Gemeinderat,
11. Sitzung vom 28.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 71
Herkunft oder die Unterschiede, die aus sozialer Herkunft resultieren, nicht ausgleicht, sondern eher verfestigt und fortschreibt. Und das ist auch das Problem von vielen Kindern mit Migrationshintergrund, vor allem, wenn sie aus sozial schwachen Familien kommen. Und mit der Bildungspolitik, die durch die Bundesregierung in den letzten sechs Jahren gemacht wurde, wurden auch über die Sparmaßnahmen etliche Lehrerposten gestrichen. Das Problem ist, dass die ÖVP bei den Bildungsausgaben kürzt - Zitat Gehrer von vorhin -, das Problem in Wien ist aber auch, dass die Wiener SPÖ einem Bund/Länder-Finanzausgleich zugestimmt hat, wissend, dass dieser Finanzausgleich ungefähr 1 400 Lehrer- und Lehrerinnenposten kosten würde und das ist auch eingetreten.
Wir haben derzeit viel weniger Lehrer- und
Lehrerinnenposten in Wien, verglichen mit dem Jahr 1999 beziehungsweise
2000, und das nun auf dem Rücken von Schülern und Schülerinnen auszutragen, ist
wirklich mehr als billig und unfair.
Zu den ÖVP-Forderungen und falschen Rechnungen, wie
man mit vorhandenen Lehrern und Lehrerinnen angeblich das Auslangen finden
könnte, kann man eigentlich auch ganz einfach sagen, es ist ein Faktum, dass
man einen Lehrer, eine Lehrerin nur einmal einsetzen kann, weil eine Person
logischerweise nicht gleichzeitig in mehreren Klassen und in mehreren Gruppen
sein kann, (StRin Mag
Cortolezis-Schlager: Aber so was!) außer man klont diese Person. Vielleicht
schlägt das die ÖVP vor. Aber ich glaube, das ist auch technisch derzeit noch
nicht möglich.
Tatsache ist, dass Schüler und Schülerinnen mit Förderbedarf
völlig unabhängig davon, was ihre Muttersprache und was ihre soziale Herkunft
ist, Unterstützung brauchen. Diese Unterstützung finden sie derzeit nicht, weil
in Wien über tausend Lehrer und Lehrerinnen fehlen.
Statt nun auf dem Rücken von Schülern und
Schülerinnen, insbesondere mit Migrationshintergrund, Politik zu machen, wie
die Frau Gehrer das macht und wie die Wiener ÖVP das auch macht, zum Beispiel
mit ihrem Vorschlag, Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen mit Bussen durch
halb Wien herumzukutschieren, damit sie in anderen Bezirken Schulen besuchen
können beziehungsweise besuchen müssen, sollte man sich wirklich auf
Bundesebene im Fall der ÖVP und auf Wiener Ebene im Fall der SPÖ Maßnahmen
überlegen, um die fehlenden Lehrerinnen- und Lehrerposten wiederherzustellen. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Alles andere ist billige Polemik und löst das Problem
der betroffenen Schüler und Schülerinnen nicht. Danke (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als nächster Redner am
Wort ist Herr GR Dr Aigner. Bitte.
GR Dr Wolfgang Aigner
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich verhehle nicht, dass mir ein gewisses Schmunzeln
über die Lippen gekommen ist, als ich den Titel und das Thema der Aktuellen
Stunde seitens der SPÖ gelesen habe. Im Zeitalter der Fußball-WM, und heute ist
ja der erste spielfreie Tag, also dass die Entzugserscheinungen nicht allzu
groß werden, würde ich fast von einem aufgelegten geschenkten Elfmeter
sprechen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und wenn ich mir die dürftige Argumentation von Herrn
Kollegen Vettermann noch einmal vor Augen führe, dann würde ich fast so weit
gehen zu sagen, sie haben den Tormann auch noch herausgenommen und um so
leichter fällt es mir, diesen Elfmeter zu verwerten.
Aber dass wir nicht beim Fußball bleiben - wir haben
ja gerade noch Wimbledon den Tag über -, es war ein sehr schwacher Aufschlag,
der gerade mit Mühe den Weg über das Netz gefunden hat und insofern darf ich
auf das replizieren, was meine Vorrednerin von der ÖVP, die Frau Stadträtin,
die das Thema Bildung und ihre Verantwortung auf das Wiener Tapet gebracht hat:
Sie sind für den Pflichtschulbereich verantwortlich, wir haben mit dem
dürftigen Zahlenmaterial, das sie uns gegeben haben, nachgerechnet und wir
rechnen Ihnen vor, dass eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl im Wiener
Pflichtschulbereich schon längst möglich ist, wenn Sie die Lehrer dafür
einsetzen, wofür sie Ihnen vom Bund bezahlt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Reden wir über das System vom Intransparenz, das sie
über den gesamten Bereich des Stadtmagistrats gelegt haben. Wir befinden uns
mit dem Gefühl, dass wir mit dürftigen falschen Zahlen abgespeist werden, in
bester Gesellschaft, denn selbst die Profis des Rechnungshofes kommen in einem
dicken und für Sie beschämenden Bericht zum Schluss, dass Ihre Zahlen nicht
nachweisbar sind, dass sie nicht nachvollziehbar sind, dass es hier Tatsachen
gibt, die haarsträubend sind, dass Datenunterlagen vernichtet werden, dass sie
nicht gespeichert werden, dass man in Verhandlungen hineingeht und man den
Eindruck bekommt - Originalzitat – “dass damit spekuliert wurde, im
Verhandlungsweg zusätzliche Planstellen zur Verfügung gestellt zu bekommen.“
Das ist die Art und Weise, wie Sie vorgehen und da
darf es uns doch nicht wundern, wenn hier Hunderte Lehrer nicht dort eingesetzt
werden, wo sie hin gehören, nämlich in den Unterricht, sondern für Zwecke der
Jugendwohlfahrt, für Zwecke der Nachmittagsbetreuung, für Dinge, die Sie zahlen
müssten.
Dieses System des Nichtnachfragens hat sich ja schon
bei der Bawag und im ÖGB nicht
bewährt. Fragen Sie doch nach und lassen Sie es auch als Abgeordnete der
Mehrheitsfraktion nicht zu, dass innerhalb Ihrer eigenen Gruppierung die
Nichtnachfrager die Mehrheit spielen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und dieses System des
Nichtnachfragens ist offenkundig ansteckend - vielleicht findet sich irgendwo
in einem ihrer Parteibücher die Warnung des jeweiligen Parteivorsitzenden,
“Nachfragen kann die politische Karriere gefährden“ -, es ist übergesprungen
von den Abgeordneten zu den Bezirksvorstehern, die nur mehr die Aufgabe darin
sehen, die Direktiven der Zentrale auf
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