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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 96

 

Erzählen Sie mir nichts! Ich fahre um diese Zeit. (Beifall bei den GRÜNEN. – GRin Nurten Yilmaz: Ich bin auch Konsumentin!)

 

Dann stimmt es auch nicht, dass ein Drittel der ULF defekt in den Bahnhöfen oder in der Hauptwerkstätte herumsteht und reparaturbedürftig ist. Nein, es ist ja nur ein Fünftel, ist mir bestätigt worden. Es ist ja nur ein Fünftel. Komisch, aber 150 sind wieder bestellt worden bei der Firma Siemens. So ein Zufall! Für die Frau Ederer hat man eine gute Verwendung gefunden. Für manche Personen, die von Amts wegen in den Ruhestand gehen müssen, wird keine andere Verwendung gefunden. Wirklich ein Zufall! Also die Wiener Linien werden bald Firma Siemens heißen, nehme ich an.

 

Gehen wir zum zweiten Vorwurf, wo ich die SPÖ eins zu eins mit der FSG gleichstellen kann, das ist Selbstgefälligkeit. Selbstgefälligkeit in Hochglanzbroschüren – das ist auch ein Grund, warum ich dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen kann –: Da wird die Frau Stadträtin dargestellt bei einem Glaserl Wein am Markt mit dem Starkoch, der Herr Bürgermeister auf einem Motorradl, Herr StR Faymann bei neuen Wohnungsanlagen, die sich eh kein Mensch leisten kann. Das wird alles so hochgejubelt. Es ist wirklich so eine Selbstherrlichkeit und so eine Selbstdarstellung! Der Politik wird es auch sehr leicht gemacht, überhaupt einer alleinregierenden Politik, weil eben das mediale Zeitalter angebrochen ist, und da ist es wirklich gut, wenn man tonnenweise Hochglanzbroschüren verschickt und ständig im Fernsehen herumquirlt. So einfach ist Politik leider nicht, aber sie wird von Ihnen so dargestellt.

 

Selbstgefälligkeit gibt es auch in den Ausschüssen. Ich würde mich auch gerne bedanken bei irgendeinem Magistratsbeamten. Ich bedanke mich auch bei der Gruppe Integration, die mir die Akten immer sehr freundlich kopiert. Schwieriger wird es dann schon in den Gemeinderätlichen Personalkommissionen, wo man laut Geschäftsordnung schon Abschriften machen kann, und es steht auch drinnen, dass man Ablichtungen machen kann, auch wenn diese Akten vertraulich sind. Also da müsste man sich wirklich einmal zusammensetzen und dem nachgehen, was man jetzt ablichten darf und was man nicht ablichten darf.

 

Im Integrationsausschuss habe ich einen sehr selbstherrlichen Magistratsbeamten erlebt. Auf eine Frage von mir, warum zur Postnummer so und so die fünfte Überschreitung war, war da so ein halblustiger Mensch, der mir zur Antwort gegeben hat, weil vorher die vierte war und dann die sechste kommt. Das ist ja wirklich schulterklopfend. Wenn wir als Fahrer oder Fahrerin einem Fahrgast eine schnippische Antwort geben, können wir unsere Dienstnummer hergeben, dann haben wir eine Beschwerde und eine Eintragung im Führungsblatt. So schaut es aus!

 

Dritte Vorwurf – ich muss das erklären, ich kann es nicht so im Raum stehen lassen –: Ängstlichkeit. Ich werfe der SPÖ-Alleinregierung Ängstlichkeit vor, weil sie – das hängt zusammen mit nicht zukunftsorientierter Politik – die Schieneninfrastruktur einfach nicht nützt. Sie nützt sie weder beim Güterverkehr noch bei der Touristen-Bim. Die Autos werden immer mehr. Man hat Angst vor der Autolobby, die einen dann vielleicht nicht mehr wählen könnte.

 

Bleiben wir bei Verantwortung, bei Verantwortung abschieben. (GR Kurth-Bodo Blind: Verantwortung?) Das kommt dann schon.

 

Die Stadt Wien hat ja die Wiener Linien ausgegliedert. Sie sollen ein privatwirtschaftliches und marktwirtschaftliches Unternehmen sein. Die Stadt Wien schiebt Verantwortung ab. Wenn man irgendetwas möchte von den Wiener Linien, heißt es, sie haben kein Geld, geht man zur Stadt Wien, heißt es, das geht uns nichts mehr an, denn die Wiener Linien sind ein privatwirtschaftliches Unternehmen.

 

Das gilt eben für die Güter-Bim oder genauso für die Touristen-Bim. Das Projekt hat 700 000 EUR gekostet. Ganz egal, woher das Geld kommt, ob die Mittel jetzt zur Hälfte von dort oder von da kommen, es sind Steuergelder. Mit Bomben und Trara und mit medialem Jubel ist das 2005 beendet worden, und noch immer fährt die Güter-Bim nicht – lediglich zwischen Hauptwerkstätte und diversen Bahnhöfen –, obwohl es Interessenten gibt. Man redet sich immer auf EU-Richtlinien aus.

 

Ich habe das von einem Experten, der sagt: „Güterverkehr können die Wiener Linien eigenwirtschaftlich anbieten" – falls Sie es nicht wissen, meine Damen und Herren –, „so viel sie wollen. Am einfachsten via der Tochtergesellschaft Wiener Lokalbahnen, die ja schon eine europäische Lizenz hat und sich als Alternative zu den Staatsbahnen anpreist."

 

Weiter heißt es: „Aber wenn, weil es sich um Güterverkehr auf kommunalen Straßenbahnschienen handelt, das ÖPNV-Recht doch maßgeblich sein sollte, dann gilt das bestehende Recht und kein Mensch braucht auf die neue Verordnung zu warten."

 

Das heißt im Klartext, dass die Stadt Wien, wenn sie den Güterverkehr will, auch einen Verkehrsdienstevertrag über Güterbeförderung auf der Straßenbahnschiene zustande bringen kann. Wenn sie will, natürlich. Aber sie ist ängstlich, kann ich da nur sagen, ängstlich.

 

Eines möchte ich noch anbringen, das ist brandaktuell. Und zwar haben wir um 14.30 Uhr ein Mail bekommen von einem Herrn Mag Blablabla – das ist ganz wurscht –, das ist durch Amnesty International zur Caritas Wien, zur Caritas Austria gekommen.

 

„Sehr geehrte Damen und Herren! Seit heute wird in Wiens U-Bahnen alle paar Minuten verlautbart, dass das Betteln und Hausieren dort verboten ist. Wir kennen ähnliche Meldungen aus der Vergangenheit, doch neu ist, dass die Bevölkerung jetzt ausdrücklich dazu aufgerufen wird, selbst gegen die Bettler vorzugehen. Was früher als dümmliche Vorschrift von den meisten überhört wurde, bleibt jetzt als Aufruf an die Anständigen und Fleißigen im Gedächtnis, gemeinsam gegen die Bettler vorzugehen."

 

Ich möchte gar nicht erst anfangen zu erzählen, welche Kommentare ich bereits am ersten Tag in der U-Bahn von Passanten gehört habe. Ich zitiere jetzt, bitte

 

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