstützt worden ist und die von
zwei Künstlern ausgerichtet wurde: von Peter Paul Skrepek, den Sie vielleicht
kennen – er ist Vorsitzender der Journalistengewerkschaft und dürfte Ihnen
nicht ganz unbekannt sein -, und
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