Gemeinderat,
12. Sitzung vom 05.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 83
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die
Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Mag Jung. Ich erteile
es ihm.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich stimme dem Berichterstatter zu: Es ist dies eine
sehr wichtige Angelegenheit, die hoffentlich endlich angegangen wird.
Wir sind Versprechungen in diesem Sektor gerade im
Bereich unserer Bezirksvorstehung leider gewohnt. Wenn ich mich daran erinnere,
wie lange man uns die Neugestaltung des Brauereigeländes versprochen hat, dann
hoffe ich nur, dass es in dieser Frage des Geriatriezentrums nicht auch so
lange dauern wird! Es wird nämlich ohnehin, selbst wenn alles planmäßig
fortschreitet, noch etwa vier Jahre dauern, bis wir hier eine Benützung
einleiten können.
Unsere Kritik wird klarerweise nicht am Projekt in
seiner grundsätzlichen Ausrichtung geübt, nicht einmal hauptsächlich an der
Größenordnung, obwohl wir doch feststellen müssen, dass man mit der geplanten
Bettenanzahl wirklich über der wünschenswerten Obergrenze einer solchen
Einrichtung liegt und es sinnvoller gewesen wäre, die jetzige Bettenzahl nicht
noch aufzustocken.
Ein weiterer Kritikpunkt von uns steht im
Zusammenhang mit der Frage, was mit dem Areal rund um dieses Geriatriezentrum
geschehen soll. – Ich habe mir da den Pressedienst von GR Deutsch zur Hand
genommen: Zunächst einmal finden sich darin eine ganze Reihe von
Selbstverständlichkeiten und Plattitüden, etwa dass das Liesinger Schloss
selbstverständlich bestehen bleibt und der Denkmalschutz gewahrt wird. –
Das ist ja wirklich eine No-na-Meldung! Was hätte sonst geschehen sollen?
Obwohl man ja das eine oder andere Vergehen des Denkmalschutzes gewohnt ist!
Außerdem kann man durchaus skeptisch werden, wenn man
schaut, wer die Betreiberfirma ist. – Das wird nämlich die ARAG sein, die
schon seit geraumer Zeit, wenn ich mich richtig erinnere, mit der Erhaltung der
Sofiensäle kämpft, und bisher ist da nicht allzu viel Positives zu hören
gewesen. In Anbetracht dessen hoffe ich sehr, dass es mit dem Liesinger Schloss
nicht ähnlich laufen wird!
Unsere Vorstellungen, aber auch die vieler Anwohner
rundherum gehen dahin, dass man dieses Areal auch für die Öffentlichkeit
erhalten und dort nicht nur Luxuseigentumswohnungen hinein bauen sollte, wie es
der Bezirksvorsteher durchaus begrüßt hat. In Wien sind in der Innenstadt in
letzter Zeit eh einige Luxuseigentumswohnungen frei geworden, vielleicht könnte
man das daher vermeiden und statt dessen Räumlichkeiten für den dort
notwendigen Kindergarten und die Musikschule zur Verfügung stellen!
Wenn man dann weitere Selbstverständlichkeiten
anpreist, wie dass der Park autofrei wird, dann sage ich: Das ist er ja im
Prinzip außer der Zufahrt auch jetzt, und diese wird wohl auch in Zukunft
bleiben!
Mit solchen Selbstverständlichkeiten wird die SPÖ
niemanden hinter’m Baum hervorlocken! Sie sollte lieber auf die Bedenken der
Bürger in diesem Raum hören und das berücksichtigen, was die Betroffenen aus
dem Großraum Liesing wollen, und nicht das, was einige schon fast mit gigantomanischen
beziehungsweise doch sehr ausgedehnten Raumvorstellungen beim Neubau des
Geriatriezentrums vorhaben!
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Frau Dr Pilz. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub
im Rathaus): Herr Vorsitzender!
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil das Pflegeheim
Liesing und dieser Neubau eine sehr wichtige Angelegenheit ist. Wir sind froh,
wenn die alten Häuser schrittweise durch neue Häuser ersetzt werden, die den
modernen Ansprüchen endlich entsprechen, und wenn Ein- und Zweibettzimmer und
Lebensräume statt Unterbringung endlich der Standard in Wien werden. Insofern
begrüßen wir den Neubau des Pflegeheims Liesing und sind froh, dass die Stadt
Wien darauf setzt, anstatt nur die alte Bausubstanz mit viel Geld zu einem
immer noch nicht adäquaten Projekt umzubauen. Da wäre nämlich viel Geld in die
falsche Richtung investiert!
Was uns an dem konkreten Projekt jedoch aufstößt, ist
der Umstand, dass es in jeder Hinsicht überdimensioniert wird. Ich weiß –
und Frau Kollegin Klicka weiß, was jetzt kommt –: Wir haben dem
Pflegeheimgesetz zugestimmt, und wir sind dafür, dass diese Vorhaben realisiert
werden. Der Umstand, dass man nach Gesetz in der Größe von 350 Betten
bauen könnte, sollte uns jedoch nicht dazu motivieren, an diese Grenze zu
gehen! Es war – mit Verlaub – der größte Wermutstropfen für die
GRÜNEN, dass man diese Größe überhaupt in Betracht zieht! Das hätte uns fast
noch dazu bringen können, dem Pflegeheimgesetz nicht zuzustimmen. Damals hat
Frau StRin Brauner aber gesagt: Nur weil es auf Grund des Gesetzes möglich ist,
350 Betten zu bauen, müssen wir das ja im Einzelfall nicht umsetzen.
Faktum ist aber leider, dass man jetzt doch an diese
Grenze geht, und ich möchte festhalten, dass wir nicht einfach aus Bestemm an
einer Zahl kleben, sondern es uns dabei sehr wohl um eine inhaltliche
Orientierung geht. Die Bürgerinitiative, die sich jetzt zum Thema
Pflegeheimneubau in Liesing formiert hat, sieht das ähnlich wie die GRÜNEN.
Wenn man sich das im internationalen, aber auch im österreichischen Vergleich
anschaut, dann kann man sehen, dass Pflegeheime mit einer Größe von 350 Betten
das absolut Unmoderne sind, das, was man sicherlich nicht tut. Als groß in Wien
gilt eine Kapazität von 2 000 Betten, in Linz oder Stockholm oder sonst wo
gelten aber schon Einrichtungen mit 350 Betten als groß, und man will weg von
dieser Größe.
Sinnvoll und lebenswert sind Einrichtungen, die
höchstens etwa 80 bis 100 Bewohner und Bewohnerinnen haben. Das ist auch in dem
Sinn wirtschaftlich zu führen, dass man nicht in erster Linie auf medizinische
Vollversorgung setzt. Die Pflegeheime, die uns vorschweben, sind in erster
Linie bewohnerInnenorientiert und keine verkleideten Spitäler.
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