Gemeinderat,
11. Sitzung vom 28.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 71
müssen, weil wir ja nicht gewusst hätten, ob hier
sinnvollerweise jemand ausgewählt wurde.
Es hat sich aber eindeutig erwiesen aus dem
bisherigen Tätigkeitsbereich des Herrn Dr Hechtner, dass dieser
offensichtlich sehr kompetent ist, diese Arbeit auszuführen. Dass er Mitglied
der SPÖ ist, soll ihm nicht zum Nachteil geraten in dieser Stadt, aber das wird
sicherlich nicht maßgeblich für seine Tätigkeit sein.
Wir hoffen daher, mit ihm sehr gut
zusammenzuarbeiten, und in diesem Sinn werden wir ihn auch heute hier wählen.
Zu dem Antrag, der hier eingebracht wird von der ÖVP,
möchte ich auch kurz Stellung nehmen. Es ist eine alte Forderung auch der FPÖ,
dass die Abberufung des Kontrollamtsdirektors nur mit Zweidrittelmehrheit
stattfinden darf, damit seine Unabhängigkeit stärker gewahrt ist. Es ist ja
klar, wenn hier eine absolute Mehrheit besteht und er mit einfacher Mehrheit
abberufen werden kann, dann ist er noch weiter unter theoretischem Druck und
zumindest unter Abhängigkeit. Das wäre mit einem einfachen Schritt zu ändern.
Das Zweite ist eben, dass wir jetzt einmal fordern
und dass es einmal auch Eingang findet in die Geschäftsordnung beziehungsweise
in die Verfassung der Stadt Wien, dass hier eine Anhörung des oder der
Kandidaten, die sich zum Kontrollamtsdirektor bewerben, vor dem
Kontrollausschuss stattfindet.
In diesem Sinne, wie gesagt, wünsche ich dem neuen
Herrn Kontrollamtsdirektor, von dem ich ja ausgehe, dass er gewählt wird, alles
Gute und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu
Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Antonov.
GRin Mag Waltraut Antonov (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Wir haben gestern an dieser Stelle über die Tätigkeit
des Kontrollamtes gesprochen. Ich habe davon gesprochen, dass diese Tätigkeit
gut ist, dass wir nichts daran auszusetzen haben und möchte mich auch an dieser
Stelle noch einmal beim scheidenden Direktor Dr List dafür bedanken. (Beifall
bei den GRÜNEN und bei der SPÖ.)
Ich habe aber auch davon gesprochen, dass es in der
politischen Verantwortung der Parteien liegt, wie mit der Arbeit des
Kontrollamtes umgegangen wird und wie mit der Kritik, die im Kontrollamt zutage
tritt, umgegangen wird.
Diese setzt sich eigentlich heute wieder fort, wenn
es um die Bestellung des Kontrollamtsdirektors geht. Was wir vorliegen haben,
ist ein Akt, der aus drei Seiten besteht. Ein Beschlussbogen, auf dem schon
draufsteht: „Tagesordnungspunkt angenommen." (GR Ernst Woller: Das
steht aber immer oben!) Ein Schreiben vom Bürgermeister und eine
Kurzdarstellung des beruflichen Werdeganges von Herrn Dr Hechtner.
Aus dem Lebenslauf kann man selbstverständlich
entnehmen, dass Herr Dr Hechtner qualifiziert ist. Sicher wird er seine
Sache gut machen, daran zweifeln wir nicht.
Woran wir sehr zweifeln und woran wir nicht erst seit
heuer Kritik äußern, ist die Art des Bestellmodus. Seit Jahren wird von der
Opposition eingefordert, dass es mehr Transparenz geben muss, nicht nur in und
um das Kontrollamt, sondern vor allem auch bei der Bestellung des Direktors.
Wir fordern seit langem eine Einbeziehung der Opposition in das Auswahlverfahren.
Eigentlich müssten die Oppositionsparteien dabei ein Mitspracherecht haben. Ja,
nicht nur ein Mitspracherecht, sondern ein entscheidendes Mitspracherecht.
Ansonsten muss ich ja davon ausgehen, dass Sie den Vorsitz der
Oppositionsparteien im Kontrollausschuss auch nur als Farce betrachten.
Ich fordere daher auch an dieser Stelle wieder einmal
die Mehrheitsfraktion SPÖ auf, sich auf eine ernsthafte und sachliche
Diskussion über den Bestellungsmodus des Kontrollamtsdirektors einzulassen und
auch eine sachliche Auseinandersetzung darüber zu führen, wie mit der vom
Kontrollamt aufgezeigten Kritik umgegangen werden soll.
Ein anderer Bestellmodus ist im Übrigen ja auch bei
der Umweltanwaltschaft möglich, das habe ich ja schon des Öfteren angeführt.
Sie werden ja wohl die Unabhängigkeit der Umweltanwaltschaft und die
Transparenz im Auswahlverfahren der Umweltanwältin nicht höher bewerten als die
Unabhängigkeit und Transparenz für die Bestellung des Kontrollamtsdirektors.
Zurück zur Person von Herrn Dr Hechtner. Auf
Anfrage von uns und auf mehrmalige Nachfrage von uns ergab sich die Möglichkeit
zu einem persönlichen Gespräch mit Herrn Dr Hechtner. Wir danken ihm hier
auch an dieser Stelle, dass er persönlich zu diesem Gespräch bereit war. Es war
ein durchaus positives Gespräch, und wir sind überzeugt, dass wir zu einer
guten Zusammenarbeit finden werden.
Allerdings liegt auf seiner Bestellung ein großer
Schatten: Das Auswahlverfahren. Wie haben wir von der Auswahl und von der
Bestellung von Herrn Dr Hechtner erfahren? Wir haben es aus einer
Presseaussendung erfahren. Vor dieser Aussendung gab es genau null Information.
Heute hat der Bürgermeister in der
Anfragebeantwortung gesagt, dass sich aus seiner Sicht nichts geändert hätte,
wenn es vor der Presseaussendung ein Minimum an direkter Information und
Kommunikation mit uns gegeben hätte. Nicht einmal dann, wenn es eh nichts
geändert hätte, sind Sie zu dieser Information bereit. Es hätte aber aus
unserer Sicht sehr wohl etwas geändert, wenn es zumindest ein bisschen
elementare Information gegeben hätte. Dann hätten wir nämlich annehmen können,
dass Sie die Kontrollrechte der Opposition ernst nehmen und nicht einfach
drüberfahren. Dann hätten wir davon ausgehen können, dass Sie Kontrollrechte
der Opposition zumindest in diesem Fall als Minderheitenrecht anerkennen und
damit auch verantwortungsvoll umgehen. Nichts davon ist geschehen. Diese
Vorgangsweise macht uns einmal mehr deutlich, die SPÖ wiegt sich in ihrer
Mehrheit und fährt über alle anderen drüber.
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